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Blinde Voegel

Blinde Voegel

Titel: Blinde Voegel Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ursula Poznanski
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Stunden via Handy , war direkt unter dem Eintrag vermerkt. War Nikola nach Salzburg gereist, noch vor Dominik Ehrmann? Oder hatte sie das Foto im Netz aufgetrieben, auf ähnliche Weise wie Beatrice gestern?
    Noch bevor sie die Kommentare las, rief sie Stefan an. «Versuch bitte, über Facebook Daten von Nikola DVD zu bekommen. Vielleicht rücken die auch ohne richterlichen Beschluss etwas raus, wenn du ihnen sagst, dass es dringend ist.»
    «Okay. Soll ich danach gleich die deutschen Behörden um Details bitten?»
    «Ja. Danke.» Sie legte auf und vergrößerte das Foto. War es wirklich der Südtiroler Platz? Im Vordergrund erkannte sie einen O-Bus der Linie 6 … auf Anhieb fiel ihr keine andere Stadt ein, deren Busse per Oberleitung mit Strom versorgt wurden. Im Hintergrund … auch diese Fassade kam ihr mehr als bekannt vor. Die schachbrettartig versetzten Fenster des Hotels Europa.
    «Florin? Kannst du hier schnell einen Blick drauf werfen?»
    «Sicher. Moment.»
    Sie sah ihn tippen, konzentriert, mit über der Nasenwurzel zusammengezogenen Brauen. Fragte sich, was er schrieb und an wen, dachte unwillkürlich wieder an Anneke, mit der er gestern noch gesprochen haben musste. Beatrice hatte den Klingelton erkannt – Saties Gnossienne Nr. 1. Hatte er ihr erzählt, dass Beatrice bis gerade eben noch bei ihm gewesen war? Hatte er es verschwiegen – und wenn ja, warum?
    Musste sie demnächst mit einem weiteren Anruf von Anneke rechnen?
    «Also, zeig.» Florin stellte sich neben sie und stützte die Ellenbogen auf den Schreibtisch.
    «Das Bild hier – kennst du den Ort?»
    «Sicher. Der Südtiroler Platz.»
    «Kein Irrtum möglich? Ein ähnlicher Platz in einer anderen Stadt?»
    Er überlegte nicht einmal. «Nein. Hier, schau – ein Taxi mit Salzburger Kennzeichen, der O-Bus und überhaupt … ich kenne den Platz, seit ich ein Kind bin. Das ist er.»
    Sie nickte zufrieden. «Gut. Haben wir irgendeine Chance, herauszufinden, ob das Foto aktuell ist? Sagen wir – von heute? Oder gestern?»
    Er beugte sich näher heran, Beatrice fühlte, wie sein Haar über ihre Wange strich. «Von der Jahreszeit her könnte es stimmen. Schade, dass man nichts vom Bahnhof sieht, sonst wäre der Stand der Umbauarbeiten ein ungefährer Hinweis.» So konnte das Bild ebenso gut vom vergangenen Frühjahr wie vom letzten Herbst sein, aber Beatrice hatte für sich beschlossen, dass es von heute war. Nikola kam am Bahnhof an, zückte ihr Handy und fotografierte das Erste, was sie von Salzburg sah. Sie verkündete der Gruppe ihre Ankunft. Aber warum?
    Es ist, als ob sie sich alle hier versammeln wollen, dachte sie. Zeigten die Fotos Treffpunkte?
    Das würde sie überprüfen, sobald sie telefoniert hatte.
    «Crontaler?»
    «Hallo, hier spricht Beatrice Kaspary. Haben Sie ein paar Minuten Zeit?»
    «Ja, sicher!» Sie lachte kurz auf. «Ich dachte mir schon, dass Sie sich bald melden würden. Soll ich Ihnen zusammenfassen, was in den letzten Tagen in der Gruppe passiert ist? Ich habe alles mitgeschrieben, was mir auffällig vorgekommen ist.» Ganz offensichtlich war Crontaler sehr angetan von der Vorstellung, in der ganzen spannenden Angelegenheit endlich die Rolle einnehmen zu dürfen, die ihr nach eigenem Empfinden längst zustand.
    Beatrice mahnte sich zur Zurückhaltung. Wann hatte sie eigentlich Florins Abneigung gegen die Crontalers übernommen?
    «Es ist eine ganz spezielle Sache, die ich gerne wissen würde. Kommen Gruppenmitglieder von außerhalb zur Trauerfeier? Hat sich jemand in diese Richtung geäußert?»
    «Hmm.» Crontaler räusperte sich. «Also … nicht, dass ich wüsste. Ich werde natürlich hingehen und der Gruppe anschließend Bericht erstatten. Und ich glaube, zwei oder drei der Salzburger Lyrikfreunde wollen auch kommen.»
    «Aber es gibt kein gemeinsames Auftreten der Gruppe? Keinen Kranz, für den alle zusammenlegen?»
    «Ein Kranz?» Aus der Art, wie sie das Wort betonte, war klar erkennbar, dass dieser Gedanke ihr bislang nicht durch den Kopf gegangen war. «Ja, ja, den wird es geben. Wenn auch erst beim Begräbnis. Das übermorgen ist ja nur die Seelenmesse.»
    «Richtig.» Beatrice bedauerte sehr, dass sie in der Kirche nicht dabei sein würde. Sie konnte es direkt vor sich sehen, wie Crontaler eine Umfrage unter den Anwesenden startete, notfalls sogar den Vater bestürmte, bis sie alle Umstände von Iras Tod kannte.
    «Noch eine Frage.» Beatrice hielt inne und legte bewusst mehr Freundlichkeit in ihren Ton.

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