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Blicke windwärts

Blicke windwärts

Titel: Blicke windwärts Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ian Banks
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Decks breiteten sich hier und da aus; persönliche Kabinen befanden sich da drüben oder möglicherweise auch dort drüben.
    Vielleicht, dachte er, vielleicht besteht doch noch Hoffnung, vielleicht hatten sich die Techniker geirrt und es gab noch etwas zu finden. Der Rumpf hielt nur deshalb zusammen, weil er irgendwoher Energie bezog. Sie wussten längst nicht alles über diese großen, begabten Schiffe. Vielleicht irgendwo im eigentlichen Rumpf…
    Die Maschine schwebte klickend zu ihm heran, Deckenlichter glitzerten über dem metallischen Rückenschild. Er sah sie an.
    ~Entschuldigung, dass ich so in Ihre Gedanken hineinplatze, Quil, aber sie möchte, dass Sie, verdammt noch mal, aus dem Weg gehen.~
    ~Natürlich. Verzeihung.~ Quilan trat zur Seite, nicht allzu tollpatschig, wie er hoffte. Es war eine Zeit lang her, seit er einen Anzug getragen hatte.
    ~Jetzt lasse ich Sie wieder in Ruhe.~
    ~Nein, ist schon gut. Reden Sie nur, wenn Ihnen danach zumute ist.~
    ~Hmm. Also schön. Ich habe nachgedacht.~
    ~Worüber?~
    ~Wir haben so viel Zeit mit allem möglichen technischen Zeug, Kalibrieren und so, verbracht, aber wir haben keine der grundsätzlichen Annahmen, von denen wir hier ausgehen, in Frage gestellt, zum Beispiel, ob es wirklich stimmt, dass wir uns gegenseitig hören, wenn wir so wie jetzt reden, aber nicht, wenn wir denken? Das ist eine verdammt feine Unterscheidung, wenn Sie mich fragen.~
    ~Na ja, so hat man es mir gesagt. Warum, haben Sie irgendwelche Hinweise darauf, dass…~
    ~Nein, es ist nur so, wenn man etwas mit den Augen einer anderen Person betrachtet und etwas denkt, dann fragt man sich nach einer Weile, ob es wirklich das ist, was man selbst denkt, oder ob es vielleicht eine Art Überlauf von dem ist, was der andere denkt.~
    ~Ich glaube, ich verstehe, was Sie meinen.~
    ~Also, was halten Sie davon, wenn wir es ausprobieren?~
    ~Könnte vielleicht nicht schaden, Sir.~
    ~Also gut. Versuchen Sie mal, ob Sie mitbekommen, was ich denke.~
    ~Sir, ich glaube nicht…~, dachte er, doch es herrschte Stille, auch als seine eigenen Gedanken verebbten. Er wartete noch einige Augenblicke. Dann noch ein paar. Die Drohne setzte ihr Suchmuster fort, jedes Mal kam sie in größerer Entfernung vorbei.
    ~Na, haben Sie irgendetwas aufgeschnappt?~
    ~Nein, Sir. Sir, ich… ~
    ~Sie wissen nicht, was Ihnen entgangen ist, Major. Okay, Sie sind dran. Los, denken Sie an was. Irgendetwas.~
    Er seufzte. Das feindliche Schiff – nein, er sollte nicht so von ihnen denken… Das Schiff könnte inzwischen hier sein. Er hatte das Gefühl, dass das, was Huyler und er in diesem Augenblick taten, die reine Zeitverschwendung war, aber andererseits konnten sie derzeit nichts tun, um die Drohne zu schnellerem Arbeiten anzutreiben, also vergeudeten sie letztendlich doch keine Zeit. Trotzdem kam es ihm so vor.
    Welch absurdes Zwischenspiel, dachte er, hier in diesem hermetisch geschlossenen Mausoleum, verloren inmitten der Desolation, zusammen mit einem fremden Wesen im eigenen Innern, und im Angesicht einer Aufgabe, über deren Sinn und Ziel er nichts wusste.
    Also dachte er an die lange Prachtstraße in Alt Briri im Herbst, wie er damals durch die bernsteinfarbenen Driften von herabgefallenen Blättern geschlurft war und goldene Laubexplosionen in die Luft getreten hatte. Er dachte an die Hochzeitsfeierlichkeit im Garten des Anwesens ihrer Eltern, mit der gebogenen Brücke, die sich im See spiegelte. Während sie ihr Ehegelöbnis sprachen, hatte ein Wind aus den Bergen das Spiegelbild verzerrt, hatte an der Zeltplane über ihnen gerüttelt, Kopfbedeckungen davongewirbelt und die Geistliche gepeitscht, sodass sie ihre Gewänder festhielt, und derselbe kräftige, nach Frühling duftende Wind hatte die Wipfel der Schleierbäume gezaust und eine schimmernde weiße Blütenwolke auf sie herabrieseln lassen wie Schnee.
    Am Ende der Andacht ruhten noch immer einige Blütenblätter auf ihrem Fell und ihren Wimpern, als er sich ihr zuwandte, seine Festtags-Mundmaske und dann die ihre abnahm und sie küsste. Ihre Freunde und Familien schrien Hurra; Hüte wurden in die Luft geworfen, und einige wurden von einer weiteren Windbö gepackt, um im See zu landen oder über die kleinen Wellen hinwegzusegeln wie eine niedliche Flotte aus fröhlich bunten Schiffen.
    Er dachte wieder an ihr Gesicht, ihre Stimme, diese letzten paar Augenblicke. Lebe für mich, hatte er gesagt, und ihr ein Versprechen abgenommen. Wie hätten sie wissen sollen, dass das ein

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