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Blinde Wahrheit

Blinde Wahrheit

Titel: Blinde Wahrheit Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Shiloh Walker
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ist es dir wichtig, ob ich Schreie gehört habe oder nicht? Das hier fällt nicht unbedingt in deinen … wie nennt man das … Zuständigkeitsbereich. Zudem bist du beurlaubt.«
    »Das spielt überhaupt keine Rolle, ob ich beurlaubt bin oder nicht.« Ezra seufzte und ließ die Schultern kreisen. Für ihn war das völlig unerheblich. Ebenso wie die Frage, ob der Fall in seinem Zuständigkeitsbereich lag oder nicht. Wenn er vor einem Rätsel stand, dann ging er der Sache auf den Grund. So tickte er nun mal. »Ich bin Polizist. So bin ich eben, Lena. Außerdem … «
    Ezra schloss den Mund schnell wieder, bevor er seinen Gedanken näher ausführen konnte. Er war sich nicht sicher, ob er wirklich aussprechen wollte, was er gerade gedacht hatte.
    »Außerdem was?«
    Sie hob eine Augenbraue.
    Er wurde rot. Mist, verdammter! Er zog die Schultern hoch und drehte sich weg, auch wenn es nicht viel half, da sie ihn sowieso nicht sehen konnte. Dennoch würde sie spüren, wie unwohl er sich fühlte. Und Reilly, verdammt, der hatte es bestimmt schon längst gesehen und würde später wahrscheinlich darüber lachen.
    »Was außerdem?«, hakte Lena noch einmal nach.
    »Die Stadt ist ziemlich klein«, antwortete Ezra ausweichend. Irgendwie würde er sich schon aus dieser Nummer herausreden können. Er musste ihr ja nicht sagen, dass sie ihm bereits sehr am Herzen lag. Selbst als Freund besaß er alles Recht der Welt, sich um sie zu sorgen, oder?
    Natürlich war ihm selbst bewusst, dass seine Sorge über jegliche Form von Freundschaft hinausging. Und dabei spielte es keine Rolle für ihn, dass sie nur ein einziges Date gehabt hatten, dass sie einander erst seit wenigen Wochen kannten, dass sie bereits gemeinsam entschieden hatten, einfach nur Freunde zu bleiben. Oder etwa doch?
    Sie war ihm bereits ans Herz gewachsen. Aber das brauchte er ja nicht zur Sprache bringen.
    Nein, dazu gab es keinen Grund. »Du weißt doch, wie das in Kleinstädten so läuft. Kaum hattest du diese Geschichte hier jemandem erzählt, wusste auch schon der ganze Ort Bescheid.«
    »Und, worauf willst du hinaus?«
    Er drehte sich wieder zu ihr um und blickte ihr ins Gesicht. Aus den Augenwinkeln heraus beobachtete er auch Reilly. Anscheinend hatte der es schon begriffen.
    Im Gegensatz zu Lena.
    »Wenn jemand hier draußen herumgelaufen ist und einer Frau etwas angetan hat, dann hast du es gehört, Lena. Das macht dich zu einer Art … Zeugin. Und zu einem Risiko für den Täter. Zumal inzwischen die ganze verdammte Stadt über deine Geschichte redet. Wenn dieser Jemand, wer auch immer es sein mag, hier in Ash lebt, dann kennt er dich auch.«
    Lena war von Natur aus blass – sie besaß den elfenbeinfarbenen Teint von Rothaarigen – und schien eigentlich nicht mehr bleicher werden zu können.
    Doch ganz offensichtlich war das ein Trugschluss.
    Ezra hatte schon Leichen mit mehr Farbe im Gesicht gesehen, und für einen kurzen Moment war er unsicher, ob sie nicht gleich in Ohnmacht fallen würde. Durch die dunklen Brillengläser hindurch konnte er gerade so ihre Augen erkennen und sah, wie sie blinzelte und diese schließlich ganz schloss. Dann holte sie einmal tief Luft.
    »Scheiße!«
    »So weit hattest du gar nicht gedacht, was?«, fragte Ezra.
    Lena lachte rau und trocken auf. »Kann man so sagen.« Sie ließ die Spitze des dünnen, biegsamen Blindenstocks über den Boden wandern, bis sie gegen einen Baum stieß, und sank mit dem Rücken an dessen Stamm nach unten, als könnte sie sich keine Minute länger auf den Beinen halten.
    »Nein«, fuhr sie fort. »Daran hatte ich nicht gedacht. Ich weiß auch nicht genau, warum. Sergeant Jennings – der in der besagten Nacht hier war – , hatte von einem möglichen Unfall geredet, aber mir war noch im selben Augenblick klar gewesen, dass das nicht sein konnte. Da lag irgendetwas in ihrer Stimme, es war die Art, wie sie um Hilfe gerufen hat. Das war kein Unfall. Was auch immer ihr angetan worden ist – jemand hat mit Absicht so gehandelt.«
    »Unfallopfer können in schlimme Schockzustände geraten.«
    Lena lächelte traurig. »Du denkst wahrscheinlich, dass ich die Sache überdramatisiere.« Sie seufzte, schob sich die Sonnenbrille ins Haar und rieb sich die Augen. »Ob du es glaubst oder nicht, ich neige nicht dazu, zu übertreiben. Das liegt mir einfach nicht. Das überlasse ich Law. Es war einfach irgendwas … irgendwas an ihrer Stimme. Ich kann es nicht genau beschreiben. Aber es klang, als ginge sie durch die

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