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Blinde Flecken: Schwarz ermittelt

Blinde Flecken: Schwarz ermittelt

Titel: Blinde Flecken: Schwarz ermittelt Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Peter Probst
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Stimme einer alten Frau, die telefonierte.
    Im fünften Stock lauschte er an der Tür. Alles war still. Er drehte den Schlüssel herum.
    Die Luft in der Wohnung war stickig. Schwarz riss das Fenster auf, die Wolke aus altem Schweißgeruch und Bierdunst vermischte sich mit hereindrängenden Autoabgasen. Er setzte sich auf den einzigen Stuhl und ließ den Raum auf sich wirken. Marco hatte nicht mehr aufgeräumt, im Gegenteil. Am Boden lagen zerknüllte Papiertücher und ein aufgeschlagenes Pornoheft. Die Bildergeschichte zeigte eine ältere Frau, die einen minderjährigen Jungen verführte. Sie trug eine offene Polizeijacke, aus der ihre riesigen Brüste hingen. Schwarz hatte nie verstanden, was an einer Polizeiuniform erotisch sein sollte.
    Er schob das Heft mit dem Fuß zu Seite und stützte seinen Kopf in die Hände. Wieso war Marco abgehauen? Wenn er am Brandanschlag in der Gollierstraße beteiligt gewesen war, gab es eigentlich keinen Grund mehr, vor den Kameraden Angst zu haben. Hatten sie ihm trotzdem nicht getraut? Wieso war er erst in Loewis Wohnung zurückgekehrt, dann aber doch verschwunden? Was bloß hatte ihn in solche Panik versetzt?
    Klar war, dass Marcos Mutter ihrem Sohn einen Bärendienst erwiesen hatte. Mit ihrem hilflosen Versuch, ihnfreizukaufen, hatte sie ihn bei seinen Kameraden womöglich erst richtig verdächtig gemacht.
    Ein Knarren der Treppe ließ Schwarz zusammenzucken. Schritte näherten sich und blieben vor der Tür stehen. Es klingelte.
    »Hallo«, sagte eine tiefe Stimme. »Ist jemand zu Hause?«
    Der Mann sprach mit Akzent. Kein
Deutschlandtreuer
, dachte Schwarz, eher einer, den diese Dumpfbacken aus dem Land jagen wollen. Trotzdem ging er kein Risiko ein und verhielt sich ruhig.
    »Gibt kein Wasser nächste Stunde«, rief der Mann. »Auch nicht für Toilette.«
    Schwarz hörte, wie er die Treppe wieder nach unten stieg und an der nächsten Wohnung klingelte. Dort hatte er mehr Erfolg.
    »Guten Morgen. Gibt kein Wasser nächste Stunde, auch nicht für Toilette.«
    Toilette
war eines der Reizwörter, auf das jeder Ermittler sofort ansprang. Wieso eigentlich, dachte Schwarz, werden Drogen, gestohlener Schmuck oder verräterische Dokumente immer auf dem Klo versteckt? Um sie im Notfall rasch in die Kanalisation spülen zu können oder weil Kriminelle meinen, Toiletten würden weniger genau durchsucht als behagliche Wohnzimmer? Ein Irrtum. Vor allem in seinen Anfangsjahren bei der Polizei hatte Schwarz unzählige Spülkästen geöffnet, Armaturen abgeschraubt und Klodeckel hochgehoben. Später hatte er begriffen, dass der Erkenntnisgewinn beim Blick in eine verschissene Schüssel regelmäßig gering war.
    Schwarz brauchte auch hier dreißig Sekunden, um festzustellen, dass diese Toilette kein Geheimnis barg. Der Deckel des Spülkastens fehlte ebenso wie das obligatorische Schränkchen unter dem Waschbecken, auch der Linoleumbodenwar nirgendwo angehoben worden. Für eine Dusche oder Badewanne war in dem schlauchartigen Raum kein Platz.
    Als Schwarz in das Zimmer, in dem Marco Kessler gehaust hatte, zurückkam, stutzte er. Irgendetwas war verändert.
    Es lag am Licht. Die Sonne, die gerade noch hinter einem Dachvorsprung gestanden hatte, beleuchtete jetzt den Holzboden im vorderen Drittel des Zimmers. Schwarz starrte auf die Stelle vor dem Stuhl, wo erst das Pornoheft gelegen hatte. Es sah aus, als habe dort jemand mit einem Messer oder Nagel Zeichen ins Holz geritzt. Als er sich hinabbeugte, konnte er nichts entziffern. Offenbar war der Boden im Nachhinein poliert worden.
    Schwarz überlegte kurz, holte dann den Wohnungsschlüssel aus der Hosentasche und kratzte eine Weile Farbe von der Wand. Loewi würde es ihm verzeihen. Er trug den weißen Staub mit Hilfe einer Seite aus dem Pornoheft zur Stelle am Boden und schob ihn behutsam mit den Fingerspitzen in die Kratzer.
    Seine Wahrnehmung hatte ihn nicht getrogen. Es waren Buchstaben: USRO-M.

34.
    Schwarz saß im
Freiheit
, trank die dritte Tasse Espresso doppio und starrte auf den vorbeirauschenden Verkehr. Er hatte die fünf Buchstaben in einem Internetcafé gegoogelt – ohne Erfolg. Er hatte sie in Gedanken hundert Mal wiederholt und in allen möglichen Kombinationen auf eine Serviette gekritzelt. Was bedeuteten sie? Warum hatte Marco sie erst notiert und dann zu verwischen versucht? Handeltees sich um die Anfangsbuchstaben irgendeines rechten Slogans? Um einen Geheimcode der Gruppe? Oder schlicht um eine Produktbezeichnung?
    Plötzlich

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