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Blicke windwärts

Blicke windwärts

Titel: Blicke windwärts Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ian Banks
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zerstörenden ASF, herausgeschleudert aus dem Hauptkörper der Galaxis mit kaum noch genügend Kraft, um die eigene Stofflichkeit aufrechtzuerhalten, flog es über die Ebene der Galaxis hinaus, nicht wie ein Schiff, sondern eher wie der riesige Splitter eines Schrapnells, weitestgehend entwaffnet, fast blind und vollkommen taub. Es wagte nicht, seine allzu groben und stark angeschlagenen Motoren zu benutzen, aus Angst, entdeckt zu werden, bis es letztendlich keine andere Wahl mehr hatte. Selbst dann schaltete es sie nur für ein Minimum an Zeit an, die unbedingt nötig war, um einen Zusammenstoß mit dem Energiegitter zwischen den Universen zu vermeiden.
    Wenn die Idiraner mehr Zeit gehabt hätten, hätten sie nach irgendwelchen überlebenden Fragmenten des ASF gesucht, und wahrscheinlich hätten sie den Schiffbrüchigen gefunden. Doch wie die Dinge lagen, gab es wichtigere Dinge, um die sie sich kümmern mussten. Als es schließlich jemandem einfiel, einen Gegencheck zu unternehmen und zu prüfen, ob die Zerstörung des ASF tatsächlich so gründlich verlaufen war, wie es anfangs den Anschein gehabt hatte, war das halb zerstörte Schiff, jetzt ein Jahrtausend entfernt von der oberen Grenze der großen Sternenscheibe, die die Galaxis war, soeben weit genug gekommen, um einer Entdeckung zu entgehen.
    Allmählich machte es sich daran, sich selbst wieder instand zu setzen. Hunderte von Tagen vergingen. Schließlich fasste es den Mut, seine inzwischen schrottreifen Motoren zu benutzen, um damit in jene Raumregionen zu tuckern, in denen, wie es hoffte, die Kultur immer noch die Stellung hielt. Da es nicht genau wusste, wer wo war, verzichtete es darauf, irgendwelche Signale auszusenden, bis es endlich wieder in der eigentlichen Galaxis ankam und eine Region erreichte, die seiner zuversichtlichen Vermutung nach immer noch außerhalb des idiranischen Herrschaftsgebiets liegen musste.
    Das Signal, das seine Ankunft ankündigte, rief zunächst einige Verwirrung hervor, doch ein ASF führte ein Rendezvous mit ihm durch und nahm es an Bord. Es erfuhr, dass es einen Zwilling hatte.
    Es war das erste, aber nicht das letzte Mal, dass so etwas während des Krieges geschah, trotz all der Sorgfalt, die die Kultur aufwandte, um den Tod seiner Gehirne zu bestätigen. Das ursprüngliche Gehirn wurde in einem anderen, neu gebauten ASF eingesetzt und nahm den Namen Bleibender Schaden I an. Das Folgeschiff benannte sich in Bleibender Schaden II um.
    Sie wurden Teil ein und derselben Kampfflotte, gingen jeweils ihren Aufgaben nach und kämpften während weiterer vier Dekaden Seite an Seite. Gegen Ende waren beide dabei, als die Schlacht der Zwillingsnovae stattfand, in jener Raumregion, die bekannt war als Arm Eins-Sechs.
    Eines überlebte, das andere kam um.
    Sie hatten vor Beginn der Schlacht einen Wesensbestand-Tausch unternommen. Das überlebende pflanzte die Seele des zerstörten Schiffs in seine eigene Persönlichkeit ein, so wie sie es vereinbart hatten. Auch dieses wurde bei dem Kampfgeschehen beinahe ausgelöscht und musste wieder auf ein kleineres Fahrzeug zugreifen, um sowohl sich selbst als auch die geborgene Seele seines Zwillings zu retten.
    »Welches ist gestorben?«, fragte Ziller. »I oder II?«
    Der Avatar setzte ein kleines, scheues Lächeln auf. »Wir waren zu der Zeit, als es geschah, sehr nahe beieinander, und das Ganze war sehr verwirrend. Mir ist es gelungen, jahrelang zu verbergen, welches gestorben ist und welches überlebt hat, bis jemand die richtige Enthüllungsarbeit leistete. Es war II, das getötet wurde, während ich überlebt habe.« Das Geschöpf zuckte die Achseln. »Es war einerlei. Ich war nur das Material des Schiffs, welches das Substrat des zerstörten beherbergte, und der Körper des überlebenden Schiffs erlitt das gleiche Schicksal. Im Ergebnis lief das auf das Gleiche hinaus wie umgekehrt. Beide Gehirne wurden das eine Gehirn, wurden ich.« Der Avatar schien zu zögern, dann deutete er eine Verbeugung an.
    Ziller beobachtete, wie das Orbital über ihnen dahinjagte. Streifen, die in Wirklichkeit Wagen waren, peitschten so schnell vorbei, dass man sie mit den Augen beinahe nicht verfolgen konnte. Von echten Wagen, selbst in langen Zügen, waren nur undeutliche Eindrücke wahrnehmbar, es sei denn, sie bewegten sich in dieselbe Richtung wie das Modul – scheinbar. Dann hatte man den Eindruck, dass sie sich für eine Weile langsamer bewegten, bevor sie nach vorn wegzogen, zurückfielen oder zur Seite

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