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Blicke windwärts

Blicke windwärts

Titel: Blicke windwärts Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ian Banks
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Visiers höher und zoomte die Gestalt heran, während diese an der Schiffsinnenwand herunterkam. Die Haut des Zweifüßlers sah rabenschwarz aus, und seine Kleidung schimmerte grau. Er sah sehr dürr aus, aber das war schließlich bei ihnen allen der Fall. Seine Füße kamen auf der flachen Oberfläche auf, auf der er bereits stand, und er näherte sich. Beim Gehen fuchtelte er mit den Armen.
    ~Sie würden eine lohnende Beute abgeben, wenn nur mehr zum Essen dran wäre.~
    Er antwortete nicht. Das Zoomfenster im Visier hielt das Geschöpf in unveränderter Größe, bis die Unterscheidung zwischen dem Fenster und der übrigen Ansicht aufgehoben war. Das Gesicht des Wesens war schmal und spitz, die Nase dünn und scharf geschnitten, und die Augen in dem nachtschwarzen Gesicht waren klein und von einem lebhaften Blau mit weißer Umrahmung.
    ~Scheiße. Von nahem sehen sie auch nicht appetitlicher aus.~
    »Major Quilan?«, sagte das Geschöpf. Die Haut über seinen Augen bewegte sich beim Sprechen, nicht jedoch der Mund.
    »Ja«, sagte Quil.
    »Wie geht es Ihnen? Ich bin der Avatara der Schnellen Angriffs-Einheit Ärgerniswert. Freut mich, Sie kennen zu lernen. Ich bin gekommen, um Sie auf dem ersten Streckenabschnitt ihrer Reise zum Masaq’-Orbital zu befördern.«
    »Ich verstehe.«
    ~Kurzer Vorschlag zwischendurch: Fragen Sie, wie man es anspricht.~
    »Hast du einen Namen oder Rang? Wie soll ich dich nennen?«
    »Ich bin das Schiff«, sagte das Ding und hob und senkte dabei die schmalen Schultern. »Sie können mich Ärgernis nennen, wenn sie wollen.« Seine Mundwinkel hoben sich. »Oder Avatara, oder schlicht Schiff.«
    ~Oder schlicht Abscheulichkeit.~
    »Also gut, Schiff.«
    »Okay.« Es hielt die Hände hoch. »Ich wollte einfach mal persönlich guten Tag sagen. Wir warten auf Sie. Lassen Sie es uns wissen, wenn Sie bereit zum Aufbruch sind.« Es ließ den Blick nach oben und rings herum schweifen. »Man hat mir gesagt, es ist in Ordnung, wenn ich hier rein komme. Ich hoffe, ich habe nicht bei irgendetwas gestört.«
    »Ich bin hier drin ohnehin fertig. Ich habe etwas gesucht, es jedoch nicht gefunden.«
    »Das tut mir leid.«
    ~Sollte es auch, du Warmficker.~
    »Ja. Sollen wir gehen?« Er ging in Richtung des Kreises aus Nacht im Bug des Schiffes. Der Avatara ging im Gleichschritt neben ihm her. Sein Blick fiel flüchtig auf den Boden. »Was ist mit diesem Schiff passiert?«
    »Das wissen wir nicht genau«, antwortete Quilan. »Es hat eine Schlacht verloren. Irgendetwas hat es sehr schwer getroffen. Die Rumpfhülle hat es überstanden, aber alles im Innern wurde zerstört.«
    Der Avatara nickte. »Massiver Schmelzzustand«, stellte er fest. »Und die Mannschaft?«
    »Wir laufen auf ihr herum.«
    »O, tut mir Leid.« Das Geschöpf schwebte sofort einen halben Meter vom Boden weg. Es vollführte keine Gehbewegungen mehr, sondern posierte so, als ob es sitzen würde. Es verschränkte Beine und Arme. »Das hat sich im Krieg zugetragen, nehme ich an.«
    Sie kamen zum Hang und machten sich an den Aufstieg. Er wandte sich flüchtig dem Geschöpf zu, ohne im Gehen innezuhalten. »Ja, Schiff, es hat sich während eures Krieges zugetragen.«

 
3 Infra-Dämmerung
     
     
    »ABER DU KÖNNTEST ZU TODE KOMMEN.«
    »Das ist ja der Witz bei der Sache.«
    »Ach ja? Ich verstehe.«
    »Nein, das glaube ich nicht. Du vielleicht?«
    »Nein.«
    Die Frau lachte und beschäftigte sich weiter mit dem Anlegen des Fluggeschirrs. Rings um sie herum hatte die Landschaft die Farbe von trocknendem Blut.
    Kabo kauerte auf einer holperigen, doch eleganten Plattform aus Holz und Stein, am Rand eines langen Steilabhangs. Er unterhielt sich mit Feli Vitrouv, einer Frau mit wuscheligem schwarzem Haar und tiefbrauner Haut über strammen Muskeln. Sie trug einen körperengen blauen Anzug mit einer kleinen Bauchtasche und war dabei, sich einen Flügelharnisch umzugurten, ein kompliziertes Gebilde mit zusammengelegten gerippten Flossen, das den größten Teil ihrer Körperoberfläche bedeckte, von den Fußknöcheln hinauf zum Hals und die Arme hinab. Etwa sechzig weitere Leute – die Hälfte davon ebenfalls Gleitflossenflieger – waren auf der Plattform verteilt, die von einem Wald aus Kleinluftschiffbäumen, den sogenannten Blimps, umgeben war.
    Die Morgendämmerung zog gerade anti-spinwärts herauf und warf lange, schräge Strahlen über den wolkengesträhnten Himmel. Die schwächeren Sterne waren längst in dem sich langsam aufhellenden Gewölbe

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