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Blicke windwärts

Blicke windwärts

Titel: Blicke windwärts Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ian Banks
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untergegangen; nur noch wenige blinzelten am Firmament. Außerdem waren noch zwei weitere himmlische Gebilde sichtbar: die gelappte Form Dorteselis, des größeren der beiden ringförmigen Gasriesen in dem System, und der blinkende weiße Punkt, der die Nova Portisia war.
    Kabo ließ den Blick über die Plattform schweifen. Das Sonnenlicht war so rot, dass es beinahe braun wirkte. Es leuchtete von den fernen Atmosphären über den Schweifen des Orbitals über den Rand des Steilabhangs, durch das dunkle Tal mit seinen blassen Dunstinseln und sank weiter zu den sanften Hügeln und den Ebenen auf der anderen Seite. Die Schreie der Nachttiere des Waldes waren während der letzten zwanzig Minuten oder so nach und nach verstummt, und das Gezwitscher der Vögel erfüllte allmählich die nachtkalte Luft über dem niedrigen Wald.
    Die Blimps hatten die Form dunkler Kuppeln, die zwischen den hohen, im Boden verwurzelten Bäumen verstreut schwebten. Auf Kabo wirkten sie bedrohlich, besonders in diesem rötlichen Licht. Die riesigen schwarzen Gassäcke sahen irgendwie unheimlich aus; ihre Luft war abgelassen und sie waren schlaff und schrumpelig, dennoch bildete jeder einen eindrucksvollen Wulst um den aufgeblähten Rumpf des Banner-Reservoirs, und ihre Würgerwurzeln schlängelten sich rings um sie herum wie riesige Tentakel, die ihr Territorium abgrenzten und gewöhnliche Bäume in ihre Schranken verwiesen. Ein leichter Wind bewegte die Äste der im Boden verwurzelten Bäume, sodass ihre Blätter angenehm rauschten. Auf den ersten Blick schien es so, als würden die Blimps durch den Wind nicht beeinflusst, doch tatsächlich schwankten sie träge, quietschend und knarrend, und trugen zu der unheimlichen Wirkung bei.
    Das rote Sonnenlicht streifte jetzt die Kuppen der entfernteren Blimps an der flachen Seite der Böschung; ein paar Gleitflossenflieger waren bereits verschwunden und bewegten sich auf kaum wahrnehmbaren Wegen in den Wald. Auf der anderen Seite der Plattform ging die Sicht über Klippen, Geröll und Wald hinunter in die Schatten des breiten Tals, wo die Zickzack-Windungen und Nebenarme des Flusses Tulume durch die träge ziehenden Nebelschwaden zu erkennen waren.
    »Kabo.«
    »Ach, Ziller.«
    Ziller trug einen eng anliegenden, dunklen Anzug, der nur den Kopf, die Hände und die Füße frei ließ. Wo das Material des Anzugs den Wulst seines Mittelglieds bedeckte, war es mit Fell verstärkt. Ursprünglich war es der Wunsch des Chelgrianers gewesen, hierher zu kommen, um die Gleitflossenflieger zu sehen. Kabo hatte schon einmal, vor einigen Jahren, bei diesem besonderen Sport zugeschaut, wenn auch nur aus der Ferne, gleich nach seiner Ankunft auf Masaq’. Damals war er auf einem langen Gelenkkahn auf dem Tulume unterwegs zu den Ribbon-Seen gewesen, zum Großen Fluss und der Stadt Aquime, und hatte die fernen Punkte, die die Gleitflossenflieger waren, vom Schiffsdeck aus beobachtet.
    Dies war das erste Mal, dass sich Kabo und Ziller seit der Begegnung auf der Barkasse Soliton fünf Tage zuvor wieder sahen. Kabo hatte verschiedene Projekte und Artikel beendet, an denen er gearbeitet hatte, und hatte vor kurzem angefangen, sich mit dem Material über Chel und die Chelgrianer zu befassen, das ihm die Kontakt-Drohne E. H. Tersono geschickt hatte. Er hatte halbwegs damit gerechnet, dass Ziller überhaupt nicht mit ihm in Verbindung treten würde, und deshalb hatte es ihn sehr überrascht, als der Komponist ihm eine Nachricht hinterlassen und ihn um ein Treffen auf der Gleitflossenflieger-Plattform im Morgengrauen gebeten hatte.
    »Ach, Kst. Ziller«, sagte Feli Vitrouv, als der Chelgrianer mit federnden Schritten herankam und sich zwischen ihr und Kabo in eine Kauerstellung faltete. Die Frau warf einen Arm nach oben. Eine Flügelmembrane entfaltete sich ruckartig zu einer Weite von mehreren Metern, durchscheinend mit einem Hauch von Blaugrün, dann legte sie sich wieder an. Feli Vitrouv schnalzte mit der Zunge, anscheinend zufrieden. »Es ist uns immer noch nicht gelungen, Sie zum Mitfliegen zu überreden, wie?«
    »Nein. Wie wär’s mit Kabo?«
    »Ich bin zu schwer.«
    »Das fürchte ich auch«, sagte Feli. »Zu schwer, um die Sache ordentlich zu machen. Man könnte ihn mit einem Schwebeharnisch ausstatten, nehme ich an, aber das wäre geschummelt.«
    »Ich dachte, der ganze Sinn einer solchen Übung besteht darin, zu schummeln.«
    Die Frau, die gerade dabei war, einen Gurt um ihren Schenkel zu befestigen, blickte auf.

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