Blinde Zeugen: Thriller
Mund: »Das ist ja kalt.«
»Echt?« Logan manövrierte den Wagen durch den Kreisverkehr auf die Market Road. »Als ich’s gekauft habe, war es aber heiß.«
»Also, jetzt ist es jedenfalls kalt.« Steel spülte den Bissen mit einem Schluck Irn-Bru hinunter und schlug dann noch einmal die Zähne in ihr Bacon-Sandwich. Kauend starrte sie zum Seitenfenster hinaus. »Ich bin bei dem Adoptionsgespräch durchgefallen. Ich bin zu alt, haben sie gesagt …«
Logan hielt an der roten Ampel, direkt neben einer riesigen Reklametafel – MCLENNAN HOMES: WOHNEN IST UNSERE LEIDENSCHAFT – 400 NEUE HÄUSER FÜR FAMILIEN IM NORDOSTEN! –, und wartete, bis der Konvoi aus Sattelschleppern, die aus der Hafenausfahrt gedonnert kamen, vorbei war.
»Unsinn. Ich kenne ein Paar, die sind beide über sechzig und ziehen immer noch Pflegekinder groß.«
»Pflegekinder sind nicht dasselbe. Susan will ein eigenes Baby. Sie ist …« Steel seufzte. »Na, du kennst sie ja.« Sie warf einen Seitenblick auf Logan und starrte dann wieder die Reklametafel an. »Unsere einzige Chance ist, dass Susan schwanger wird.«
»Künstliche Befruchtung? Aber ich dachte –«
»Ja … so was in der Art .« Sie hustete. Rutschte auf ihrem Sitz hin und her. Schniefte. »Sag mal … äh … du hättest nicht zufällig Lust, ein bisschen Sperma zu spenden?«
Logan hätte fast den Motor abgewürgt. »Was?«
»Ach, komm schon, wir sind doch praktisch eine Familie, oder?« Die Röte stieg ihr vom Hals in die Wangen und verfärbte sie von einem ungesunden Grau zu einem verschämten Pink. »Wir könnten … du weißt schon …« Sie wandte den Blick nicht von dem riesigen Plakat mit Malcolm McLennans verlogenem Grinsen. »Die Bechermethode.«
Logan klappte ein paarmal den Mund auf und zu, aber es kam kein Ton heraus. Er versuchte es noch einmal. »Also … ich –«
Hinter ihnen gellte eine Hupe, und jemand schrie: »Grüner wird’s nicht, du Trottel!«
Zurück im Präsidium, machte Logan sich eiligst aus dem Staub, indem er einen kurzfristig angesetzten Termin bei der Internen Dienstaufsicht vorschob. Es war gelogen, aber vielleicht würde sie ihn ja in Ruhe lassen, wenn sie glaubte, dass er sich einen Anschiss abholen musste.
Er musste irgendwo untertauchen, bis er sich nach Hause verkrümeln konnte. Also machte er sich auf den Weg nach unten ins SOKO-Büro der Operation Ödipus.
Steel hasste Finnie – weshalb sie dort zuallerletzt nach ihm suchen würde.
Finnie hätte Logan fast über den Haufen gerannt, als er zur Tür herausgestürmt kam. Der DCI zog im Gehen sein Jackett über sein zerknittertes rosa Hemd. »Wo haben Sie gesteckt?« Er rümpfte die Nase. »Und was ist das für ein Gestank ?«
»Sie haben gesagt, ich soll mit DI Steel nach Torry fahren, um –«
»Vergessen Sie’s. Ich habe gerade einen Anruf aus dem Krankenhaus bekommen – sie haben Simon McLeod entlassen. Wird der sich freuen, wenn wir ihm einen kleinen Besuch abstatten.«
Logan wollte schon protestierten – die Tagschicht war offiziell in zwei Minuten um –, aber da war schließlich diese DI-Stelle zu besetzen. Und es könnte nicht schaden, Finnie auf seiner Seite zu haben. »Was ist mit DS Pirie?«
Finnie grinste boshaft. »Sagen wir einfach nur, dass Pirie und die McLeods sich nicht mehr grün sind. Also, zack-zack: Wagen holen.«
Simon McLeod hatte einiges erreicht. Seine exklusive Sechs-Zimmer-Villa war Teil einer kleinen Neubausiedlung am Ortsrand von Cults, direkt am Wald gelegen. Kleiner Garten vor dem Haus, riesiger Garten dahinter. In der Einfahrt stand ein chromblitzender BMW-Geländewagen, daneben ein Porsche Boxster.
Logan setzte in die Einfahrt zurück und parkte so, dass er beide Autos blockierte.
»Na schön«, sagte Finnie und rieb sich die Hände. »Die McLeods sind nicht gerade dafür bekannt, dass sie mit der Polizei kooperieren. Deshalb möchte ich, dass Sie seine Lebensgefährtin bearbeiten, während ich mir Simon selbst vornehme. Wenn wir sie trennen, spuckt er vielleicht etwas aus, zumal, nachdem sein kleiner Bruder sich jetzt wegen versuchten Mordes vor Gericht verantworten muss.«
Sie mussten zweimal klingeln, ehe Simons Lebensgefährtin Hilary Brander ihnen öffnete. Ihr erwartungsvoller Gesichtsausdruck verflog, als sie Finnie erblickte.
Sie verschränkte die Arme vor der Brust und versperrte den Durchgang. »Was wollen Sie?«
»Ich habe gehört, dass die Ärzte Simon heute entlassen haben. Ich müsste ihn mal kurz
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