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Blinde Voegel

Blinde Voegel

Titel: Blinde Voegel Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ursula Poznanski
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sich kaum beteiligt. Wenn das Motiv irgendwo zwischen diesen Gedichten begraben liegt, wieso hat es dann ausgerechnet sie getroffen? Nur weil sie zu Besuch in Salzburg war?»
    Ja, hätte Beatrice beinahe gesagt. Wahrscheinlich ist das der Grund. «Ich sollte mit den Salzburger Mitgliedern sprechen. Möglichst mit allen», erklärte sie. «Wer weiß, vielleicht steht noch jemand auf der Liste des Täters.» Sie schloss die Augen. Ein Schluck Wein war vielleicht doch eine gute Idee. Morgen würde sie mit Kossar reden und ihn fragen, ob es denkbar war, dass jemand in dieser Stadt es sich in den Kopf gesetzt hatte, Menschen zu eliminieren, die gern Gedichte lasen. Aber warum suchte er sie bei Facebook? Warum nicht bei Dichterlesungen oder in Buchhandlungen?
    «Ribar mischt auch wieder mit», stellte Florin fest. «Ich hoffe ja sehr, dass er sich an das hält, was wir vereinbart haben, und ruhig bleibt. Zumindest bei den Pressekonferenzen ist er keiner von den Unangenehmen, sondern eher zurückhaltend.»
    Kunststück, dachte Beatrice, wenn er sich seine Informationen anderswo anonym besorgte. Wetten, dass er sich niemandem aus der Gruppe als BoRi zu erkennen gegeben hatte? Tina Herberts Freundschaftsanfrage hatte er auch noch nicht bestätigt.
    «Ich traue ihm nicht über den Weg. Immerhin, wenn wir doch demnächst in der Presse Enthüllungen über die Lyrikgruppe lesen, wissen wir wenigstens, woher sie kommen.»
    Florin warf einen letzten, ratlosen Blick auf die Facebook-Seite, dann lehnte er sich zurück und ließ den Rotwein in seinem bauchigen Glas kreisen. «Wir hätten Ribar zu seinen Kontakten in der Drogenszene befragen sollen. Ich werde das nachholen. Tut mir leid, Bea, ich halte die Spur, die über Dulović führt, immer noch für die vielversprechendere.»
    Schweigend hielt Beatrice ihm ihr Weinglas hin. Sie würde nicht viel trinken, nur nippen und dem Alkohol erlauben, sie in der Entscheidung zu bestärken, die sie gerade getroffen hatte. War ja nichts Großartiges. Ein Experiment eher.
    «Du bist doch gewissermaßen mein Vorgesetzter, nicht?»
    «Was? Wovon redest du?»
    «Du leitest die Ermittlungen, hat Hoffmann schließlich gesagt. Also. Ich möchte auf der Seite gern ein Gedicht posten und bitte dich um deine Genehmigung.»
    «Beatrice, ich …»
    «Ja oder nein?»
    Er stellte die Flasche zurück und hob die Arme. «Du weißt, ich betrachte uns als gleichgestellt und vertraue dir völlig. Was soll die Frage?»
    Sie nahm einen großen Schluck – von wegen nippen – und öffnete ein zweites Browserfenster. Google.
    «Ich möchte Tina Herbert ein wenig in den Vordergrund rücken. Sie soll ein Gedicht auf die Seite stellen und dazu ein Salzburg-Foto, auf die gleiche Weise, wie Ira das gemacht hat. Mal sehen, was passiert.»
    Florin bedachte sie mit einem Ausdruck zwischen Interesse und Amüsiertheit. «Ja. Warum nicht. Auch wenn ich mir nicht so viel davon verspreche wie du.»
    Na dann. Es gab da etwas von Rilke, das gut ins Bild passte, ein seltsames Gedicht, das sie mehrmals hatte lesen müssen, um es zu verstehen. Seine Hände blieben wie  … danach kam eine Metapher, die nicht ganz leicht nachzuvollziehen war.
    Google wusste in Sekundenschnelle, was Beatrice wollte.
Seine Hände blieben wie blinde
Vögel, die, um Sonne betrogen,
wenn die andern über die Wogen
zu den währenden Lenzen zogen,
in der leeren, entlaubten Linde
wehren müssen dem Winterwinde.
    Das passte. Es erinnerte sogar ein wenig an das Weiße Schloß in weißer Einsamkeit , auch dort war von Händen die Rede, von den irren Händen der Sehnsucht.
    Ihr Gedicht hatte zwar noch zwei weitere Verse, doch die würde Beatrice ignorieren. Das Bild mit den kalten, flügelartigen Fingern war stark genug. Nun brauchte sie noch ein Foto.
    Die Bilder aus der Salzburg-Werbung kamen nicht in Frage. Es sollte den Eindruck machen, als hätte sie selbst fotografiert, am besten wäre ein Schnappschuss.
    Sie googelte nach «Journey Salzburg Blog» und stieß, nachdem sie die Seiten der Reiseanbieter hinter sich gelassen hatte, auf mehrere private Berichte, ausgiebig illustriert. Sie speicherte das Foto, das ein amerikanischer Familienvater von der Getreidegasse geschossen hatte, und lud es auf Facebook hoch. «Für Ira» schrieb sie über die «Blinden Vögel», damit Helen Crontaler ihr nicht auch noch mangelndes Feingefühl vorwarf.
    Posten.
    Ihr Glas hatte sie geleert, ohne es zu merken, so viel zu ihrer Willenskraft. Mit leichtem Bedauern

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