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Blinde Voegel

Blinde Voegel

Titel: Blinde Voegel Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ursula Poznanski
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sich, ihr Lächeln beizubehalten, statt sich auf die Lippen zu beißen. Ehrmann musterte sie aus verengten Augen. Misstrauisch.
    «Ja, schon gut», schwächte sie ab. «Dumme Frage.»
    «Nur, wenn man die Antwort kennt.» Er schüttelte den Kopf, als wäre er verwundert über sich selbst. «So hübsch», murmelte er versonnen. «Tina Herbert, bist du hier, um mich aus der Reserve zu locken, hm? Will mir da jemand eine reizvolle Falle stellen?»
    Schmeichelnde Worte, aber ein bedrohlicher Unterton. Plötzlich war Beatrice froh über Stefans Anwesenheit, ebenso wie über den Kellner, der das nächste Glas Rotwein zwischen sie und Ehrmann stellte und heitere Geschäftigkeit ausstrahlte. «Möchte die Dame auch noch etwas trinken? Wir haben einen ausgezeichneten Veltliner.»
    «Nein. Danke.»
    Sie wandte sich wieder Ehrmann zu und legte diesmal hörbar Unmut in ihre Stimme. «Ich habe keine Ahnung, was für eine Falle du witterst. Du wolltest mich unbedingt treffen, nicht ich dich. Aber wir können gerne einen Schlussstrich unter den heutigen Abend ziehen und uns verabschieden.» Sie gab vor, nach dem eben davongeeilten Kellner Ausschau zu halten. Wenn sie gut geblufft hatte, würde Ehrmann einlenken. Wenn nicht …
    «Kein Grund, eingeschnappt zu sein.» Griff er da tatsächlich wieder nach ihrer Hand? Der Mann hatte Nerven. «Wir machen es anders. Du beantwortest mir eine ganz einfache Frage, dann weiß ich, woran ich bin.» Er dachte kurz nach. «Warum hat Ira das Bild von der Tankstelle gepostet? Und was hat das dazugehörige Gedicht zu bedeuten?»
    Das war also wirklich eine versteckte Botschaft gewesen, genau wie Beatrice es vermutet hatte. Nur half ihr ganzer Instinkt leider nicht bei der Antwort auf Ehrmanns Frage.
    Brüsk entzog sie ihm ihre Hand. «In Wahrheit weißt du es gar nicht, oder?» Gereiztheit hatte bisher am besten gewirkt. Beatrice hoffte, dass der Kniff noch einmal funktionierte. «Das ist der Grund, warum du mich treffen wolltest. Um mich auszuhorchen. Aber ich lasse Ira nicht im Stich, ich habe ihr versprochen, diskret zu sein.»
    «Aushorchen? Du denkst doch nicht, dass ich …»
    «Gegenfrage», setzte Beatrice nach, in vollem Bewusstsein, dass sie sich damit auch endgültig ins Aus schießen konnte. «Was hatte Sarah Beckendahl bei Gerald Pallauf zu suchen?»
    Ehrmanns Augen weiteten sich, dann lachte er auf. «Ich weiß es nicht. Aber glaube mir, das habe ich mich auch immer wieder gefragt. Tut mir leid, da kann ich dir kein Stück weiterhelfen.»
    So wie er es sagte, wirkte es vollkommen glaubwürdig.
    «Kanntest du Sarah?», fragte Beatrice, ermutigt von seinem Lachen. «Weißt du, warum sie nach Salzburg gekommen ist?»
    Ehrmann strich sich mit beiden Händen das Haar zurück. «Ich hatte keine Ahnung, dass Sarah existiert», sagte er langsam, «bis ich von ihrem Tod erfahren habe.»
    Sarah, die Kosmetikerin. War sie ein Fremdkörper, der sich zu seinem eigenen Unglück in die Lyrikgruppe verirrt hatte? Bei uns in der Straße wachsen auch wilde Rossen, das würde sie nie vergessen. Nun behauptete sogar Ehrmann, dass er Sarah nicht kannte.
    Sie vergegenwärtigte sich Florins Warnung, ihm nicht zu trauen. Natürlich konnte er sie anlügen, und die Wahrscheinlichkeit war nicht gering, dass er sie hatte treffen wollen, um herauszufinden, ob Iras Nachricht etwas mit ihm zu tun hatte.
    Ich könnte ihm weismachen, dass Ira mir verraten hat, mit wem sie sich am Abend ihres Todes verabredet hatte. Falls es das ist, was er fürchtet, weil er es selbst war – was wird er dann tun?
    Mit einem schnellen Seitenblick vergewisserte Beatrice sich, dass Stefan noch an seinem Platz saß. Sie sah ihn mit einem anderen Mann sprechen, der sich lässig an den Tisch gelehnt hatte. Ein Bekannter vermutlich, so etwas passierte immer wieder und war, wenn man sich gerade um Unauffälligkeit bemühte, ziemlich unangenehm. Aber Hauptsache, Stefan war in Reichweite und würde sie später bis zu ihrem Auto begleiten.
    Woher kam diese plötzliche Unsicherheit? Ihr konnte doch gar nichts passieren. Sie war hier die Jägerin, Ehrmann das Wild.
    «Woran denkst du gerade, Tina?»
    «Immer noch an Sarah.» Eine schnelle Notlüge, aber kaum war sie ausgesprochen, stand Beatrice das Bild des toten Mädchens, dem die Zunge aus dem Mund hing, wieder vor Augen. «Alle Zeitungen schreiben, dass Gerald Pallauf sie getötet hat, trotzdem kann ich es mir einfach nicht vorstellen.» Sie musste vorsichtig sein, durfte nichts äußern,

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