Blind ist der, der nicht lieben will
Nacken, der unter seinen Fingern leicht prickelte, bevor er nickte. Als Tristan den Mund öffnete, um etwas zu sagen, würgte er ihn umgehend ab. „Ich will nicht darüber reden!“ Nick senkte den Kopf, als Tristan daraufhin leise seufzte. „Tut mir leid.“
„Ich weiß, aber das wird dir auf Dauer nicht helfen.“
Als wenn er das nicht wüsste. Nick beließ es bei einem Schweigen und war heilfroh, dass Tristan nicht weiter nachhakte. Dann fiel ihm etwas ein. „Dein Vater weiß es jetzt übrigens auch.“ Tristan sagte nichts dazu, worauf er sich genötigt fühlte weiter zu reden. „Ich wollte es ihm nicht erzählen, aber... keine Ahnung, was mit mir los ist.“ Nick wusste es wirklich nicht und das machte ihn schier verrückt. „Irgendwie kann ich... es kommt auf einmal alles wieder hoch... ich kann es nicht stoppen.“
„Wegen mir?“
„Ich habe keine Ahnung und das macht mich noch wahnsinnig“. Nick sah auf, als Tristans Hand in seinem Blickfeld auftauchte und nach seiner griff, um sie sanft zu drücken. Er verschränkte wieder ihre Finger ineinander, bevor er sagte, „Entschuldige. Ich weiß nicht, was in mich gefahren ist, dich zu schlagen.“
„Mir tut es auch leid, was ich wegen deinem Vater zu dir gesagt habe“, entschuldigte sich Tristan und lächelte vorsichtig. „Komm' schon. Wir haben genug Trübsal geblasen für heute.“
Bevor er nachfragen konnte, was Tristan damit meinte, legte der sich wieder hin und zog ihn hinter sich, seine Hand dabei wie zuvor über seine Hüfte legend. Nick seufzte wohlig, als Tristan sich nah an ihn schmiegte, und schloss die Augen. Vielleicht hatte er Glück und schlief wirklich nochmal ein. Schaden täte es ihm auf keinen Fall, gestand sich Nick ein.
„Was hältst du davon, wenn wir ab sofort damit aufhören ständig Blödsinn zu veranstalten und stattdessen anfangen, endlich unsere Leben auf die Reihe zu kriegen?“
Nick schmunzelte. „Guter Plan. Und dann?“
„Fliegen wir nach New York. Du schuldest mir eine Stadtführung und ein Konzert. Und danach feiern wir, bis der Arzt kommt.“
Stadtführung? Wann hatten sie das denn vereinbart? Aber er hatte nichts dagegen, Tristan ein wenig die Stadt zu zeigen, wenn sie eh schon mal im 'Big Apple' waren. Außerdem konnte er das Grinsen in dessen Stimme genau hören, was ihn erstens ebenfalls zum grinsen brachte und zweitens, ein sehr deutliches Zeichen dafür war, dass Tristan ihn gerade veralberte. Und Letzteres würde er umgehend an seinen Freund zurückgeben.
„Du meinst also, wir sollten deinen Dad gleich mitnehmen, zwecks Behandlung eventueller Partyschäden?“, fragte er unschuldig.
„Gott bewahre.“ Tristan stöhnte entsetzt auf, was ihn losprusten ließ. „Nick Kendall! Du bist ein Widerling.“
„Ja, ich liebe dich auch“, kicherte Nick albern und vergrub sein Gesicht in Tristans Nacken, als der resignierend seufzte.
„Nick?“
„Hm?“
Tristan schwieg kurz, bevor er erneut seufzte und murmelte, „Ach nichts. Lass uns noch etwas schlafen.“
„Okay“, stimmte Nick zu, fragte sich aber gleichzeitig, was hier gerade passiert war, denn ihm war sehr wohl bewusst, dass Tristan ihm etwas hatte sagen wollen, es aber nicht getan hatte. Nur warum nicht? Irgendetwas stand immer noch zwischen ihnen, Nick wusste es und hatte gleichzeitig keine Ahnung, was er dagegen tun sollte.
Nick zog mit einer total übertriebenen Geste die Tür der Kanzlei auf, genau im gleichen Moment, als das Telefon zu klingeln anfing. „Bitte sehr, Monsieur.“
„Merci, mon ami.“
Tristan grinste ihn an und trat in den Flur. Diesen Spaß trieben sie bei jeder dazu passenden Gelegenheit, seit sie vor zwei Wochen nach Baltimore zurück gefahren waren. Nick wusste nicht, wer von ihnen zuerst damit angefangen hatte, aber ihm gefielen die kleinen und albernen Neckereien, die Linda bereits mehrfach zum Lachen gebracht hatten, während Tom, Tristans süßer, aber leider auch vergebene Theaterkollege, jedes Mal den Kopf darüber schüttelte und sie als kindisch betitelte, was auch stimmte. Es störte Nick allerdings nicht die Bohne.
Dazu freute er sich im Augenblick viel zu sehr darüber, dass es Tristan gut ging, dass er den Entzug überstanden hatte und sich in seiner Therapiegruppe bei den Anonymen Alkoholikern wohl, aber vor allem, sicher aufgehoben fühlte, die sogar ihn, obwohl er nur ein Freund war, genauso offen empfangen hatten wie Tristan selbst. Und auch wenn er sich anfangs dagegen gesträubt hatte,
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