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Blicke windwärts

Blicke windwärts

Titel: Blicke windwärts Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ian Banks
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wie der Diener mit einer Hand einen Tisch aus dem Weg hob. Er forderte ihn zu einem Armringkampf heraus. Der Unsichtbare lehnte ab, woraufhin Eweirl ihm befahl, sich mit ihm zu messen, was er schließlich tat – und der Diener gewann.
    Eweirl keuchte vor Anstrengung; der große Unsichtbare zog seine Jacke wieder an, neigte den Kopf mit dem grünen Band und widmete sich wieder seinen Pflichten.
    Quilan war in seinem Ringelpolster zusammengesunken und beobachtete die Geschehnisse mit einem Auge, das andere hatte er geschlossen. Eweirl sah nicht zufrieden darüber aus, dass der Diener sich als der Überlegene erwiesen hatte. Er trank noch etwas. Estodus Visquile, der überhaupt nicht sehr betrunken wirkte, stellte Quilan einige Fragen bezüglich dessen Frau, seiner militärischen Laufbahn, seiner Familie und seines Glaubens. Quilan erinnerte sich, dass er versucht hatte, nicht den Eindruck zu machen, als ob er ausweichen wolle. Eweirl sah dem großen Unsichtbaren bei der Erledigungen seiner Pflichten zu, sein weißpelziger, zusammengekauerter Körper wirkte angespannt.
    »Vielleicht finden sie das Schiff doch noch, Quil«, sagte der Estodus zu ihm. »Vielleicht ist das Wrack noch da. Die Kultur; ihr Gewissen. Vielleicht helfen sie uns, die verlorenen Schiffe zu suchen. Vielleicht findet es sich noch. Sie natürlich nicht. Sie ist für immer verloren. Die Dahingegangenen sagen, es gibt kein Anzeichen, keinen Hinweis darauf, dass ihr Seelenhort funktioniert hat. Aber vielleicht finden wir trotzdem das Schiff noch und erfahren mehr darüber, was passiert ist.«
    »Ist doch unwichtig«, entgegnete er. »Sie ist tot. Das ist das Einzige, was zählt. Sonst nichts. Alles andere interessiert mich nicht.«
    »Nicht einmal Ihr eigenes Überleben nach dem Tod, Quilan?«, fragte der Estodus.
    »Das am allerwenigsten. Ich möchte nicht überleben. Ich möchte sterben. Ich will so sein wie sie. Nicht mehr. Nichts mehr. Niemals mehr.«
    Der Estodus nickte schweigend, seine Augenlider sanken herab, ein kleines Lächeln spielte in seinem Gesicht. Er sah Eweirl an. Quilan sah ebenfalls zu diesem hin.
    Der Weißpelz hatte lautlos den Sitzplatz gewechselt. Er wartete, bis der große Unsichtbare herankam, dann stand er plötzlich auf und stellte sich ihm in den Weg. Der Diener stieß mit ihm zusammen und verschüttete drei Becher Schnaps über Eweirls Weste.
    »Du tollpatschiger Scheißkerl! Siehst du denn nicht, wohin du gehst?«
    »Tut mir Leid, Herr. Ich wusste nicht, dass Sie sich bewegt haben.« Der Diener bot Eweirl ein Tuch an, das er aus seinem Hosenbund zog.
    Eweirl schlug es weg. »Ich will deinen Lumpen nicht!«, schrie er. »Ich sagte, kannst du denn nicht sehen, wohin du gehst?« Er zupfte am unteren Rand des grünen Bands, das die Augen des anderen bedeckte. Der große Unsichtbare zuckte unwillkürlich zusammen und wich zurück. Eweirl hatte ein Bein von hinten um das seines Gegners gehakt. Der Diener stolperte und stürzte, und Eweirl ging zusammen mit ihm in einem Durcheinander von splitternden Gläsern und kippenden Stühlen zu Boden.
    Eweirl stand taumelnd auf und zerrte den großen Mann mit sich. »Du willst mich angreifen, wie? Mich willst du angreifen, was?«, brüllte er. Er hatte die Jacke des Dieners über dessen Schulter und über den Arm heruntergezogen, sodass dieser einigermaßen hilflos war, obwohl er ohnehin keine Anstalten machte, sich auf einen Kampf einzulassen. Er stand tatenlos da, während Eweirl ihn anbrüllte.
    Quilan gefiel das nicht. Er sah Visquile an, doch der Estodus beobachtete das Geschehen duldsam. Quilan stand mühsam von dem Ringelpolster auf, indem er sich auf den Tisch stützte. Der Estodus legte ihm eine Hand auf den Arm, aber er entzog sich seinem Griff.
    »Verräter!«, blaffte Eweirl den Unsichtbaren an. »Spion!« Er zerrte den Diener im Kreis herum und stieß ihn dahin und dorthin; der große Mann krachte gegen Tische und Stühle, taumelte und stürzte schließlich zu Boden, unfähig, sich mit den gefangenen Armen irgendwo festzuhalten; er benutzte lediglich die Hebelwirkung seines Mittelglieds, um die unsichtbaren Hindernisse zu vermeiden.
    Quilan ging um den Tisch herum. Er stolperte über einen Stuhl und musste sich quer über den Tisch werfen, um nicht am Boden zu landen. Eweirl drehte den Unsichtbaren wieder im Kreis und schubste ihn hierhin und dorthin; er versuchte offenbar, seinen Orientierungssinn zu verwirren, ihn schwindelig zu machen und zu Fall zu bringen. »Also gut!«,

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