Blind Date mit Folgen - Roman
Ich schreibe dir morgen meine Antwort. Bis dann: Secret Kisses
Er sah auf das Datum und stellte fest, dass sie dies gestern Abend gesendet hatte. Dann las er die soeben erhaltenen Zeilen.
SECRETS:
Okay, machen wirs. :-) Blind wie Blind Date. Wann?
Alex lächelte. Ohne ihr zu antworten – dafür würde er später mehr Zeit haben –, rief er die Internetseite des Le Grand auf. Es war zwar keine günstige Bleibe, zählte es doch zu den ›Leading Hotels of the World‹, aber er kannte das Hotel von früheren Geschäftsreisen und hatte dort bereits Kunden untergebracht. Er schätzte das diskrete Ambiente und den eleganten, antiken Stil des Fünfsternehauses und hielt es für ein solches Treffen für angebracht. Er studierte kurz die Angebote und entschied sich dann für ein Deluxe-Zimmer. Heute war Mittwoch und da nicht zu viel Zeit verstreichen sollte, wollte er ihr diesen Samstag vorschlagen. Er klickte auf ›Verfügbarkeit‹ am Samstag und erhielt die Rückmeldung, dass noch Zimmer frei waren. Bevor er die Reservationsangaben ausfüllte, benötigte er ihre Zustimmung; ansonsten kämen noch Freitag- oder Sonntagabend infrage. Er schrieb SECRETS eine Antwort zurück. Bei Deborah hatte er von ›einem Geschäftsmeeting in München irgendwann am Wochenende, er wüsste es noch nicht genau‹ gesprochen, also konnte er den Termin für das Date ohne Weiteres anpassen.
Sein Lächeln verschwand plötzlich und sein Vorhaben wurde ihm zum ersten Mal so richtig bewusst. Er starrte auf die Tastatur, mittels der er soeben zu einer Nacht im Hotelzimmer eingeladen hatte. Eine Frau, die nicht seine war. Alex, was tust du eigentlich? Er fuhr sich mit der Hand über die Stirn und rieb sich die Augen. Du bist das letzte Arschloch. Diese Erkenntnis traf ihn wie ein Hammer. Hatte er nicht stets jene Männer verurteilt, die ihre Frauen betrogen, aus welchem Grunde auch immer? Genauso die Ehebrecherinnen, nur kamen ihm diese Geschichten viel seltener zu Ohren. Und war er nicht immer überzeugt gewesen, dass sein Verlangen nach einer anderen Frau nie stärker sein würde als die Liebe zu Deborah? Nicht nach vielen Ehejahren und auch nicht in einer Krise, die er immer zu meistern bereit gewesen war, ohne sich außerhalb der Partnerschaft nach einer anderen, besseren Möglichkeit umzusehen. Denn günstige Gelegenheiten gab es immer, aber die Kunst war doch die, dass man stets an seiner Beziehung arbeitete, zu zweit, und ohne dass ein Partner gleich ausscherte. Diese Moralvorstellungen, die er von seinen Eltern vermittelt bekam, waren doch tief in ihm verankert! Warum nur war er jetzt außer Stande, die Sehnsucht zu bremsen und sich auf seine Werte zurückzubesinnen?
Er fühlte sich hilflos, obwohl er wusste, dass dies totaler Quatsch war. Du tust nur das, was du tun willst. Keiner zwingt dich zu irgendwas. Du bestimmst deine Taten. Und wenn du dem Drang nicht widerstehen kannst, dann liegt das ganz allein in deiner Verantwortung.
Er wollte kein Arschloch sein. Aber er wollte das Date mit SECRETS auch nicht absagen. Alex fühlte sich schlecht. Er loggte sich aus und versuchte sich wieder auf seine Arbeit zu konzentrieren.
15
FEUER33:
Hallo, Secrets. Cool, dass du mitmachst. Ich habe für diesen Samstagabend ein Zimmer reserviert. Hotel Le Grand, Friedrichstraße in München. Zimmer 215. Die Tür wird angelehnt sein, das Zimmer total abgedunkelt. Ich werde ab 20 Uhr dort sein und auf dich warten. Feuer.
PS: Gib mir bitte heute Abend Bescheid.
Maira erhielt die Nachricht, als sie abends nach dem Joggen nach Hause zurückkehrte. Sie las die Zeilen zweimal durch, dann holte sie sich eine Dose Eistee aus dem Kühlschrank und ließ sich erschöpft auf die Wohnzimmercouch fallen. Sie war mit Eveline am Seeufer entlanggelaufen, zwar in einem gemächlicheren Tempo als üblich, dafür hatten sie fast zwei Kilometer mehr als sonst zurückgelegt, weil sie für ihre Chat-Erzählung eine längere Strecke benötigte. Da sie diese Trainingseinheiten ein- bis zweimal pro Woche seit sieben Jahren durchzogen, waren sie beide trainierte Läuferinnen, sodass Joggen und gleichzeitiges Sprechen sie nicht zu sehr außer Atem brachte. Im Gegenteil, das Geplapper ließ sie die Anstrengung vergessen und gleichzeitig konnten sie die letzten Neuigkeiten austauschen.
Weil Eves Wohnung näher lag, waren sie für die Analyse der Geschehnisse (zu welcher sie immer erst am Schluss des gesamten Berichtes überwechselten) zu ihr gelaufen,
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