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Blinde Voegel

Blinde Voegel

Titel: Blinde Voegel Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ursula Poznanski
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sich in der Nähe halten. Du und Bechner, ihr übernehmt die Trauerfeier und könnt dort ganz offen als Polizisten auftreten.»
    Der Vorschlag war vernünftig, wenn auch sichtlich nicht nach Florins Geschmack. «Okay. Sag ihm zu und erkläre ihm, dass du dir ein geeignetes Lokal überlegst. Den Treffpunkt wirst wohl du bestimmen, zumal er nicht von hier stammt.»
    Sie nickte und beschloss, sich mit ihrer Antwort an Dominik Ehrmann bis morgen früh Zeit zu lassen. Sie wollte den richtigen Ton treffen und ihm zu verstehen geben, dass sie ahnte, worum es in dem Gespräch gehen würde. Dass sie mit ihm unter vier Augen sprechen wollte, ohne Crontaler, Zach oder andere Salzburger Lyrikfreunde.
    «Er reist extra aus Deutschland an, um die Trauerfeier einer Frau zu besuchen, die er nicht persönlich gekannt hat», sinnierte Florin. «Bevor du ihn triffst, nehmen wir ihn noch mal genau unter die Lupe. Und du willst wirklich nach Hause fahren?»
    «Ja.» So bequem die Couch war, so verlockend der Wein und so wohlig das Bewusstsein, dass heute nichts mehr auf der To-do-Liste stand – morgen würde sie sich wie ein Fremdkörper fühlen, wenn sie im Gästezimmer aufwachte.
    «Wie du meinst.» Es klang betrübt.
    Beinahe hätte Beatrice Florin gesagt, dass es Zeit für ein paar klärende Gespräche war – mit Anneke vor allem, aber eventuell auch mit ihr, Beatrice, selbst. Dass er verloren wirkte in den letzten Wochen. Dass sie immer noch an den Abend dachte, an dem er sie aus dem Wasser gezogen hatte, und dass sie seitdem nicht offener miteinander umgingen, sondern gehemmter.
    Er drückte sie zum Abschied, und sie glaubte, sein Gesicht in ihrem Haar zu spüren. War versucht, zu ihm hochzusehen und seinem Blick zu begegnen. Oder mehr als seinem Blick.
    Doch dann, als hätte ein diabolischer Regisseur es inszeniert, läutete Florins Handy, und Beatrice löste sich aus seiner Umarmung und ging, das Notebook fest unter die Achsel geklemmt.

[zur Inhaltsübersicht]
    Kapitel dreizehn
    Y ou know, everything’s possible.» Kossar hatte es sich gemütlich gemacht. Er lümmelte in Beatrices Bürostuhl, die Arme hinter dem Kopf verschränkt. Die Brille mit der quietschorangefarbenen Fassung war ihm bis zur Nasenspitze heruntergerutscht. Gleich würde er seine Füße auf den Schreibtisch legen.
    «Das ist nicht sehr hilfreich», entgegnete sie freundlich. «Für ‹möglich ist alles› hätten Sie sich nicht in den USA ausbilden lassen müssen.»
    Dass sie Amerika erwähnte, hellte Kossars Stimmung weiter auf. «Ich war damals dabei, als das FBI einen Serienmörder geschnappt hat, der seine Opfer nach ihrer Hausnummer auswählte. Er hielt die Drei für eine teuflische Zahl und war der Ansicht, dass die Mitglieder der weltumspannenden Verschwörung zur Machtergreifung Satans sich allesamt hinter der Hausnummer dreiunddreißig verschanzten. Sieben Tote, bis wir ihn hatten.»
    Wir! Mit einiger Mühe verkniff Beatrice sich eine spitze Bemerkung. Zum Glück trat gerade Florin ein. «Hoffmann ist in übler Verfassung», verkündete er und legte seine Unterlagen auf den Tisch, etwas zu schwungvoll, denn zwei lose Seiten segelten zu Boden. «Seine Frau steckt mitten in der Chemo und verträgt sie schlecht, er will gleich wieder zu ihr fahren. Die Besprechung findet also ohne ihn statt.»
    Ein Grund zum Jubeln, eigentlich. Wenn nicht der Anlass so traurig gewesen wäre.
    «Oh, könnte ich auch noch einen Refill haben?» Kossar schwenkte seine Kaffeetasse, als Florin die Espressomaschine anwarf, um sich den dritten Koffeinschub des Tages zu verschaffen. Und das um zehn Uhr. Er trank in letzter Zeit viel zu viel Kaffee, fand Beatrice. War wohl gestresster, als er es sich anmerken ließ.
    «Sicher.» Sie nahm ihm die Tasse ab. «Und ich wäre sehr glücklich über ein paar klare Worte. Sie halten es also für möglich, dass da draußen jemand sein könnte, der Menschen wegen ihrer Vorliebe für Gedichte tötet? Ich hatte eigentlich gehofft, dass wir diese Variante ausschließen können.» Sie reichte Florin die Tasse, damit er Kossar seinen doppelten Espresso mit Milchschaumhäubchen zaubern konnte.
    «Ich gebe zu, es ist nicht der wahrscheinlichste Lösungsansatz», räumte der Psychologe ein. «Aber trotzdem denkbar.» Er schob seine Brille den Nasenrücken hoch. «Die Gedichte könnten natürlich stellvertretend sein. Für den Dichter oder den Verleger …»
    «… oder einen Germanistikprofessor?», unterbrach ihn Beatrice. «Für jemanden,

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