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Blinde Wut

Blinde Wut

Titel: Blinde Wut Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Peter Scheibler
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Büro gehen wollte. Eine Tasse Kaffee, die er ihr schnell stibitzen könnte, hatte er zu seinem Bedauern nicht entdeckt.
    »Da können Sie jetzt nicht rein«, hielt sie ihn auf. »Der Chef telefoniert gerade.«
    Wagner setzte sich auf den Stuhl, der eigentlich Besuchern vorbehalten war. Gelangweilt sah er sich um und entdeckte vor sich am Rand von Frau Bauers Schreibtisch das Anmeldeformular für einen Fortbildungslehrgang. Er nahm das Blatt auf und las laut vor: »Psychologische Strategien bei der Aufklärung von Schwerverbrechen.« Er lachte auf und blickte zu Frau Bauer hoch. »Macht der Lutz jetzt auf Psycho?«
    »Geben Sie her!« fuhr Frau Bauer ihn an und riß ihm das Blatt aus der Hand.
    »Tschuldigung«, brachte Wagner, verdutzt ob dieser harschen Reaktion, hervor.
    »Sie können jetzt rein«, beschied sie ihm, »der Chef telefoniert nicht mehr.«
    Wagner erhob sich langsam und schlurfte in Lutzens Büro, nachdem er angeklopft hatte und bevor die Aufforderung einzutreten erfolgt war.
    »Auch schon da?« begrüßte Lutz ihn, ohne von den Unterlagen hochzusehen, die er vor sich liegen hatte.
    Wortlos legte Wagner seine Überstundenmeldung auf den Schreibtisch in Lutzens Blickfeld. Lutz ließ sich Zeit, das Papier zu überprüfen. Dann sah er zu Wagner hoch. »Es geschehen noch Zeichen und Wunder«, meinte er und hakte das Papier ab, bevor er es in den Ausgangskorb legte. »Sie haben sogar alles richtig ausgefüllt.« Das war nicht anerkennend gemeint, sondern reiner Spott. Wagner verdrehte die Augen und schickte sich an, das Büro wieder zu verlassen.
    »Es gibt eine interessante Neuigkeit«, ließ Lutz sich jetzt vernehmen.
    »Aha?« brachte Wagner hervor und sah ihn fragend an.
    »Däubler hat den Wunsch geäußert, seinen Sohn zu sehen«, sagte Lutz bedeutungsvoll. »Doktor Kröll hat mich gerade angerufen.«
    »Hm«, machte Wagner und dachte kurz nach. »Und was soll daran interessant sein?«
    »Naja«, meinte Lutz, der offensichtlich keine schlüssige Antwort auf diese Frage parat hatte, gedehnt, »das zeigt doch, daß Däubler die Fühler ausstreckt und wieder Kontakt zu seiner Umwelt aufnehmen will. Von sich aus, aktiv.«
    Wagner zog die Schultern hoch. Die Antwort hatte ihn nicht überzeugt. »Und was sagt der Doktor dazu?« wollte er wissen.
    »Im Prinzip hat er nichts gegen eine solche Begegnung«, berichtete Lutz. »Er will aber noch ein wenig abwarten, bis er ganz sicher sein kann, daß es dem Jungen nicht schadet.«
    »Wie hat Däubler auf die Ablehnung reagiert?«
    Lutz sah ihn mit gerunzelten Brauen an. »Danach hab ich gar nicht gefragt«, meinte er, und er schien sich über sein Versäumnis zu ärgern. »Jedenfalls sollen wir dabeisein, wenn es zu dieser Begegnung kommt.«
    Wagner nickte. »Sonst noch was?« erkundigte er sich schließlich.
    »Nein.«
    »Dann geh ich jetzt«, murmelte Wagner und machte sich auf in Richtung Tür.
    »Moment!« hielt Lutz ihn auf. »Da ist doch noch was.«
    Wagner blieb stehen und drehte sich zu ihm um. »Ja? Was denn?«
    Lutz sah ihn lange nachdenklich an, und Wagner überlegte fieberhaft, welche Verfehlung es geben könnte, die Lutz ihm jetzt vorhalten würde.
    »Ich würde gerne wissen«, ließ Lutz sich schließlich vernehmen, »was Sie mit dem Krüger angestellt haben.«
    »Verstehe ich nicht«, meinte Wagner und stellte sich dumm. Was es zwischen ihm und Krüger gab, war eine reine Privatsache, und die ging Lutz nun wirklich nichts an.
    »Er hat dringend um seine Versetzung in ein anderes Dezernat gebeten«, erklärte Lutz, »und ich habe das Gefühl, das hat etwas mit Ihnen zu tun.«
    »Kann ich mir nicht vorstellen«, gab Wagner vor und triumphierte innerlich. Die Aussicht, diesen arroganten Kerl bald nicht mehr um sich haben zu müssen, beflügelte ihn. Beschwingt setzte er seinen Weg zur Tür fort.

VIII
     
     
     
    Früher als jeder andere in der Stadt hatte Max Kronbeck gespürt, daß es heute noch ein Gewitter geben würde. Seine euphorische Stimmung, das merkwürdige Kribbeln in der Magengegend und sein Wunsch, die ganze Welt zu umarmen, waren nur allzu deutliche Anzeichen, da mochten sie im Radio im Wetterbericht noch soviel von ruhiger Wetterlage mit nur vereinzelten Störungen reden.
    Aus den Augenwinkeln beobachtete er Anne, die vor dem Fernseher saß und eine jener Serien gebannt verfolgte, die ihn so anödeten, weil sie nichts anders waren als die ständige Wiederholung des gleichen. War es das, was sie brauchte, eine ständige Wiederholung

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