Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Blicke windwärts

Blicke windwärts

Titel: Blicke windwärts Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ian Banks
Vom Netzwerk:
brüllte er dem Diener ins Ohr. »Ich bringe dich in die Zelle.« Quilan stieß sich vom Tisch ab.
    Eweirl stieß den Diener vor sich her und marschierte nicht etwa zu der Doppeltür, die aus der Bar hinausführte, sondern zur Terrassentür. Zunächst ging der Diener mit, ohne sich zu widersetzen, dann hatte er offenbar seinen Orientierungssinn wiedererlangt oder vielleicht nur das Meer gerochen oder gehört und die frische Luft auf seinem Fell gespürt, denn er sperrte sich und war im Begriff, Einwände zu erheben.
    Quilan versuchte, vor Eweirl und den Unsichtbaren zu gelangen, um sie auf ihrem Weg aufzuhalten. Er war jetzt ein paar Meter seitlich von ihnen und tastete sich um die Tische und Stühle herum weiter.
    Eweirl hob die Hand und zog die grüne Augenbinde weg – sodass Quilan einen kurzen Blick auf die beiden leeren Augenhöhlen erhaschte –, um sie dem Diener gewaltsam über den Mund zu streifen. Dann schlug er dem Gepeinigten die Beine unter dem Körper weg, und während dieser immer noch versuchte, sich wieder aufzurappeln, zerrte er ihn im Laufschritt über die Terrasse und stieß ihn kopfüber über den Rand in die Nacht.
    Dort stand er, vor Anstrengung keuchend, als Quilan neben ihn stolperte. Beide blickten über die Mauer. Er sah den trüben weißen Schaumwirbel um den Sockel der Meeressäule herum. Quilan konnte die winzige fallende Gestalt erkennen, die sich blass gegen das dunkle Meer abzeichnete. Gleich darauf schwebte der gedämpfte Laut eines Schreis zu ihnen herauf. Die weiße Gestalt vereinte sich ohne sichtbares Aufklatschen mit der Brandung, und der Schrei verstummte.
    »Tollpatsch!«, grollte Eweirl. Er wischte sich etwas Spucke vom Mund. Er lächelte Quilan an, dann machte er ein bekümmertes Gesicht und schüttelte den Kopf. »Tragisch«, sagte er. »War anscheinend ein bisschen zu gut drauf.« Er legte Quilan die Hand auf die Schulter. »Geht ganz schön hoch her, was?« Er zwang Quilan in eine Umarmung und drückte ihn fest an seine Brust. Quilan versuchte sich zu wehren, aber der andere war zu stark. Sie schwankten, dicht an der Mauer und der Tiefe. Die Lippen des anderen waren an seinem Ohr. »Glaubst du, er wollte sterben, Quil?
    Hmm, Quilan? Hmm? Glaubst du, er wollte sterben, glaubst du das?«
    »Ich weiß es nicht«, murmelte Quilan, dem es endlich gelang, sein Mittelglied zu benutzen, um sich wegzustoßen. Er stand da und sah zu dem Weißpelzigen auf; inzwischen fühlte er sich fast wieder nüchtern. Er war halb entsetzt, halb gleichgültig. »Ich weiß, dass Sie ihn umgebracht haben«, sagte er, und gleich darauf wurde ihm bewusst, dass auch er vielleicht sterben würde. Er überlegte, ob er die klassische Verteidigungsposition einnehmen sollte, tat es aber nicht.
    Eweirl lächelte und sah nach hinten zu Visquile, der immer noch an der Stelle saß, wo er während der ganzen Zeit gesessen hatte. »Ein tragischer Unfall«, sagte Eweirl. Der Estodus spreizte die Hände. Eweirl hielt sich an der Mauer fest, um nicht zu schwanken, und machte eine Handbewegung zu Quilan hin. »Ein tragischer Unfall.«
    Quilan wurde plötzlich schwindelig, und er setzte sich. Sein Sichtfeld verschwamm an den Rändern. »Und was machen wir jetzt?«, erkundigte sich Eweirl. Dann kam nichts mehr bis zum Morgen.
     
    »Dann haben sie also mich ausgesucht?«
    »Sie haben sich selbst ausgesucht, Major.«
    Er und Visquile saßen in der Lounge des Kaperschiffs. Zusammen mit Eweirl waren sie die einzigen Leute an Bord. Das Schiff hatte seine eigene AI, wenn auch eine nicht kommunikative. Visquile behauptete, die Befehle des Fahrzeugs nicht zu kennen, ebensowenig wie sein Bestimmungsziel.
    Quilan trank langsam; ein Stärkungsmittel in Kombination mit einigen Anti-Kater-Chemikalien. Es wirkte zwar, aber leider sehr langsam.
    »Und was Eweirl mit dem Geblendeten Unsichtbaren gemacht hat?«
    Visquile zuckte die Achseln. »Was geschehen ist, war ein bedauernswertes Missgeschick. Solche Unfälle passieren nun mal, wenn Leute trinken.«
    »Es war Mord, Estodus.«
    »Das lässt sich unmöglich beweisen, Major. Ich persönlich war, genau wie der unglückliche Leidtragende, zur fraglichen Zeit unfähig zu sehen.« Er lächelte. Dann verging sein Lächeln. »Übrigens, Major, ich glaube, Sie werden bei dem Zu-Den-Waffen-Gerufenen Eweirl eine gewisse Freizügigkeit in derlei Angelegenheiten feststellen.« Er tätschelte Quilans Hand. »Sie dürfen sich nicht länger mit diesem unseligen Ereignis belasten.«
     
    Quilan

Weitere Kostenlose Bücher