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Blicke windwärts

Blicke windwärts

Titel: Blicke windwärts Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ian Banks
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abschwenkten.
    »Ich kann mir vorstellen, dass die Situation tatsächlich sehr verwirrend gewesen sein muss, wenn du verbergen konntest, wer gestorben war«, sagte Ziller.
    »Es war ziemlich schlimm«, bestätigte der Avatar leichthin. Er beobachtete mit einem unbestimmten Lächeln im Gesicht, wie die Orbital-Unterseite vorbeiflitzte. »So sind Kriege nun mal.«
    »Was hat dich veranlasst, ein Naben-Gehirn werden zu wollen?«
    »Sie meinen abgesehen von dem Drang, nach all diesen Jahrzehnten, die ich damit zugebracht hatte, kreuz und quer durch die Galaxis zu sausen und Dinge zu zerstören?«
    »Ja.«
    Der Avatar sah ihm ins Gesicht. »Ich muss annehmen, Sie haben hier Nachforschungen angestellt, Kst. Ziller.«
    »Ich weiß ein wenig über das, was geschehen ist. Halte mich einfach für so altmodisch oder primitiv, dass ich die Dinge gern von der Person höre, die dabei war.«
    »Ich musste ein Orbital zerstören, Ziller. Genauer gesagt musste ich drei an einem einzigen Tag wegblitzen.«
    »Nun ja, Krieg ist die Hölle.«
    Der Avatar musterte ihn aufmerksam, als wolle er versuchen zu entscheiden, ob der Chelgrianer nur deshalb allzu begierig war, seine Geschichte zu hören, um Licht in eine dunkle Angelegenheit zu bringen. »Wie ich bereits sagte, die Aufzeichnung der Geschehnisse ist in vollem Umfang der Öffentlichkeit zugänglich.«
    »Ich nehme an, es gab keine wirkliche Wahl?«
    »Stimmt. Das war die Beurteilung, nach der ich mich richten musste.«
    »Ihre eigene?«
    »Teilweise. Ich war Teil des Entscheidung fällenden Prozesses, doch selbst wenn ich nicht damit einverstanden gewesen wäre, hätte ich vielleicht trotzdem so gehandelt, wie ich es tat. Dafür gibt es eine strategische Planung.«
    »Es muss eine Last sein, wenn man nicht einmal sagen kann, dass man einfach nur Befehlen gehorcht hat.«
    »Nun, das ist immer eine Lüge oder ein Zeichen dafür, dass man für eine unwerte Sache kämpft oder noch einen sehr langen Weg der zivilisatorischen Entwicklung vor sich hat.«
    »Eine schreckliche Vergeudung, drei Orbitale! Welche Verantwortung!«
    Der Avatar hob die Schultern. »Ein Orbital ist lediglich Materie ohne Bewusstsein, auch wenn es eine Menge Mühe und aufgewendete Energie darstellt. Ihre Gehirne waren bereits in Sicherheit, schon seit langem. Es war der Tod der Menschen, der mich berührte.«
    »Sind viele Leute umgekommen?«
    »Dreitausendvierhundertund- zweiundneunzig.«
    »Von wie vielen insgesamt?«
    »Dreihundertundzehn Millionen.«
    »Im Verhältnis wenige.«
    »Für den Einzelnen, den es trifft, sind es immer hundert Prozent.«
    »Trotzdem.«
    »Nein, kein Trotzdem«, widersprach der Avatar und schüttelte den Kopf. Licht glitt über seine silberne Haut.
    »Wie haben die paar Millionen überlebt?«
    »Zum größten Teil wurden sie mit Schiffen weggebracht. Etwa zwanzig Prozent wurden in Untergrundwagen evakuiert; sie dienen als Rettungsboote. Es gibt viele Arten zu überleben: man kann ganze Orbitale versetzten, wenn man genügend Zeit hat, oder man kann Leute mit dem Schiff wegbringen oder – kurzfristig -Untergrundwagen oder andere Transportsysteme benutzen, oder einfach nur Anzüge. In sehr seltenen Fällen wurden ganze Orbitale durch Einlagerung/Übertragung evakuiert; die menschlichen Körper wurden im Orbital belassen, nachdem ihr Wesensbestand weggezappt worden war. Obwohl das einen auch nicht immer rettet, wenn nämlich das Einlagerungssubstrat ebenfalls verschlackt, bevor es weiter übertragen werden kann.«
    »Und wie war das mit denen, die nicht davongekommen sind?«
    »Alle wussten, wofür sie sich entschieden. Einige hatten geliebte Menschen verloren, andere waren, glaube ich, verrückt geworden, aber niemand war sich sicher genug, um ihnen die Wahl zu verweigern, einige waren alt und/oder lebensmüde, und einige warteten so lange, bis es zu spät war, entweder körperlich zu entfliehen oder durch Zappen, nachdem sie sich den Spaß angeschaut hatten, oder etwas lief mit ihrem Transport oder der Aufzeichnung des Wesensbestands oder der Übertragung schief. Einige hingen irgendwelchen Glauben an, die sie veranlassten zu bleiben.« Der Avatar heftete den Blick eindringlich auf Ziller. »Mit Ausnahme derer, deren Ausrüstung versagte, habe ich jede dieser Sterbeweisen aufgezeichnet, Ziller. Ich wollte nicht, dass sie gesichtslos sein sollten, ich wollte nicht vergessen können.«
    »Das war leichenschänderisch, nicht wahr?«
    »Nennen Sie es, wie Sie wollen. Ich hatte einfach das

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