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Blick in Die Angst

Blick in Die Angst

Titel: Blick in Die Angst Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Chevy Stevens
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eingeliefert. Sie haben einen Schlauch in Ihrem Hals, damit Sie atmen können, aber Ihnen kann nichts passieren. Wenn Sie sich wieder beruhigt haben, lassen wir Sie los.« Endlich gab sie ihren Widerstand auf und signalisierte mit einem Nicken, dass sie verstanden hatte. Die Schwestern lockerten ihren Griff. Lisa atmete immer noch hektisch, aber sie wirkte wacher, als sie sich im Raum umsah. Die Schwestern schalteten die Atemunterstützung ab, überprüften Lisas Sauerstofflevel, während sie sie baten, ihre Hände zu drücken oder die Augen zu bewegen, um auf ihre Fragen zu reagieren. Sie erklärten ihr, dass sie den Schlauch noch ein wenig drinlassen mussten, bis sie sicher waren, dass sie aus eigener Kraft atmen konnte.
    Eine halbe Stunde später kam der Arzt, zusammen mit dem Beatmungstechniker, und sobald sie sich vergewissert hatten, dass Lisa selbständig atmen konnte, entfernten sie den Schlauch des Beatmungsgeräts. Der Arzt fragte sie, ob es in Ordnung sei, wenn ich dabliebe, während er mit ihr sprach.
    Ihr Blick huschte zu mir, und ich dachte, sie würde ablehnen, doch sie sagte: »Schon okay.« Ihre Stimme war noch heiser von dem Schlauch.
    Der Arzt begann mit ein paar einfachen Fragen, die sie alle richtig beantwortete. Doch als er fragte, welche Drogen sie genommen hatte, sah sie ihn verwirrt an.
    »Ich habe keine … ich habe nichts genommen.«
    Der Arzt machte sich eine Notiz. »Was ist das Letzte, woran Sie sich erinnern?«
    Ihr Gesicht zog sich zusammen und zuckte, als sie angestrengt versuchte, sich zu erinnern. »Ich weiß nicht … es war früher am Tag. Ich war am Kai, aber danach ist alles weg.«
    Der Arzt sagte: »Wir haben ein Drogenscreening gemacht, als Sie eingeliefert wurden, doch die üblichen Verdächtigen sind nicht aufgetaucht. Aber die plötzliche Erregung, Aggression und Gedächtnisverlust passt zu GHB, auf das wir allerdings nicht routinemäßig testen. Wir hatten in letzter Zeit ein paar solcher Fälle bei den Straßenkindern, also …« Er schwieg mit hochgezogenen Brauen, als warte er auf ihre Antwort. Ich wusste, worauf er hinauswollte.
    Als Lisa anfing, Drogen zu nehmen, hatte ich einige Nachforschungen angestellt und wusste daher, was GHB, oder Gamma-Hydroxybutyrat war. Es wirkte dämpfend auf das Zentralnervensystem und war beliebt bei Leuten, die regelmäßig Nachtclubs und Raves besuchten. Man nannte es auch Liquid Ecstasy oder Liquid X, und in kleinen Dosen wirkte es stimulierend und sexuell anregend und war bekannt für seinen euphorisierende Wirkung. In hoher Dosierung dagegen konnte es Schwindelanfälle, Angstzustände, Sehstörungen, Atemnot und Amnesie verursachen und sogar zu Bewusstlosigkeit und Tod führen. Es war nahezu unmöglich, die Substanz in einer Urinprobe nachzuweisen, so dass wir es niemals mit Sicherheit erfahren würden.
    Lisa wusste ebenfalls, worauf der Arzt anspielte. Sie wurde rot und sagte verärgert: »Ich bin clean.« Sie sah zu mir, und ihre Miene sagte: Ich weiß, dass du es ihm erzählt hast .
    Der Arzt machte eine weitere Notiz, sein Gesicht verriet nichts. »Erinnern Sie sich daran, ob jemand Ihnen etwas zu trinken gegeben hat?«
    Ich begriff nicht, warum er das fragte, bis mir einfiel, dass GHB auch als K.-o.-Tropfen oder Vergewaltigungsdroge bekannt war. War Lisa etwa vergewaltigt worden?
    So wie ich eins und eins zusammenzählte, machte es auch Lisa. Widerstreitende Gefühle spiegelten sich in ihrem Gesicht. Zuerst Verwirrung, dann Angst und bald Wut. Tränen stiegen ihr in die Augen, als sie sagte: »Nein, und ich will nicht weiter darüber reden.«
    »Lisa, wenn dir jemand etwas angetan hat …«
    Der Arzt unterbrach mich. »Es gab keine Hinweise auf sexuelle Gewalteinwirkung.«
    Lisa sagte: »Ich sagte, ich will nicht darüber reden.«
    Es war offensichtlich, dass sie etwas verschwieg. Wahrscheinlich erinnerte sie sich daran, wie sie ihren Dealer oder einen Freund getroffen hatte, aber ich wollte sie nicht bedrängen. Das brachte nichts.
    Der Arzt schloss seine Untersuchung ab, während der Lisa zumeist stumm blieb, anschließend erklärte er, dass er sie gern über Nacht zur Beobachtung dabehalten würde.
    Nickend gab sie ihre Zustimmung, dann wandte sie sich ab, um die Wand anzustarren.
    Ich sagte: »Ich gehe nur kurz auf Toilette, Lisa. Ich bin gleich wieder da. Okay?«
    Sie antwortete nicht.
    Als ich zurückkam, war sie eingeschlafen. Ich saß neben ihrem Bett, nahm erneut ihre Hand, in dem Wissen, dass sie diese kleinen Gesten

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