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Blinde Wahrheit

Blinde Wahrheit

Titel: Blinde Wahrheit Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Shiloh Walker
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tut mir leid, aber ich möchte wirklich, wirklich von hier verschwinden«, sagte sie.
    Verflucht. Sie wollte einfach nach Hause fahren, sich neben Ezra ins Bett legen, sich an ihn herankuscheln und einfach so liegen bleiben.
    Doch sie ahnte, dass das nicht infrage kam.
    »Das kann nicht dein Ernst sein, Onkel Remy«, meckerte Brody.
    Remy fragte sich, ob dem Jungen klar war, dass er tatsächlich gerade Onkel gesagt hatte. Das machte er schon seit Monaten nicht mehr, vielleicht sogar schon seit einem Jahr … oder noch länger. Er nahm Brody die Zigarettenschachtel aus der Hand, bevor der Bengel sich eine Kippe herausschütteln konnte.
    Dann zerdrückte er die Pappschachtel und steckte sie sich in die Tasche. »Doch, Brody, es ist mein Ernst. Mein voller Ernst. Und übrigens, wenn du nicht mit dem Rauchen aufhörst, mache ich noch mit ein paar anderen Sachen Ernst.«
    »Alter, du hast doch selbst geraucht, als du jung warst. Wo zum Teufel ist das Problem?«
    »Ich verrat’s dir.« Er trat dichter an den Teenager heran – der noch so jung und doch so kurz davor war, ein Mann zu werden – und zog an dem Goldkettchen, das an dem knittrigen Ausschnitt von Brodys schwarzem T-Shirt glitzerte.
    Ein Kreuz hing daran. Es hatte Brodys Mutter gehört. »Deine Mom ist gerade an Krebs gestorben, Brody. Genau wie ihr Vater. Und du stehst da und rauchst. Was willst du damit erreichen, deinem Vater das Herz brechen?«
    Für einen kurzen Moment stand Remy dem liebenswerten Jungen gegenüber, den er von früher kannte – traurig, wütend, jung und unglaublich verletzlich. Doch dann verschwand dieser Eindruck. »Dem ist das doch eh scheißegal.«
    Als der Teenager wegstapfte, zog Remy die zerknüllte Zigarettenschachtel aus der Tasche und betrachtete sie. Vor zehn Jahren hatte er mit dem Rauchen aufgehört. Aber es gab Zeiten, da lechzte er nach Nikotin. Gerade war wieder so ein Moment.
    Er warf die Zigaretten in einen Mülleimer und machte sich auf den Weg zu seinem Auto. Auf ihn wartete haufenweise Arbeit. Jede Menge.
    Ein wohlbekannter dunkelroter Haarschopf fiel ihm ins Auge, und er betrachtete Lena, die ihm ihr Profil zuwandte. Law Reilly und Ezra King standen bei ihr. Außerdem eine weitere Frau. Irgendwo hatte er diese schon einmal gesehen. Eine Windböe kam auf und wirbelte ihr das lange, braune Haar von den Schultern. Da fiel es ihm wieder ein.
    Der Marktplatz. Prather. Der Buchladen.
    Neben Lenas hochgewachsener, langbeiniger Gestalt wirkte sie fast zierlich. Zierliche Frauen hatte Remy noch nie besonders attraktiv gefunden. Warum also bekam er einen trockenen Mund?
    Sie nahm ihr Haar zusammen und band es zu einem lockeren Zopf. Reilly stellte sich dicht neben sie und neigte den Kopf, um ihr etwas zuzumurmeln. Zwischen ihnen herrschte große Vertrautheit – sie verband etwas, begriff Remy.
    Okay. Jetzt hatte er nicht nur einen trockenen Mund, sondern war komischerweise auch noch … eifersüchtig.
    Mit finsterer Miene vergrub er die Hände in den Hosentaschen und wandte sich ab. Er hatte keine Zeit für so einen Unsinn.
    Am Montag musste er zum Gericht und vorher hatte er noch einiges an Arbeit zu erledigen.
    Auf halbem Weg zu seinem Auto wäre er beinahe mit Dwight Nielson zusammengestoßen. Der Sheriff machte einen müden, zerstreuten Eindruck, und die Sorge stand ihm ins Gesicht geschrieben.
    Er sah aus, als wäre er über Nacht um zehn Jahre gealtert.
    Mit einem flauen Gefühl im Magen setzte Remy ein Lächeln auf. Hoffentlich ging es nicht um Hamilton. Noch während er das dachte, meldete sich sein Verstand. Kann gar nicht sein. Dann hättest du einen Anruf bekommen.
    Remy fielen allerdings nicht allzu viele Gründe ein, warum der Sheriff ein solches Gesicht machen sollte. Der Mann war stocksauer und stand offenbar ziemlich unter Strom. Wenn sich irgendetwas Wichtiges ereignet hätte, wären Remy doch Gerüchte zu Ohren gekommen. Hamilton war momentan der einzige Aufreger in Ash.
    »Sie sehen aus, als hätten Sie eine schlimme Nacht hinter sich.«
    Nielson schaute ihn an. Das schwache Zucken seiner Mundwinkel ging nicht wirklich als Lächeln durch. »Schlimm ist gar kein Ausdruck.«
    Ein Auto rumpelte vorbei und da Nielson hinsah, schaute Remy automatisch in dieselbe Richtung. Er entdeckte Lena und erhaschte einen Blick auf das dunkle Haar der geheimnisvollen Lady, die auf dem Rücksitz saß.
    Wer war sie?
    Hatte sie was mit Reilly? Das wird nicht gut ausgehen, Süße. Der Kerl ist auf eine Frau fixiert, die nicht

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