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Blinde Voegel

Blinde Voegel

Titel: Blinde Voegel Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ursula Poznanski
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die Rückspultaste. Die letzten dreißig Sekunden noch mal.
    Mit jedem Anhören empfand Beatrice ihr knappes Scheitern als schmerzlicher. «Er weiß, was los ist, und beinahe hätte er es mir verraten. Warte nur, ein bisschen später sagt er es ganz deutlich.» Bis zu der entsprechenden Stelle dauerte es noch, erst wies Ehrmann Tinas Vorschlag zurück, die Polizei einzuschalten. Wozu geben wir uns all die Mühe, wenn dann die Pferde scheu gemacht werden?
    Mühe. Wobei? Was hatte Ehrmann nach Salzburg getrieben, abgesehen von der Seelenmesse und von der Hoffnung, Tina Herbert würde ihn in Iras letzte Botschaft einweihen?
    Noch ein Treffen, vielleicht? Mit … Helen, oder mit – mit … Da war etwas in ihrem Haar, an ihrem Kopf. Eine Hand, kraulend, streichelnd, in sanften Kreisen. Die Berührung hob Beatrice allmählich aus dem tiefen Schlaf, der sie überwältigt haben musste, ohne dass sie Zeit gehabt hatte, ihn kommen zu sehen.
    Sie ließ die Augen geschlossen und behielt ihre ruhigen Atemzüge bei. Drängte die Frage beiseite, ob sie aus dem Sitzen gegen Florins Schulter gerutscht war oder ob er sie an sich gezogen hatte. Sein Arm um ihre Schultern. Seine langen Finger, durch die er ihre Haarsträhnen gleiten ließ. Sie waren sich bisher nur ein einziges Mal so nah gewesen, aber das konnte man nicht vergleichen, damals hatte er versucht, eine Halbtote zu wärmen.
    Die Aufnahme lief nicht mehr, das bemerkte Beatrice jetzt erst. Sie würde ihn fragen, was er davon hielt, aber nicht sofort, ein klein wenig wollte sie noch hier liegen, dieses ungewohnte Gefühl auskosten. Wann war sie zum letzten Mal so gestreichelt worden?
    Nicht, seit Achim in ihr Leben getreten war. Ihm fehlte für so etwas die Geduld, seine Zärtlichkeit war immer zielgerichtet gewesen. Und nach ihm hatte es niemanden mehr gegeben. Wann denn auch.
    Sie räkelte sich ein wenig. Gähnte. Gab ihm Zeit, seine Hand aus ihrem Haar zu ziehen, was er auch tat. Aber nur, um Beatrice zu umarmen.
    «Bin eingeschlafen, tut mir leid.»
    Er lachte leise. «Das habe ich bemerkt. Und jetzt solltest du weiterschlafen. Ich hätte längst gehen müssen, aber …» Er drückte sie ein weiteres Mal an sich. «Ich konnte mich einfach nicht dazu überreden.»
    In ihrem Mund schmeckte sie immer noch den Wein. «Du kannst gerne hierbleiben.» Erst als sie es ausgesprochen hatte, wurde ihr bewusst, wie es sich anhören musste. «Ich meine … also, ich habe kein Gästezimmer, aber immerhin eine Couch.» Sie klopfte mit der Hand auf die Sitzfläche. «Da ich schon einmal deine Gastfreundschaft angenommen habe, könntest du doch –» Sie ließ den Satz im Nichts enden, überzeugt davon, dass Florin ablehnen würde. Vielleicht war er insgeheim sogar gekränkt – er hielt sie immer noch im Arm und empfand es vielleicht als gar nicht so abwegig, seine Übernachtung in ihrem Schlafzimmer stattfinden zu lassen.
    Zu ihrer Überraschung schien er ihren Vorschlag jedoch ernsthaft zu erwägen. «Ich wäre ganz froh, heute nicht mehr ins Auto steigen zu müssen. Wenn es dir wirklich nichts ausmacht, Bea – ich finde deine Couch durchaus verlockend.»
    Es lag nichts Anzügliches in seinem Ton, trotzdem spürte Beatrice, wie ihr die Röte ins Gesicht stieg. Meine Güte, war sie sechzehn, oder was?
    «Na dann!» Sie sprang auf, lief ins Schlafzimmer und holte Kissen und Decke aus der Bettlade. Die Garnitur, die Achim, an den sie jetzt bitte nicht denken wollte, immer verwendete. Sie bezog alles frisch und trug es ins Wohnzimmer.
    Florin richtete sich auf, als sie durch die Tür trat. Er hatte die Couch bereits zum Gästebett ausgezogen und streckte Beatrice lächelnd die Arme entgegen, um ihr das Bettzeug abzunehmen. «Ich mache dir Umstände, aber ich schwöre, ich hole dafür morgen das Frühstück.»
    «Von Umständen kann keine Rede sein.» Beatrice sah ihm in die Augen und hastig wieder weg. «Schlaf gut.»
    Er trat zu ihr, und sie hatte das Gefühl, in seiner Umarmung zu verschwinden.
    «Du auch, Bea. Bis morgen. Oder bis später, es ist schon nach ein Uhr.»
    Als sie sich in ihre Bettdecke wickelte, hörte sie ihn draußen noch rumoren, doch kurz darauf wurde es still.
    Wenn ich ihm angeboten hätte, hier zu schlafen, was wäre passiert?
    Dumme Gedankenspiele waren das. Er hätte nein gesagt, schon wegen Anneke. Er liebte sie, Beatrice konnte schließlich sehen, wie sehr es ihn jedes Mal belastete, wenn es Probleme zwischen den beiden gab.
    Er redet viel von Ihnen,

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