Blind ist der, der nicht lieben will
weil es ihm wie eine Bevormundung vorgekommen war, musste Nick sich mittlerweile eingestehen, dass es ihm verdammt guttat, dass Tristan dreimal die Woche abends in der Kanzlei auftauchte, um mit ihm essen zu gehen, oder das Essen gleich mitbrachte.
Daniels Idee, mit dem er sich genauso ausgesprochen hatte, wie auch die Brüder den Abend vor ihrer Abfahrt fast vier Stunden lang mit Zeke spazieren gewesen waren, um in aller Ruhe miteinander zu reden. Es war noch nicht alles perfekt, aber es ging aufwärts in ihren Leben und Nick wollte alles in seiner Macht stehende dafür tun, dass das auch so blieb.
„Mister Kendall, Staatsanwalt Quinlan für Sie.“ Linda hielt eine Hand über den Hörer. „Er sagt, es wäre wichtig.“
Adrian. Ein Punkt in seinem Leben, der ihm momentan noch einiges an Kopfzerbrechen bereitete, denn durch Tristans häufige Besuche bei ihm, hatten die Zwei sich natürlich auch schon kennengelernt. An sich kein Problem, hatte Nick zumindest gedacht, aber Adrian hielt penibel Abstand zu Tristan und das mehr als offensichtlich. Umgekehrt war es das Gleiche und das irritierte Nick gewaltig, da Tristan eigentlich offen auf Menschen zuging. Es ging ihm dabei nicht einmal darum, dass die beiden Freunde wurden, im Gegenteil, das wollte Nick nun auch wieder nicht, aber dieses beständige umeinander herumschleichen ließ ihn immer wieder aufs Neues die Stirn runzeln. Als würden sie sich gegenseitig und in aller Ruhe taxieren und abschätzen. Nur wieso?
Aber dafür hatte er jetzt keine Zeit. Sie waren sowieso schon zu spät dran. Was auch immer so wichtig war, Adrian würde ohne ihn damit klarkommen müssen. Dieses Wochenende gehörte nur Tristan und ihm. Sie hatten zu lange dafür gekämpft, als dass er es im letzten Moment durch Adrian kaputtmachen lassen würde. Er schaute zu Linda und schüttelte stumm den Kopf, was sie grinsen ließ, bevor sie den Hörer wieder ans Ohr nahm.
„Es tut mir leid, Mister Quinlan. Mister Kendall war schon weg“, hörte Nick sie äußerst zufrieden sagen, während er mit Tristan aus seiner Kanzlei schlich, als wären sie zwei Schwerverbrecher.
Draußen prustete der los. „Linda ist echt 'ne Wucht.“
„Ja, das ist sie.“ Nick grinste. „Und sie ist voll und ganz auf deiner Seite, was deine Überfälle mit Essen angeht.“ Tristan sah ihn gespielt unschuldig an, was ihn lachen ließ. „Das zieht nicht, du kleine Nervensäge. Und jetzt Abmarsch. Sonst kommen wir wegen dir wirklich noch zu spät.“
„Das war nicht meine Schuld.“ Tristan lief leicht rot an, als er ihn amüsiert ansah. „Jedenfalls war es keine Absicht.“
„Du hast eben einen Kopf wie ein Sieb.“ Nick lachte erneut, als Tristan ihn daraufhin empört ansah. „Na stimmt doch. Wenn du nicht unsere Tickets in deiner Küche liegengelassen hättest, hätten wir vorhin nicht nochmal in deine Wohnung gemusst. Und wenn du wegen eben jener vergessenen Tickets nicht gedrängelt, beziehungsweise nicht deine Tasche bei mir im Büro stehengelassen hättest, wären wir bereits seit einer Stunde am Flughafen.“
„Pfft“, machte Tristan, grinste dabei aber. „Gib's ruhig zu, du genießt das richtig.“
„Was?“ Er tat unschuldig. „Dass du ein Schusselkopf bist?“
„Nick!“
Nick prustete los, während sie zur Straße liefen, um ein Taxi zu nehmen. Die letzten Tage waren so schnell vergangen, dass er sich schon wieder fragte, wo eigentlich die Zeit blieb. Andererseits, Nick freute sich riesig auf die zwei Tage New York mit Tristan. Kein Büro, kein überquellender Schreibtisch, kein Telefonklingeln. Nur er, Tristan und 'The Big Apple'. Weit weg von allem Stress, den er im Büro, aber im Moment vor allem mit Adrian hatte. Seinem Staatsanwalt gefiel nämlich gar nicht, dass Nicks Prioritäten seit dem Campingwochenende und dem Chaos danach nicht mehr bei ihm, der Kanzlei und seiner Arbeit lagen, sondern bei Tristan. Vorwerfen konnte Adrian ihm das allerdings nicht, da er bei seinen Fällen aktuell wieder gut vorankam und sich auch sonst keine Patzer mehr erlaubt hatte.
Was nicht hieß, dass Adrian das geplante Wochenende in New York gut geheißen hätte. Im Gegenteil. Nick stritt sich normalerweise gern mit Adrian, verbal und vor allem körperlich, nur würde er das wohl besser für sich behalten. Tristan musste nicht alles wissen. Trotzdem hatte er den Teufel getan und Adrian nachgegeben, als der ihn gefragt hatte, ob sie das Wochenende in seinem Apartment etwas außerhalb der Stadt
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