Blinde Zeugen: Thriller
.« Er senkte den Blick auf das mit Lebensmitteln übersäte Linoleum. »Ich weiß nicht. Ich war nicht hier. Sie müssen Tür aufgebrochen haben.«
»Na schön …« Logan setzte seinen Fuß vorsichtig zwischen einen blutroten Fleck aus zerbrochenen Rote-Bete-Gläsern und etwas, das nach Karottensaft aussah. »Sie haben nicht die Polizei gerufen. Wir mussten es von einem Ihrer Kunden erfahren. Gibt es einen Grund dafür?«
»Was kann ich sagen, wenn Leute machen so etwas? Ich arbeite hart, um Geschäft aufzubauen, und jetzt das.« Er lehnte sich an die Wand und fuhr sich mit der Hand durch sein kurz geschorenes, angegrautes Haar. »Zuerst es sind Zeitungen: Aberdeen Examiner erzählt allen Leuten, dass polnische Ladenbesitzer weigern sich, Einheimische zu bedienen. Pah. Ist schwer genug, von Geschäft zu leben, muss man nicht noch gutes Geld ausschlagen.« Er trat nach einem Milchkarton. »Engstirnige Leute, die Lügen verbreiten. Bei mir ist jeder willkommen. Ich will , dass Einheimische kaufen meine Sachen – deswegen ich bin ja hergekommen.«
»Und wer hat nun Ihren Laden geplündert?«
»Pfff.« Wojewódzki warf die Hände in die Luft. »Was interessiert Sie? Sie sind policja . Lassen Sie mich in Ruhe. Ich habe hier nichts für Sie.« Er räumte einen kleinen Berg Erbsen in Dosen beiseite und begann an der umgekippten Vitrine zu zerren.
Logan packte am anderen Ende an und legte sich ins Zeug. Die Vitrine wog eine Tonne, aber irgendwie schafften sie es, sie aufzustellen. »Ich habe das ernst gemeint vorhin – ich will nur die Leute erwischen, die das hier getan haben.«
Die Reaktion war ein Knurren. Dann begann Wojewódzki, die heil gebliebenen Flaschen aufzusammeln.
»Hören Sie, Sie haben wahrscheinlich schlechte Erfahrungen mit der Polizei in Polen gemacht, aber –«
»Ich war Hauseigentümer. Hatte neun Häuser drüben in Kraków, alle sehr schön. Und dann kommt diese große Zampano aus Warszawa und sagt, er weiß Geschäftschance für mich. Er hat Cousin, wo arbeitet in Parlament: großes Grundstücksgeschäft, viel Geld drin. Also ich verkaufe Häuser und investiere.«
Der Ladenbesitzer griff nach einem Glas eingelegter Paprikaschoten und drehte es in den Händen. »Pfffff – hat Sprung!« Er ließ es fallen, und es zersprang am Boden in tausend Stücke.
»Zwei Monate vergehen, und nichts passiert: Kein Haus, kein Vertrag, kein Land. Ich frage ihn: Wo ist mein Geld? Und er sagt mir, gibt kein Geld, geh zurück nach Kraków. Als ob ich kleines Kind. Natürlich ich gehe zu policja , aber Cousin von Mann war großes Tier in Finanzministerium, als Kommunisten hatten Macht. Policja sagt mir, ich soll mein Geld vergessen. Ist futsch.« Er rollte einen schwarzen Müllsack auf und begann ihn mit zerdrückten Knoblauch- und Zwiebelbroten zu füllen. »So ist policja bei uns. Niemand kümmert sich. Alle korrupt.«
»Haben Sie noch mehr Müllsäcke?«
Der Ladenbesitzer zuckte mit den Achseln und reichte ihm einen. »Manchmal ich frage mich, warum ich bin gekommen nach Aberdeen. Alle sitzen so auf Geld, haben Angst, neue Sachen auszuprobieren. Sechs Jahre ich habe versucht …«
Sie räumten eine Weile schweigend auf, lasen die Glasscherben auf und kehrten die Cornflakes zusammen. Dann hievten sie die Kasse aus der Kühltruhe. Die Schublade stand offen, der Inhalt war verschwunden.
Er seufzte. »Sie sehen? Sie machen alles kaputt. Sie stehlen alles. Was kann ich tun?«
»Sie können mir sagen, wer es war.«
»Vier Männer, sie kommen hier rein. Lärmen, schreien sich an, lachen. Sie werfen Flaschen durch Laden, schmeißen sie auf Boden. Dann sie sagen mir, ich muss ihnen zahlen ›Schadenersatz‹. Wenn nicht, gibt noch mehr Schaden.« Der Ladenbesitzer wölbte die Brust. »Ich sage ihnen, ich habe keine Angst! Und sie zeigen mir Messer.« Er sah weg, schob die Kassenschublade zu. »Ich sage ihnen, ich habe schon bezahlt Schutzgeld für Laden …«
»Und dann haben sie alles kurz und klein geschlagen.«
»Sie sagen, ich muss sie bezahlen, sonst ich kann nie sicher sein. Fünfhundert Pfund jede Woche.«
Logan nahm sein Notizbuch heraus. »Wie haben sie ausgesehen?«
Achselzucken. »Diese Pullis mit Kapuze. Einer hat Tattoo auf Hand. Dünnes Gesicht, große Nase. Hat so raffiniertes Messer zum Aufklappen. Klang nicht schottisch.«
»Englisch?« Logan gab sich Mühe, einen überzeugenden Manchester-Akzent zu produzieren. »Ham die sich vielleicht ungefähr so angehört?«
Wieder zuckte er
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