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Blicke windwärts

Blicke windwärts

Titel: Blicke windwärts Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ian Banks
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warum all die hegemonialen und invasiven Spezies – ganz zu schweigen von den schamlos neugierigen Spezies, wie zum Beispiel der Kultur –, die den Luftsphären begegneten, klug genug gewesen waren, von dem Versuch einer Eroberung (oder einer allzu genauen Erforschung) abzusehen.
    Dieselben Gerüchte, gespeichert in doppelsinnigen Aufzeichnungen im Gewahrsam der Alten, enthielten Hinweise, dass vor langer Zeit sich einige Spezies vorgestellt hatten, sie könnten die großen wandernden Welten zu einem Teil ihres Imperiums machen, oder es auf eigene Faust unternommen hatten, Aufklärungsgeräte hineinzuschicken, gegen den ausdrücklichen Wunsch der Behemothauren und der megalithinen und gigalithinen Wesenheiten. Solchen Spezies war zu Eigen, dass sie nach ziemlich kurzer Zeit aus den betreffenden Aufzeichnungen verschwanden, und es gab die statistische Feststellung, dass sie schneller und vollständiger verschwanden als andere Spezies, denen nicht nachgesagt wurde, sie hätten die Einwohner – und demzufolge auch die Wächter – der Luftsphären bekämpft.
    Quilan fragte sich, ob die Dahingegangenen der Luftsphären mit den Dahingegangenen von Chel in Kontakt gestanden hatten. Gab es eine Verbindung zwischen den Erhabenen dieser beiden (oder natürlich auch mehrerer) Spezies?
    Wer wusste, wie die Erhabenen dachten, wie sie interagierten? Wer wusste, wie fremdweltliche Gehirne arbeiteten? Und übrigens, wer konnte mit voller Überzeugung von sich behaupten zu wissen, wie die Gehirne der eigenen Spezies arbeiteten?
    Das Erhabene, so vermutete er, war die Antwort auf all diese Fragen. Aber jede Verständigung lief anscheinend entschieden nur in eine Richtung.
    Man verlangte von ihm, so etwas wie ein Wunder zu vollbringen. Man verlangte von ihm, einen Massenmord zu begehen. Er versuchte, in sein Inneres zu schauen – und fragte sich, ob die Chelgria-Puen sogar in diesem Augenblick seine Gedanken belauschten, die Bilder beobachteten, die durch seinen Geist huschten, die Unerschütterlichkeit seines Pflichtbewusstseins maßen und den Wert seiner Seele wogen – und war gelinde, aber auch nicht mehr als gelinde, erschüttert zu erkennen, dass er, während er noch an seiner Fähigkeit zweifelte, dieses Wunder jemals zu vollbringen, fest entschlossen war, um das Mindeste zu sagen, diesen Genozid-Auftrag auszuführen.
     
    Und in dieser Nacht, als er noch nicht ganz in den Schlaf hinübergeglitten war, erinnerte er sich an ihr Zimmer an der Universität, wo sie einander entdeckten, wo er ihren Körper kennen lernte, bis er mit ihm besser vertraut war als mit seinem eigenen, besser als er irgendetwas anderes gekannt hatte (auf jeden Fall besser als alles, was er hätte studieren sollen); er kannte ihn im Dunkeln und bei Licht, und er regte ihn zu immer neuen Erkundungen an.
    Er konnte das nicht gebrauchen. Aber er erinnerte sich an den Raum, sah die Form aus Dunkelheit, die ihr Körper war, wie sie sich manchmal spät in der Nacht bewegte, etwas ausknipste, eine Duftkerze löschte, das Fenster schloss, wenn es regnete. (Einmal brachte sie irgendwelche antiken Schriftrollen an, erotische Erzählungen über bestimmte Liebesknoten, und ließ sich von ihm fesseln; später fesselte sie ihn, und er, der sich immer für einen ganz und gar unkapriziösen jungen Mann gehalten hatte, stolz auf seine derbe Normalität, stellte fest, dass solche Sexspiele nicht nur jenen Spaß machten, die er für schwach und degeneriert gehalten hatte.)
    Er sah das Schattenmuster, das ihr Körper über die viel sagenden Lichter und Spiegelungen in dem Zimmer warf. Hier, jetzt, in dieser seltsamen Welt, so viele Zeitjahre und tausende Lichtjahre entfernt von jener gesegneten Zeit und jenem gesegneten Ort, stellte er sich vor, wie er aufstand und von dem Ringelpolster zur gegenüberliegenden Seite des Zimmers ging. Dort war ein kleiner silberner Becher auf einem Regalbrett – damals. Manchmal, wenn sie vollkommen nackt sein wollte, nahm sie den Ring ab, den ihre Mutter ihr geschenkt hatte. Es war seine Pflicht, seine Aufgabe, ihr den Ring aus der Hand zu nehmen und in den silbernen Becher zu legen.
     
    »Gut. Sind wir da?«
    »Ja, wir sind da.«
    »Also – senden!«
    »Ja… Nein.«
    »Hmm. Na ja, wir fangen noch mal von vorn an. Denken Sie an…«
    »Ja, die Tasse.«
    »Können wir ganz sicher sein, dass das Gerät funktioniert, Estodus?«
    »Können wir.«
    »Dann muss es an mir liegen. Ich kann einfach nicht… ich habe es nicht in mir drin.« Er

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