Blinde Voegel
das Display des neuen iPhones, eines ihrer Beine hing seitlich hinunter, die nackten Zehen berührten das Gras.
Wie hübsch sie war. In spätestens zwei Jahren würde sie das auch wissen.
Jakob hingegen kugelte kichernd über die Wiese, verfolgt von Katze Cinderella, die offenbar auf etwas scharf war, das er in seiner Linken hielt. Eine Plüschmaus? Jedenfalls etwas, das gelegentlich quiekte, sehr zu Cinderellas Entzücken.
So perfekt sah das aus. Beatrice lehnte sich gegen den Zaun, als könnte sie damit der Schwere in ihrem Inneren entgegenwirken.
Das ist es, was du nicht mehr wolltest, was du aufgegeben hast, weil du dachtest, es erdrückt dich. Nein, falsch. Du wusstest, es erdrückt dich, weil es untrennbar mit Achim verbunden war.
Sie schüttelte den Kopf und drückte die Klingel.
«Mami!» Jakob sprang auf und lief ihr entgegen, riss die Gartentür auf. «Ich dressiere Cindy! Hast du gesehen? Papa sagt, dass man Katzen nicht abrichten kann, aber das stimmt gar nicht!»
«Toll machst du das!» Sie drückte ihn an sich. «Wo steckt denn Papa?»
«Der ist im Haus und kocht. Er hat gesagt, dass wir heute alle bei ihm essen. Voll cool!»
Das waren nicht die Worte, die Beatrice bei der Vorstellung von einem gemeinsamen Essen spontan in den Sinn kamen. Gleichzeitig war sie froh, dass sie sich so nicht mehr ums Kochen kümmern musste. Sie ließ sich von Jakob durch den Garten ziehen, an Mina vorbei, die lässig eine Hand hob, ohne von ihrem Handy aufzusehen. Ins Haus hinein, von dem sie sich gewünscht hatte, es nie wieder betreten zu müssen.
Ein neuer Teppich in der Garderobe. Die Wände voller Kinderfotos. Eine afrikanische Maske auf dem Telefontischchen, die leider so gar nicht zum Rest der Einrichtung passte.
«Hallo, Achim.»
Er stand am Herd, vor sich drei dampfende Töpfe. Lächelte, als er sich zu ihr umdrehte. «Bea! Du kommst gerade rechtzeitig! Was hältst du davon, wenn wir draußen essen? Ich habe Zucchinisuppe gekocht und einen Lamm-Bohnen-Eintopf. Die Kartoffeln müssten auch gleich durch sein.»
Es war wie ein Zeitsprung, zwei Jahre zurück. Sie kam von der Arbeit nach Hause, Achim war schon da, die Kinder spielten im Garten … Nur dass er damals nie gekocht hatte, und wenn, dann mit leidendem Gesichtsausdruck, den Blick voller unausgesprochener Vorwürfe.
Du hättest mir Bescheid sagen können, lag ihr auf der Zunge, aber sie schluckte es hinunter. Bloß keine schlechte Stimmung verbreiten, vielleicht war das ja ein Friedensangebot. In diesem Fall würde sie es mit Freuden annehmen. Solange es nicht darüber hinausging.
«Draußen essen ist eine sehr gute Idee. Ich decke schon mal den Tisch.» Das war deutlich besser, als mit dem kochenden Achim Smalltalk pflegen zu müssen. «Haben die Kinder ihre Hausaufgaben gemacht?»
«Ja. War nicht viel.»
Beatrice schnappte sich Teller, Besteck und Servietten und ging wieder nach draußen. Nahm sich extra viel Zeit und schalt sich selbst dafür, dass sie sich wieder in ihre eigenen vier Wände wünschte.
Das Essen verlief harmonisch, aber anstrengend, weil Beatrice jedes ihrer Worte auf Konfliktträchtigkeit abklopfte, bevor sie es aussprach. Achim hatte ihr den Teller mehr als reichlich gefüllt. Sie war bereits nach der Hälfte der Portion satt, aß aber weiter, weil sie sich seine gekränkt-beleidigte Reaktion – aha, es schmeckt dir also nicht – ersparen wollte.
Eine Stunde nur, dachte sie, und schon stecke ich wieder in den alten Mustern fest wie in flüssigem Beton, und mit jeder Minute wird er härter.
«Ich habe mir etwas überlegt», sagte Achim, während er ihr Wasser nachschenkte. «Du hast wahnsinnig viel zu tun und den Kopf ständig voll mit deinen Fällen. Ich sehe die Kinder nur jedes zweite Wochenende, wenn es nach Plan geht, fände es aber toll, wenn ich sie öfter bei mir hätte.» Er nahm einen Schluck Wein. Beatrice war beinahe gerührt, weil es wirkte, als brauche er eine Pause, um Mut zu schöpfen, bevor er ihr sein Anliegen vortrug.
«Was hältst du davon, wenn ich sie unter der Woche für einen Tag übernehme? Ich hole sie von der Schule ab, mache mit ihnen Hausaufgaben, koche für sie, und sie schlafen hier. Am nächsten Tag bringe ich sie wieder zur Schule.»
Es hörte sich gut an. Sie vermutete, dass Achim sich seine Worte vorher zurechtgelegt hatte, damit sie weder vorwurfsvoll noch abwertend klangen. Beatrice lehnte sich in ihrem Stuhl zurück.
«Mina? Jakob? Wie findet ihr die Idee?»
«Die Kinder sind
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