Blind Date Mit Einem Rockstar
hast du eine psychische Krankheit oder so?«, fragte er allen Ernstes.
»Serena ist schizophren«, log ich und streckte ihm meine rechte Faust entgegen. »Das ist Goethe.« Dann die andere. »Und das ist Faust. Serena und ihre anderen Ichs führen eine herzzerreißende Dreiecksbeziehung.«
»Ich nehme mal an, dass du nicht geistig zurückgeblieben bist.« Simon schüttelte den Kopf. »Findest du es toll, in der dritten Person von dir zu sprechen? So wie manche Leute dieses Woooh –Gekreische haben? Oder Swag oder YOLO sagen? Oder dieses brechreizverursachende Hey Alter ?«
Ich schnaubte laut. »Lass Serena einfach in Ruhe, okay?«
Beinahe verlor ich das Gleichgewicht, als ich mich noch weiter zu ihm beugte.
»Ich muss sagen, dass ich dieses Trachtenzeug eigentlich verabscheue …« Beim Reden wanderte sein Blick von meinem Gesicht immer tiefer bis zu meinem Ausschnitt. »Aber ich glaube, ich ändere meine Meinung bald.«
»Serena sticht dir gleich mit der Gabel die Augen aus!«, drohte ich ihm, während ich mir meine Bluse bis zum Hals hochzog. »Oh Gott, Zoey färbt echt ab.«
Ich ließ mich seufzend auf einen Stuhl sinken.
Zum Glück waren keine Gäste da, die uns herzhaft und leidenschaftlich streiten sahen.
»Sag nichts zu Serenas Dirndl! Serena liebt diese Farben! Das ist ihre Arbeitskleidung! Sei froh, dass du das nicht tragen musst! Du würdest in einem grünen Dirndl eine viel schlechtere Figur abgeben als ich.«
Ich sah zu ihm hoch und plötzlich veränderte sich sein Gesichtsausdruck. Er runzelte die Stirn.
»Sag mal …« Er beugte sich zu mir herunter und sah mir tief in die Augen. »Du hast schöne Augen. Weder blau noch grün. Wunderschön.«
Natürlich überrumpelte mich Simons plötzlicher Themenwechsel.
»D-Danke«, entgegnete ich verlegen und spürte, wie mir die Röte in die Wangen stieg. »Serena hört gerne Komplimente.«
Ach, du lieber Himmel, was redete ich da für einen Blödsinn?
Na gut, ich hörte wirklich gerne solche Sachen, aber doch nicht von Simon – dem neuen Simon. Der Simon, der so tat, als würde er mich nicht kennen und den nur mein Vorbau zu interessieren schien.
»Serena hat die Augen schon seit …, ähm, immer«, plapperte ich dumm weiter. »Die gab’s gratis.«
Ich merkte erst, dass ich mit meinen blonden Haarsträhnen spielte, als ich die Spitzen richtig schön verfilzt hatte.
»Ich weiß, dass es vielleicht komisch klingt, abe–«
Meine Rettung vor diesem Gespräch erschien prompt in der Form einer Gruppe von johlenden jungen Männern. Die Typen waren meine Lieblingskunden. Die meisten von ihnen waren nicht nur attraktiv und flirtbereit, gelegentlich gaben sie auch viel Trinkgeld oder luden mich auf Drinks ein.
Ohne meinem Ex noch einen Blick zu schenken, sprang ich auf und marschierte mit breitem Lächeln auf die fünfköpfige Gruppe zu.
Zwei der Jungs sahen mich schon mal ziemlich interessiert an.
»Hallo«, begrüßte ich sie. »Ihr seid also zu fünft?«
»Kommt drauf an«, grinste ein Kerl mit blonden Haaren und blauen Augen. Er war eigentlich ganz süß. »Du kannst dich gerne zu uns setzen.«
Ich lächelte müde über den miesen Anmachspruch. »Leider muss Serena arbeiten. Tut Serena leid.« Nicht wirklich .
»Und wann muss Serena nicht mehr arbeiten?«, fragte er zwinkernd.
»Serena muss immer arbeiten«, grollte Simon. Er legte eine Hand auf meine Hüfte und schob mich zur Seite. »Ich bediene euch.«
Perplex starrte ich Simon an.
Die Typen hätten mir bestimmt ganz viel Trinkgeld gegeben!
Ich sprach Simon darauf an, als die Kerle nach nicht einmal einer halben Stunde wieder abgehauen waren. Mit mir als Kellnerin wären sie sicher länger geblieben. Ich wusste, wie ich solchen Typen Alkohol und Desserts aufschwatzen konnte.
»Hier.«
Er drückte mir ungefähr drei Euro Trinkgeld in die Hand. Ohne weitere Worte ging er an mir vorbei.
Wenn ich es nicht besser gewusst hätte, hätte ich denken können, dass Simon eifersüchtig gewesen war.
05. KAPITEL
SERENAS NICHT EINGEBILDETE EINBILDUNG
»Und was ist dann passiert?«, wollte Nell wissen.
Sie lag bäuchlings auf dem Tisch und hatte ihren Kopf auf die Arme gebettet. Sie hatte mir ihren Platz freiwillig überlassen, nachdem ich laut fluchend in die Klasse gestürzt war und zu einer Versammlung berufen hatte.
Meine restlichen Klassenkameraden hatten bei meinen beinahe panischen Schreien zwar kurz interessiert den Kopf gehoben, aber jetzt widmeten sie sich alle wieder etwas
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