Blinde Wahrheit
ich motzig klinge.« Ezra seufzte und rieb sich die Nasenwurzel. »Law, du kannst nicht von ihr erwarten, sich für die nächsten sechs Wochen in deinem Haus einzuschließen … oder die nächsten sechs Monate. Oder gar Jahre.«
Am anderen Ende der Leitung herrschte kurz Schweigen. »Du findest also nichts dabei. Ich mache mir völlig unnütz Sorgen.«
»Lena ist am Donnerstag arbeiten gegangen – nachdem wir uns deswegen in die Wolle gekriegt hatten.« Ezra starrte grübelnd aus dem Fenster in den Vorgarten. Zwischen ihnen war immer noch nicht alles geklärt, und er hatte keine Ahnung, wie er damit umgehen sollte. Und zwar mit der ganzen Situation, es ging nicht nur um den Streit.
Er hatte ihr gesagt, dass er in sie verliebt war.
»Mir ging es gar nicht gut dabei … aber ich kann sie schließlich nicht dazu zwingen, ihren Job aufzugeben. Und du kannst nicht von Hope verlangen, sich für den Rest ihres Lebens in deinem Haus zu verstecken.«
»Doch nicht für den Rest ihres Lebens, nur bis diese Angelegenheit vom Tisch ist.«
»Und wenn der Kerl nicht gefasst wird?«
»Scheiße.«
»Das trifft es ziemlich gut«, stimmte Ezra ihm zu. Dann sah er zur Decke. Lena schlief oben noch. In den letzten Tagen war sie abends übellaunig und mit finsterer Miene von der Arbeit gekommen – obwohl er sie noch nicht lange kannte, bezweifelte er, dass das bei ihr normal war.
Irgendetwas ging im Restaurant vor sich, aber sie wollte nicht darüber reden.
Was immer es war, es machte sie stinksauer.
Als er sie am Samstagabend abgeholt hatte, war sie stinkwütend gewesen, was sich auch während der Fahrt nicht gelegt hatte. Sie waren bei ihr zu Hause angekommen und … na, über den Teil würde er sich nicht beschweren.
Nach wildem, hemmungslosem Sex war sie irgendwann in den Schlaf gefallen, doch ihren Kummer hatte das nicht gelindert.
Am Sonntag waren sie zu ihm gefahren, wo sie sich mit einem Buch in den Garten gesetzt hatte, während er an der Terrasse zugange gewesen war. Bei dem Tempo, das er gerade vorlegte, würde er bis zum Herbst nicht fertig werden – verdammt, womöglich würde er nächstes Jahr im Herbst noch daran werkeln.
In letzter Zeit war er ohnehin öfter bei Lena als zu Hause.
Sie wollte nicht mit ihm reden, wollte ihm nicht sagen, was sie beschäftigte. Das gefiel ihm nicht. Manchmal befürchtete er, es könnte auch daran liegen, dass er bei ihrem Streit die Bombe platzen lassen hatte, aber sein Gefühl sagte ihm etwas anderes.
Beinahe hätte er im Inn angerufen und Roz danach gefragt, sich dann jedoch dagegen entschieden. Wenn sie diese Sache mit der Beziehung ernsthaft probieren wollten, dann musste er solche Dinge von Lena erfahren … und nicht von ihren Freunden.
Außerdem hatte er den Verdacht, dass Roz Teil des Problems war. Er kannte sie so gut wie gar nicht. Doch er wusste, dass Lena und Roz eng befreundet waren, und niemand konnte einen so verletzen wie ein Freund … oder der Mensch, den man liebte.
Ezra zwang sich dazu, sich wieder auf das Telefonat zu konzentrieren, und lauschte, wie Law einen ziemlich langen, zusammenhangslosen Monolog beendete. »Aus deiner Sicht spricht also nichts dagegen, dass sie nach Lexington fährt?«
Ezra verdrehte die Augen. »Sie hat einen Führerschein, oder?«
»Ja, klar, aber das meine ich nicht«, schnauzte Law. »Was, wenn … «
»Verflucht.« Ezra rieb sich die Stirn, lehnte sich zurück und starrte an die Decke. »Es gibt keinen Grund, anzunehmen, dass Hope in Gefahr sei, Law.«
»Gut. Sie fährt nämlich gerade zu euch. Sie will, dass Lena mitkommt.«
Ezra musste sich auf die Zunge beißen, um nicht unwillkürlich Vergiss es! zu sagen. Als er das leise Tapsen von Lenas Füßen und das gleichmäßige Klacken von Pucks Krallen auf der Treppe hörte, drehte er sich auf ihrem Bürostuhl um und wartete, bis sie im Türrahmen auftauchte. Sie schien einen unfehlbaren Instinkt zu besitzen, denn sie spürte ihn jedes Mal mühelos fast punktgenau auf.
»Morgen, Schlafmütze.«
Sie schenkte ihm ein müdes Lächeln. »Hab ich dich gerade reden hören?«
»Ja, Law ist am Telefon. Hope hat es sich in den Kopf gesetzt, in Lexington shoppen zu gehen, und du sollst mitkommen.«
Lena gähnte und lehnte sich gegen die Wand. Puck schnupperte an ihren Beinen. »Shoppen?« Sie zog die Nase kraus. »Das ist eigentlich nicht so mein Ding.«
»Ich glaub, sie will einfach mal raus«, sagte Ezra. Lena streckte sich, wobei ihr T-Shirt hochrutschte, und er
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