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Blinde Wahrheit

Blinde Wahrheit

Titel: Blinde Wahrheit Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Shiloh Walker
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sich mit dem Rücken gegen die Wand und starrte geistesabwesend auf den Fußboden. »Ich hatte eine Partnerin. Sie hieß Mac. MacKenzie. Wir waren fast drei Jahre lang zusammen. Wir … «
    Er schluckte und fuhr sich mit der Hand über den Hals. »Wir hatten eine Affäre. Nicht gerade die besten Voraussetzungen, aber wir wollten ja schließlich auch nicht heiraten. Wieder so eine Sache. Es ist damals einfach passiert. Wir waren Freunde, haben uns gut verstanden und uns gemocht. Es hat ganz einfach gepasst.«
    »Eine Freundschaft mit gewissen Extras also?«
    »So was in der Richtung.« Ein verzagtes Lächeln erschien auf seinem Gesicht. »Sie war einer meiner besten Freunde. Jedenfalls dachte ich das immer. In meinem letzten Dienstjahr haben wir zusammen an einem Fall gearbeitet – wir wollten einen Hehlerring hochgehen lassen. Doch immer wenn wir kurz vor dem Durchbruch waren, kam irgendetwas dazwischen – und wir standen wieder mit leeren Händen da. Am laufenden Band ging das so.« Er spannte einen Kiefermuskel an. Ezra durfte ihr nicht besonders viel erzählen. Der Großteil der Geschichte stand unter Verschluss, und an einiges anderes erinnerte er sich schlichtweg nicht mehr.
    Er suchte nach Worten und fuhr dann stockend fort: »Ich hatte den Verdacht, dass ein Cop in die Sache verwickelt sei. Aber es zu beweisen, war ein Ding der Unmöglichkeit und ich … tja … «
    »Es war Mac.«
    Er schaute auf. »Ja.«
    »Das ist … hm.« Sie schwieg und spitzte dabei die Lippen. »Na ja, das ist übel.«
    Er musste lächeln. »Du bist eine Meisterin der Untertreibung, Süße, wusstest du das?«
    »Na ja, ich wollte eigentlich sagen, dass das Ganze eine total üble Scheiße ist, aber ich wollte nicht unhöflich sein.«
    » Total üble Scheiße trifft es aber ziemlich gut«, brummte er.
    »Sitzt sie im Gefängnis?«
    Gefängnis.
    Blut. Das Blut.
    Himmel … Abermals schossen ihm Bilder durch den Kopf – die Fotos vom Tatort – warum zum Teufel hatte er sich die eigentlich angeguckt? Der Anblick von Macs leblosem Gesicht und ihren leeren Augen hatte sich wohl für immer in sein Gedächtnis gebrannt.
    »Nein.«
    »Nein? Warum denn nicht?«, wollte Lena wissen.
    »Weil sie tot ist.« Ezra wandte sich ab und starrte wieder aus dem Fenster. Doch dieses Mal hatte er keinen Blick für die bunten Blumenbeete, das leuchtend grüne Gras oder die dunklen Schatten der Bäume.
    Er hatte eine Gasse vor Augen, eine immer wiederkehrende Erinnerung.
    »Sie ist tot, Lena. Mein Bein ist hinüber, weil sie auf mich geschossen hat – ich hab mir zwei Kugeln gefangen. Ich kann mich allerdings nicht mehr daran erinnern, auch nicht daran, wie ich auf sie geschossen habe, aber das muss ich wohl, und zwar direkt ins Herz. Und die Schüsse waren tödlich.«
    Er erzählte es so ruhig, so sachlich. Er hätte ebenso gut den Wetterbericht ansagen können, dachte Lena. Wobei die Meteorologen bei ihren Auftritten meist sogar noch aufgeregter klangen.
    Doch in seiner Stimme lag eine unterschwellige Spannung, und sie vermutete, dass sich in seinem Inneren Abgründe auftaten und er furchtbar litt.
    Auf einmal sah sie seinen Rückzieher vor ein paar Wochen in einem anderen Licht.
    In einem ganz anderen Licht.
    »Verdammt, Ezra. Als du damals zu mir meintest, du habest eine harte Zeit durchgemacht, war das dein voller Ernst, oder?«, sagte Lena leise.
    Er schwieg, aber sie hatte auch keine Antwort erwartet.
    »Kannst du mir erzählen, was passiert ist?«
    »Nein.« Er stieß einen schweren, müden Seufzer aus. »Genau genommen hätte ich dir gar nicht von der ganzen Sache erzählen dürfen. Aber abgesehen davon … Selbst wenn ich es wollte, kann ich es auch nicht, weil ich mich an nichts mehr erinnere. Die Ärzte wissen nicht, ob mein Gedächtnis je wieder zurückkehren wird. Es gab ein paar Polizisten vom Dezernat für interne Ermittlungen, die gegen mich ermittelt haben, und so ziemlich alles, was ich über diese Nacht weiß, wurde mir von ihnen erzählt.«
    »Das tut mir leid.«
    »Ach was, du hast ja nichts gemacht.«
    »Nein. Aber du leidest. Und wie.« Sie biss sich auf die Unterlippe, kam zu ihm ans Fenster und streifte mit ihren Fingern seinen Rücken, bevor sie ihre Hand schließlich auf seine Schulter legte und sich zwang, nicht weiter über diese äußerst attraktive Kehrseite mit ihren langen, starken Muskelsträngen nachzudenken. Lecker …
    Du willst ihn trösten, nicht verführen, Lena , ermahnte sie sich selbst.
    »Aus irgendeinem Grund

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