Blind Date mit Folgen - Roman
ausschloss, dass FEUER33 Bateman aus dem Film ›American Psycho‹ war, dann wirkte die Vorstellung des stockfinsteren Zimmer sehr erotisch auf sie. Sie war ja zuerst entrüstet gewesen über den Vorschlag, gleichzeitig jedoch reizte sie die Vorstellung, ein Date mit einem Fremden in völliger Dunkelheit zu verbringen. Auch glaubte sie, seinen Beweggrund zu kennen. Je weniger sie von ihm wusste – oder sah –, desto weniger stellte sie ein Risiko für ihn dar. Sein Spiel mit dem Feuer war somit aus seiner Sicht ungefährlich. Und das war auch okay so. Außerdem fühlte sie sich der Sache unter anderem auch gewachsen, weil er ihr offen von seiner Familie berichtet hatte. Es zeugte von einer gewissen Ehrlichkeit, sie hätte ja nie davon erfahren. Natürlich bestand noch das Restrisiko, an einen Psychopathen zu geraten, dem konnte sie jedoch genauso gut tagtäglich im Supermarkt oder auf der Straße begegnen.
Sie legte das Tagebuch beiseite, es war nun schummerig und eine leichte Brise umspielte ihre nackten Beine. Das Kerzenlicht flackerte auf dem Tisch. Maira schloss die Augen und stellte sich vor, von einem Mann ohne Gesicht geliebt zu werden. Geheimnisvoll. Aber wer sagte, dass es überhaupt so weit kommen würde …? Ihr wurde gleichzeitig kalt und heiß, während sie sich von dem Gedanken weitertragen ließ.
Sie musste eingeschlafen sein, denn als sie erwachte, herrschte dunkle Nacht und das Kerzenlicht zeichnete gespenstische Schatten an die Wand. Auch Pacino war verschwunden. Sie packte ihre Sachen zusammen und zog sich in die Wohnung zurück.
Er hatte geschrieben, dass er bald zurück sein würde, aber als Maira bei ›Room2Chat‹ nach FEUER33 suchte, war von seinem Nickname nichts zu sehen. Da das Chatten ohne ihn keinen Spaß bereitete, hinterließ sie eine Nachricht in seiner Mailbox und meldete sich ab.
von SECRETS an FEUER33:
Klingt irgendwie verlockend … ohne Licht … im Hotelzimmer … Ich schreibe dir morgen meine Antwort. Bis dann: Secret Kisses
14
Alex ging in seinem Büro Verträge durch, die unbedingt bis zum Mittag unterzeichnet und zur Post gebracht werden mussten. Da seine Assistentin ihren freien Tag hatte, war dies heute seine Aufgabe. Obwohl es ihn juckte, im Chat einzuloggen, musste das noch Zeit haben. Dann würde er die Wochenendangebote des Le Grand durchsehen, denn dass sie zusagte, war für ihn so gut wie sicher. Das Abendessen mit Deborah hatte sich hingezogen und danach war es nicht mehr möglich gewesen, sich einzuloggen, was ihn frustriert hatte. Andererseits war ihre Reaktion auf seine Abwesenheit am Wochenende recht cool ausgefallen, ohne nachzufragen, hatte sie es zur Kenntnis genommen und irgendetwas von eigener Arbeit, die sie zu erledigen hätte, gemurmelt. Alex wurde durch Klingeln an der Tür jäh aus seinen Gedanken gerissen. Er erhob sich und lief in den Flur. Als er die Eingangstür öffnete, stand der Postbote vor ihm.
»Guten Tag, Herr Sailer. Die Tür unten war offen. Das ist für Sie.« Er streckte ihm ein längliches Paket entgegen. Die Adresse war von Hand geschrieben.
»Guten Tag. Danke.« Alex nahm das Postgut entgegen und der Briefträger hielt ihm eine kleine Tafel zum unterschreiben und einen Stift hin.
»Und hier benötige ich Ihre Unterschrift.«
Alex unterschrieb und gab den Stift zurück.
»Danke.« Der Briefträger klemmte die Tafel wieder unter den Arm. »Und einen schönen Tag noch.«
»Ihnen auch, danke.«
Nachdem er die Tür geschlossen hatte, ging Alex in die Büroküche und platzierte das Paket vor sich auf den Tresen. Er war irritiert. Die Briefmarken und der Poststempel stammten aus England. Ein kurzes Angstgefühl befiel ihn, aber er schüttelte es ab und fragte sich zum wiederholten Male, warum er bei jeder Kleinigkeit immer noch in Panik geriet. Aus dem Nebenraum hörte er, wie ein Mitarbeiter ein Telefonat führte. Die Grafikerin lief im Flur vorbei und er grüßte sie. Er sah sich nach einem Messer um. In dem Moment klingelte das Telefon in seinem Büro. Er nahm das Paket und ging zurück zu seinem Schreibtisch, wo er es erst mal in der verschließbaren Schublade verstaute und sich dem Kundengespräch widmete. Nach einer anstrengenden Debatte mit Beaulines Chefgrafiker über die neuen Broschüren hatte er das Paket schon wieder vergessen. Etwas später loggte er sich bei ›Room2Chat‹ ein.
Eine Nachricht von ihr erwartete ihn.
SECRETS:
Klingt irgendwie verlockend … ohne Licht … im Hotelzimmer …
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