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Blinde Goettin

Blinde Goettin

Titel: Blinde Goettin Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Anne Holt
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Im letzten halben Jahr sind wir allerdings nicht oft dazu gekommen. Er war viel im Ausland. Ich war ihm wohl auch nicht mehr so wichtig, nehme ich an.« Peter Strup richtete sich auf, holte Luft und fuhr fort: »Ich Idiot. Ich dachte, es ginge um eine Frauengeschichte. Bei seiner ersten Scheidung war ich wohl ein bißchen väterlich streng. Als er sich so zurückzog, habe ich angenommen, daß nun die nächste Ehe in die Brüche ging und daß er von meinen Vorwürfen verschont bleiben wollte.«
    »Aber wann hast du begriffen, daß etwas nicht stimmte? Daß etwas wirklich Schlimmes anlag, meine ich?«
    »Ich weiß es nicht genau. Gegen Ende September kam mir langsam die Ahnung, daß irgendwer in unserer Branche Nebengeschäfte betrieb. Es fing damit an, daß ein Mandant von mir einen Zusammenbruch hatte. Ein armer Teufel, den ich schon seit Ewigkeiten vertrat. Er weinte und war außer sich. Dann stellte sich heraus, daß es ihm vor allem darum ging, daß ich mich um einen jungen Freund von ihm kümmerte. Einen jungen Niederländer. Han van der Kerch.«
    »War das der, der im Gefängnis Selbstmord begangen hat? Um den es soviel Geschrei gab?«
    »Genau. Du weißt ja selbst, wie die Jungs ihre Kumpels anschleppen, um auch für die Hilfe zu bekommen. Das ist nichts Ungewöhnliches. Aber nach dreistündigem Geflenne erzählte er mir, es gebe eine Drogenorganisation, hinter der ein oder zwei Juristen steckten; fast schon eine Bande. Oder eine Mafia. Ich war äußerst skeptisch. Trotzdem fand ich es angebracht, der Sache ein bißchen genauer nachzugehen. Als erstes habe ich versucht, mit dem Niederländer zu sprechen. Ich habe meine Dienste angeboten. Aber Karen Borg war unerschütterlich.« Er lachte ein kurzes, trockenes, absolut freudloses Lachen. »Diese Absage hätte sie fast das Leben gekostet. Na ja, als mir die Hauptquelle versperrt war, mußte ich auf Umwege ausweichen. Zeitweise bin ich mir wie ein billiger amerikanischer Detektiv vorgekommen. Ich habe an den seltsamsten Orten mit Leuten geredet, zu den absurdesten Zeitpunkten. Aber irgendwie … war das auch spannend.«
    »Aber, Peter«, fragte der andere leise, »warum bist du nicht zur Polizei gegangen?«
    »Zur Polizei?« Er sah seinen Freund an, als habe der soeben einen Massenmord vor dem Mittagessen vorgeschlagen. »Was in aller Welt hätte ich denen denn sagen sollen? Ich hatte doch nichts Konkretes. Was das angeht, hege ich den Verdacht, daß die Polizei und ich ein gemeinsames Problem hatten: Wir haben geahnt und geglaubt und angenommen, aber wir konnten nicht das Geringste beweisen. Weißt du, wie sich mein keimender Verdacht gegen Jørgen zum erstenmal konkretisiert hat?«
    Bloch-Hansen schüttelte leicht den Kopf.
    »Ich habe diesen Mandanten an die Wand gestellt, genauer gesagt, ich habe ihn auf einen Stuhl ohne Tisch davor gesetzt. Dann habe ich mich breitbeinig vor ihm aufgebaut und ihm in die Augen gestarrt. Er hatte Angst. Nicht vor mir, sondern vor einer Unruhe auf dem Markt, die alle erfaßt zu haben schien. Dann habe ich langsam einige Anwälte aus Oslo aufgezählt. Als ich bei Jørgen Ulf Lavik ankam, wurde er spürbar unruhig, senkte den Blick und bat um etwas zu trinken.«
    Die lärmenden Knaben verließen das Lokal. Zwei grinsten und lachten und warfen sich gegenseitig eine Jacke zu, während der dritte und kleinste fluchend versuchte, die Jacke zu fangen. Die beiden Anwälte schwiegen, bis die Glastüren sich hinter den Jungen geschlossen hatten.
    »Das wäre ja nett gewesen. Ich hätte zur Polizei gehen und dort erzählen können, daß ich mit Hilfe eines dilettantischen Lügendetektors einen neunzehnjährigen Rauchgiftsüchtigen dazu gebracht hatte, mir mitzuteilen, daß Jørgen Ulf Lavik ein Verbrecher sei. Nein, ich hatte nichts zu erzählen. Außerdem sah ich schon damals Bruchstücke der eigentlichen Wahrheit. Und damit konnte ich keinesfalls zu so einem jungen Polizeiadjutanten laufen. Lieber habe ich meine alten Freunde bei den geheimen Diensten aufgesucht. Das Bild, das wir mit vereinten Kräften zusammensetzen konnten, war durchaus nicht schön. Um es offen zu sagen: Es war häßlich. Schrecklich häßlich.«
    »Was haben sie dazu gesagt?«
    »Es gab natürlich einen wüsten Abwasch. Ich glaube, ganz sauber sind sie immer noch nicht. Das schlimmste ist, daß sie nicht an Harry Lime herankommen.«
    »Harry Lime?«
    »Der dritte Mann. Du erinnerst dich doch sicher an den Film. Sie haben genug über den Alten, um ihm die Hölle

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