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Blinde Wut

Blinde Wut

Titel: Blinde Wut Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Peter Scheibler
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jemand. Es war furchtbar. Aus, dachte ich, Schluß. Und auf einmal hatte ich die Pistole in der Hand.«
    Däubler verstummte und betrachtete die Pistole, die er in der Hand hielt.
    »Und da haben Sie dann auf Ihre Frau geschossen…«, ergänzte Lutz.
    Däubler nickte wie in Trance.
    »Und auf Christian. Warum auf Christian?«
    »Ich wollte mich selbst umbringen«, brachte Däubler hervor, und das klang wie eine Rechtfertigung.
    »Und Christian nicht allein lassen?« drang Lutz in ihn. »War es so?«
    »Ich bin ein Mörder«, sagte Däubler nur.
    »Nein, Sie haben im Affekt gehandelt. Das ist kein Mord.«
    »Für mich wird es immer ein Mord bleiben«, widersprach ihm Däubler und hob langsam die Hand, in der er die Pistole hielt.
    »Und wie soll der Junge damit fertig werden?« setzte Lutz nach. »Denken Sie doch mal an ihn.«
    »Wie meinen Sie das?« fragte Däubler irritiert und hielt in seiner Bewegung inne.
    »Christian wird wieder ganz gesund werden«, sagte Lutz mit Bedacht, »das hat mir der Arzt versichert. Er wird größer und verständiger werden, und eines Tages wird er nach seiner Mutter fragen und nach seinem Vater. Und dann muß jemand dasein, der ihm antworten kann. Und zwar so, daß er weiterleben kann, trotz des Schicksals, das ihn getroffen hat. Wollen Sie ihn einfach im Stich lassen und sich verdrücken? Wollen Sie es fremden Menschen überlassen, ihm diese Antworten zu geben?«
    Däubler schüttelte kaum merklich den Kopf und ließ die Pistole sinken. Lutz streckte die Hand aus, um sie in Empfang zu nehmen.
    Lorenz Kleinhanns war fassungslos. Däubler hatte sich nicht zur Wahrheit bekannt! Und die Kriminalbeamten waren ihm auf den Leim gegangen, hatten ihm diese hanebüchene Geschichte abgekauft und ihm goldene Brücken gebaut, über die er nach milder Bestrafung wieder in die Freiheit gelangen würde. Das Schlimmste aber war, daß sein fein eingefädelter Racheakt kurz vor dem erfolgreichen Abschluß durchkreuzt und zunichte gemacht worden war. Jetzt gab es keinen mehr, der seinen Willen vollstreckte, jetzt würde er selbst handeln müssen, ohne Rücksicht auf sich oder jemand anders zu nehmen. Kleinhanns zog die großkalibrige Pistole hervor, wartete den nächsten Donnerschlag ab, um sie zu entsichern und legte an. Er zielte auf Däublers Wunde an der Stirn und drückte in dem Moment ab, in dem Däubler dem Kommissar die Waffe übergab.
     
     
    Der Knall der Pistole wurde von einem gewaltigen Donnerschlag übertönt. Lutz und Wagner war zunächst unklar, warum Däubler plötzlich zusammenbrach. Dann entdeckten sie das Loch in seiner Stirn, aus dem jetzt Blut quoll. Wagner sah sich nach dem Täter um, raste aus der Wohnung und erwischte Lorenz Kleinhanns noch unten an der Haustür.
    Lutz und Wagner waren außerstande, auch nur ein Wort über diesen Fall zu wechseln, der sie so lange beschäftigt und nun ein so sinnloses Ende gefunden hatte. Sie hatten veranlaßt, was jetzt nötig war, und Lorenz Kleinhanns ins Präsidium bringen lassen. Morgen würde er dem Haftrichter vorgeführt werden.
    Dann hatte Wagner Lutz nach Hause gefahren. Die Fahrt über schwiegen sie. Als Wagner schließlich anhielt, um Lutz aussteigen zu lassen, blieb dieser noch einen Moment sitzen.
    »Ich habe Sie übrigens zu einem Fortbildungslehrgang angemeldet«, sagte er betont beiläufig. »Er beginnt übermorgen, dauert zwei Wochen und findet in Karlsruhe statt. Es geht um psychologische Strategien bei der Aufklärung von Schwerverbrechen.«
    Wagner blieb gegen seine sonstige Gewohnheit völlig ruhig. »Warum haben Sie mich nicht gefragt?« wollte er nur wissen.
    »Weil ich Sie kenne«, gab Lutz zurück. »Sie hätten alles in Bewegung gesetzt, um nicht teilnehmen zu müssen.«
    »Stimmt«, sagte Wagner nur und sah still vor sich hin.
    Lutz hatte mit heftiger Gegenwehr gerechnet, mit ausfallenden, frechen Bemerkungen, die er mit dem Hinweis auf eine dienstliche Anordnung zu kontern gedachte. Jetzt tat ihm Wagner fast leid, als er ihn so schweigsam und in sich gekehrt am Steuer des Dienstwagens sitzen sah.
    »Wenn Sie nicht wollen, müssen Sie nicht hin«, gestand Lutz ihm zu.
    »Nein, nein«, meinte Wagner, »ist schon in Ordnung.« Er mußte an Gaby denken und fragte sich, ob ihre Beziehung eine Trennung von zwei Wochen überstehen würde. Er hatte da so seine Zweifel. Und die schienen ihn nicht mal zu bekümmern.
     

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