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Blind

Blind

Titel: Blind Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Joe Hill
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hat. Sie hat ihn angespuckt. Sie wollte ihn umbringen, wollte ihn die Treppe runterstoßen, einen alten, schwachen Mann. Sie hat uns bedroht, uns alle. Sie hat gesagt, dass sie uns Reese wegnehmen würde. Sie hat gesagt, dass sie Daddy ins Gefängnis bringen würde, mit Ihrem Geld und mit Ihren Rechtsanwälten.«
    »Ach, dann hatte er also gar keine andere Wahl?«, sagte Jude. »Was er gemacht hat, war quasi Notwehr?«
    Kurz huschte etwas über Jessicas Gesicht, das so schnell aufflackerte und wieder verschwand, dass Jude fast glaubte, er hätte es sich nur eingebildet. Ein ganz kurzes Zucken ihrer Mundwinkel, das so aussah wie ein niederträchtiges, verschlagenes, abstoßendes Lächeln. Sie setzte sich etwas auf. Als sie wieder sprach, klang ihre Stimme oberlehrerhaft und sentimental. »Meine Schwester war krank. Sie war verwirrt und schon lange selbstmordgefährdet. Jeder hat gewusst, dass Anna sich irgendwann die Pulsadern aufschneiden würde. Es gibt niemanden, der etwas anderes behaupten kann.«
    »Doch, Anna«, sagte Jude. Als er die Verwirrung auf Jessicas Gesicht sah, fügte er hinzu: »In letzter Zeit habe ich viele Geschichten von toten Leuten gehört.
    Das Ganze war immer unlogisch. Wenn Sie mir einen Geist auf den Hals hetzen wollten, warum dann nicht Anna? Warum Daddy schicken, wenn ihr Tod doch meine Schuld war? Was ich getan habe, ist nämlich gar nicht der Grund, warum Ihr Stiefvater hinter mir her ist. Der Grund ist, was er getan hat.«
    »Woher nehmen Sie eigentlich die Frechheit, meinen Stiefvater als Kinderschänder zu bezeichnen? Wie viele Jahre sind Sie denn älter als die Nutte, die da hinter Ihnen steht? Dreißig? Vierzig?«
    »Passen Sie auf, was Sie sagen«, sagte Jude und nahm das Montiereisen fester in die Hand.
    »Alles, worum unser Stiefvater uns gebeten hat, hat er sich verdient«, sagte Jessica, die sich nicht im Zaum halten konnte. »Ich habe das immer verstanden. Und meine Tochter hat das auch verstanden. Aber Anna hat immer alles in den Schmutz gezogen, hat ihn behandelt wie einen Vergewaltiger, obwohl er nichts mit Reese getan hat, was sie nicht wollte. Sie hätte Craddock die letzten Tage auf Erden ruiniert, nur um sich bei Ihnen wieder lieb Kind zu machen, nur damit Sie sich wieder für sie interessieren. Jetzt sehen Sie ja, wohin das führt, wenn man Menschen gegen ihre eigene Familie aufhetzt, wenn man seine Nase in anderer Leute Angelegenheiten steckt.«
    »Mein Gott«, sagte Marybeth. »Wenn ich das alles richtig verstehe, was sie da sagt, dann ist das so ziemlich die perverseste Unterhaltung, die ich je gehört habe.«
    Jude stellte ein Knie zwischen Jessicas Beine und drückte sie mit seiner verletzten linken Hand zurück auf den Boden. »Jetzt reicht's. Wenn ich mir noch mehr davon anhören muss, was Ihr Stiefvater sich alles verdient hat und wie sehr er sie alle geliebt hat, dann muss ich kotzen. Wie kann ich mir ihn vom Hals schaffen? Sagen Sie mir, wie ich ihn loswerde, und wir marschierenhier raus, und die Sache ist erledigt.« Ob er das auch wirklich so meinte, wusste er selbst nicht.
    »Was ist mit dem Anzug passiert?«, fragte Jessica.
    »Was zum Teufel spielt das für eine Rolle?«
    »Er ist weg, stimmt's? Sie haben den Anzug des toten Mannes gekauft, und jetzt ist er weg. Sie können Daddy nicht mehr loswerden. Der Verkauf ist unwiderruflich. Keine Rückgabe, erst recht nicht, wenn der Artikel beschädigt worden ist. Es ist vorbei. Sie sind tot. Sie und Ihre kleine Hure da. Er wird nicht nachlassen, bis Sie beide unter der Erde sind.«
    Jude beugte sich vor, legte ihr das Montiereisen quer über den Hals und drückte leicht zu. Sie würgte. »Nein«, sagte Jude. »So nicht. Entweder gibt es eine bessere Möglichkeit, oder … Nehmen Sie Ihre Scheißfinger da weg!« Sie zerrte mit beiden Händen an seiner Gürtelschnalle. Er zuckte zurück, nahm dabei das Eisen von ihrer Kehle, und sie fing an zu lachen.
    »Finger weg.«
    »Wenn das einer hören könnte. Der große harte Bursche. Der große Rockstar. Sie haben Angst vor mir, Sie haben Angst vor meinem Vater, und Sie haben Angst vor sich selbst. Gut so. Das sollten Sie auch. Sie werden nämlich sterben. Durch Ihre eigene Hand. Ich kann auf Ihren Augen die Todesflecken sehen.« Sie schaute kurz zu Marybeth. »Bei Ihnen auch, Schätzchen. Denn bevor er sich selbst umbringt, wird er Sie umbringen. Ich wollte, ich könnte das sehen. Ich würde gern sehen, wie er es macht. Ich hoffe, er macht's mit dem Messer, ich hoffe,

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