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Blind vor Wut

Blind vor Wut

Titel: Blind vor Wut Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: J Thompson
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rief ich die Nummer auf Mutters Visitenkarte an und gab der Frau, die abhob, die Zimmernummer. Mary Smith würde innerhalb von einer halben Stunde dort sein, erklärte sie.
    »Ich nehme wahrscheinlich eine Dusche«, sagte ich, »ich lasse die Tür unverschlossen. Sie soll einfach hereinkommen.«
    »Jawohl, Sir. Ich werde es ihr ausrichten.«
    Ich legte auf, rauchte eine Zigarette und dachte nach.
    Ich hatte ein Zimmer bekommen, aber nur, weil sie mir eins geben mussten. Der Empfangschef hielt mich für einen üblen Burschen, und seine Meinung würde nicht ungehört bleiben. Die Warnung würde herausgehen, und bei dem allerkleinsten Vergehen meinerseits würde es zu einer sofortigen Reaktion ihrerseits kommen. Zu einer unangenehmen Reaktion. Ich hatte mir mit Gewalt Zutritt zum Hotel verschafft. Das Hotel würde sich freuen, mich mit Gewalt wieder hinauszubefördern – am liebsten mit einem Tritt in den Hintern.
    Mit einem Wort, genauer gesagt, mit sechs, musste ich ganz, ganz vorsichtig sein. Das bedeutete, dass ich Mary Smith nicht all das verpassen konnte, was sie verdiente.
    Eine Kostprobe davon, vielleicht. Eine ordentliche Kostprobe. Aber nicht die ganze Packung.
    Nichts, was sie zum Schreien bringen würde.
    Ich stieg aus meiner Unterhose und ging ins Bad. Dort drehte ich kein Wasser an, denn ich wollte ihre Ankunft mitbekommen. Ich wartete lange, zumindest kam es mir so vor, doch schließlich schloss sich die Zimmertür mit einem leisen Schlag – ich hatte sie nicht aufgehen hören –, und sie rief mir fröhlich zu: »Wie geht es Ihnen, Doktor?«
    Ich schloss die Tür zur Dusche mit einem lauten Geräusch, so als hätte ich sie nicht gehört, und drehte das Wasser an.
    Fünf Minuten später etwa kam sie ins Bad und setzte sich auf die Kloschüssel, eine Tatsache, die ich nicht sah, nur vermutete, weil ihre Stimme aus dieser Richtung kam.
    »Sie haben mir ganz schöne Scherereien bereitet, Steven. Mein Sohn nervt mich wegen dieser Essenseinladung, die Sie ausgeschlagen haben, ob ich wisse, warum Sie ihm noch nicht mal einen Grund dafür genannt haben und ihren Kindern sagen, sie sollen sich von ihm fernhalten. Ich werde Sie nicht ausschimpfen, aber ich finde, das hätten Sie besser regeln können. Ich weiß jedenfalls, dass ich Sie nicht derart in die Klemme gebracht hätte.«
    Ich machte gedämpfte Geräusche, die man im Lärm der Dusche wohl als Reaktion deuten konnte. Da sie eh immer mehr daran interessiert war zu sprechen, statt zuzuhören, nahm sie das so hin.
    »Wissen Sie was, Steven? Ich habe zwei und zwei zusammengezählt, und es könnte durchaus sein, dass er Ihr Sohn ist. Zeitlich kommt es jedenfalls hin. Er kam etwa neun Monate nach unserer ersten Verabredung zur Welt – als ich so wütend auf Sie wurde, erinnern Sie sich noch? Natürlich war ich damals ziemlich verwirrt im Kopf; ich war ja noch fast ein Kind. Aber …«
    Ich drehte das Wasser auf, weil ich nichts mehr davon hören wollte. Himmel, dachte ich, das wäre ja wirklich nicht zu ertragen. Als ich es zwei, drei Minuten später wieder abdrehte, schnatterte sie allerdings immer noch über das Thema.
    »… also vertue ich mich da wohl, ich war noch nie gut mit Zahlen. Aber machen Sie sich keine Gedanken deswegen. Ich habe nicht vor, eine Vaterschaftsklage einzureichen oder sonst etwas Albernes. Außerdem, na ja, wahrscheinlich haben Sie eh vergessen, was ich Ihnen damals gesagt habe, als wir beide so high waren, oder vielleicht haben Sie das für einen Scherz gehalten. Aber es könnte so sein. Sie haben mir ja selbst erzählt, dass es schon Fälle gegeben hat, bei denen die Frau schwanger geworden ist, ohne dass ein Mann eingedrungen wäre, also, warum nicht auch bei mir? Schließlich heiße ich Mary, und …«
    Himmel, Arsch, dachte ich wieder. Himmel, Arsch und Wolkenbruch! Ich drehte das Wasser wieder auf, aber das war gar nicht nötig. Sie hatte zu urinieren begonnen – ich konnte es in der Kloschüssel plätschern hören –, und dazu brauchte sie alle Konzentration, die sie aufbringen konnte. Sie konnte nicht gleichzeitig pinkeln und sprechen. Vielleicht ein paar Wörter oder ein, zwei kurze Sätze. Mehr nicht.
    Während sie ihre Blase entleerte, drehte ich das Wasser zu und trocknete mich ab. Ich fragte mich, wie viel Irrsinn hier mitspielte, etwas, wofür sie nichts konnte, und wie viel Schau oder Rationalisierung war. Eine Art, sich selbst etwas vorzumachen und vielleicht das Mitleid anderer zu erregen.
    Ich schwankte zwischen

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