Blinde Zeugen: Thriller
Bürostuhl plumpsen und fuhr sich mit den Händen durch die Haare. »Mein Mund fühlt sich an wie ’n Hundearsch.«
»Hätte nicht gedacht, dass du heute Morgen aufkreuzt.«
Sie starrte ihn an. »Du siehst echt scheiße aus.« Dann begann sie in ihrem Eingangskorb zu wühlen. »Wo bleibt bloß Rennie mit den verdammten Kippen? Und wo ist mein Auto?«
»Ich hab es gestern Abend weggefahren. Steht hinten auf dem Parkplatz. War das alles? Ich muss nämlich –«
»Netter Versuch.« Inzwischen hatte sie einen kleinen Stapel Farbausdrucke aus dem Eingangskorb ausgegraben, die sie ihm zuwarf. »Fahndungsfotos von einem Kerl, der seinen Samen in der ganzen Stadt verstreut. Im wahrsten Sinn des Wortes. Dieses Ferkel schmiert sein Sperma auf Geländer und Türklinken. Hat eine besondere Vorliebe für Einkaufszentren.«
»Scheint ja ein echter Künstler zu sein …« Laut den beigefügten Informationen waren die computergenerierten Phantombilder von drei verschiedenen Zeuginnen erstellt worden, die alle erst gemerkt hatten, dass etwas ganz und gar nicht stimmte, als sie schon voll hineingelangt hatten. Der Verdächtige hatte schulterlanges lockiges Haar, ein längliches Gesicht und schiefe Zähne, und er trug eine Sonnenbrille. Alter: um die vierzig.
»Ich verstehe nicht –«
»Lass die an die Sicherheitschefs von sämtlichen größeren Supermärkten der Stadt ausgeben. Und auch an die Einkaufszentren. Der Typ verteilt seine DNS eimerweise in der Landschaft – alles, was wir brauchen, ist jemand, dem wir sie zuordnen können. Sag den Leuten, sie sollen mich auf der Stelle anrufen, sobald dieser abgefuckte Wichser seine hässliche Visage zeigt. Und hak mal nach wegen der Fahndung nach Rory Simpson. Dieser miese kleine Pädo muss doch irgendwo sein.«
»Das wird bis morgen warten müssen. Finnie will, dass ich –«
»Herrgott noch mal, sag diesem blöden Froschgesicht, er kann mich mal. Er –«
»Wir haben gestern Colin McLeod festgenommen: versuchter Mord. Er hat Harry Jordan einen Besuch mit dem Klauenhammer abgestattet.«
Steel lächelte tatsächlich. »Kriegen sie ihn wieder hin?«
»Wahrscheinlich nicht.«
»Gut.« Sie hustete, zog eine Grimasse und setzte dann die Bergungsarbeiten auf ihrem Schreibtisch fort. »Wieso hab ich hier kein Paracetamol …«
»Also, wie gesagt, ich soll bei der Vernehmung dabei sein, und wir müssen eine formelle Identifizierung machen, und –«
Ein Poltern und Krachen – DC Rennie schob sich rückwärts ins Zimmer, in der einen Hand einen Becher Kaffee, in der anderen eine Packung Kekse, eine braune Aktenmappe unter den Arm geklemmt. »Sorry.«
Steel starrte ihn böse an. »Ja, nur zu, machen Sie die verdammte Bude zu Kleinholz. Wo sind meine Kippen?«
»Hab Ihnen drei Silk Cut besorgt. Ich musste sie bei DS Griffiths stibitzen – also, wenn er einen Aufstand macht: Sie wissen von nichts, okay?«
»Los, los, los, her damit!« Sie streckte die Hand aus, und Rennie ließ die Zigaretten hineinfallen. Sie steckte sich eine an, sog den Rauch ein und ließ ihn dann mit einem langen Seufzer der Befriedigung wieder entweichen. »O Mann, das ist schon viel besser.«
Logan sagte Rennie, er solle die Tür schließen, während er selbst das Fenster aufriss. Die Stadt draußen glitzerte – der ganze Staub eines langen, heißen Sommers weggespült vom nächtlichen Regen. Alles glänzte wie frisch gewaschen; nicht eine Pfütze von Erbrochenem auf den Gehsteigen. Selbst der Morgennebel hatte sich in der Sonne aufgelöst.
Rennie warf die Aktenmappe auf Steels Schreibtisch. »Das ist der vorläufige Bericht der Kriminaltechnik über den Brand.«
Steel blickte nicht einmal auf. Sie hing schlaff in ihrem Stuhl und rauchte zur Decke hinauf. »Was für ein Brand?«
»Im Turf ’n Track. Die Brandstiftung. Ist doch Ihr Fall.«
»Echt?«
Rennie tippte auf die Mappe. »Sie waren gestern am Tatort. DS McRae hat Sie als Leitende Ermittlungsbeamtin eingetragen.«
Und jetzt setzte sie sich tatsächlich auf. »Ich war dort?«
»Rein formal gesehen, ja.« Logan nahm die Akte und blätterte sie durch. Die Feuerwehr war bei ihrer ersten Vermutung geblieben: Der Brand war durch einen Molotowcocktail ausgelöst worden, der durch die Eingangstür in den Laden geworfen worden war. »Nichts vom Fingerabdrucklabor?«
Der Constable schüttelte den Kopf. »Die sind vorläufig noch mit den ganzen Knarren beschäftigt, die wir gefunden haben. Sie sagen, sie kommen eventuell morgen dazu,
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