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Blinder Eifer

Blinder Eifer

Titel: Blinder Eifer Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Unbekannter Autor
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hob seine Tasse.
    Sie lachte. »Nicht nur in Santa Fe. Heutzutage ist Cappuccino und Latte trinken eine landesweite Seuche. Na, eigentlich überall. Bei Ihnen gibt es Espressobars. Ich war in einer in Salisbury. Also, bitte.«
    Er schüttelte den Kopf. »In Salisbury waren Sie in einer Bar. Einer echten. Wo der Chef eine Espressomaschine zu bieten hat.«
    »Gut, Sie haben gewonnen. Egal, Salisbury ist wunderschön.«
    »Ja. Sind Sie in der Kathedrale gewesen?« Sie nickte. »Es tut mir leid, daß die Umstände so unerfreulich waren.«
    Sie senkte den Kopf. »Ja.«
    »Sie haben gesagt, Sie und Angela seien nicht eng befreundet gewesen.«
    Sie hob den Kopf. »Soll ich Ihnen die Wahrheit sagen?«
    »Ist mir lieber als Lügen.« Er lächelte.
    Dolly lehnte sich in die knallbunten Kissen und holte tief Luft. »Ich habe gesagt, daß Angela mich nicht sehr mochte. Vielleicht war das so, vielleicht auch nicht. Aber ich weiß, daß ich Angela nicht sonderlich mochte.«
    »Oh? Warum nicht?« Jury dachte, er wüßte es. Einer so unscheinbaren, farblosen Person wie Dolly Schell fiel es sicher schwer, eine so hübsche, noch dazu künstlerisch begabte Frau wie Angela Hope zu mögen.
    Sie schüttelte den Kopf und studierte ihre Tasse. Um ihre Mundwinkel spielte sogar ein Lächeln. Als wolle sie sich schelten. »Ich glaube, ich war eifersüchtig. Ich war böse, weil immer nur sie Glück im Leben hatte.« Sie seufzte. »Ich erzähle Ihnen mal ein wenig von meiner - unserer - Geschichte, ja?« Jury nickte und lehnte sich zurück. »Ich habe mein ganzes Leben hier in Santa Fe verbracht. Beziehungsweise in Albuquerque. Mein Vater hatte den Drugstore, und ich bin einfach nur in seine Fußstapfen getreten. Ich war ein Einzelkind. Nicht sonderlich abenteuerlustig und zudem aus der Kleinstadt. Aber Angelas und Marys Eltern - es fällt mir schwer, sie >Tante< und >Onkel< zu nennen, weil ich sie kaum kannte und selten sah und sie nicht unbedingt als Verwandtschaft betrachtete -, also, sie waren absolut überzeugte New Yorker. Wahrscheinlich sind sie nie westlich über den Hudson hinausgekommen. Sie reisten immer nur in die andere Richtung - nach Europa, Antigua, Kioto, in die Türkei, Orte und Länder, die ich nur aus Büchern kenne. Sie waren beide sehr schön. Ich meine, wirklich schön. So wie die Filmstars, die hier in der Stadt herumlaufen.
    Meine Tante Sylva -so haben wir sie genannt - war die jüngere Schwester meines Vaters, aber wenn man sie zusammen sah, hätte man das nie gedacht. Sie hieß Sylvestra Dark Schell. Dark war der Mädchenname meiner Großmutter, aber ich kann Ihnen sagen, sie war total anders als meine Großmutter. Jetzt hätte es Sylva hier gefallen, das reinste Hollywood. Aber damals haßte sie den Südwesten, sie verabscheute New Mexico, für sie war es tiefste Provinz. Also ging sie in den Osten, landete in Manhattan und heiratete Martin Hope. Mein Vater ist tot, er ist vor vier Jahren an Krebs gestorben. Und Sie wissen sicher, daß die Hopes umgekommen sind, als ihr Flugzeug - ihr Privatflugzeug - in einem winzigen Land mit einem unaussprechlichen Namen an einem Berg zerschellte.« Sie machte sich an ihrem kalten Kaffee zu schaffen. »Ich klinge vielleicht hartherzig. Aber ich kannte sie ja nicht. Jetzt würde ihnen Santa Fe vermutlich gefallen, es ist entdeckt worden, alle rasten aus, weil es immer schicker wird. Vor dreißig Jahren oder so war es ein verschlafenes Städtchen. Ist es teilweise immer noch, mißverstehen Sie mich nicht. Es ist nicht alles Glitzer und Schminke. Aber es ist zu - aufgesetzt, wenn Sie wissen, was ich damit meine. Das reinste Theater.«
    Betrachtete sie sich selbst als »Außenstehende«, überlegte Jury, wie ein Bühnenarbeiter, der unbeachtet Kulissen schiebt und Seile zieht? Es gab ja wohl kaum einen Job, der mehr »hinter den Kulissen« ablief als der des Apothekers. Anspruchsvoll, aber auch einsam. Den Kneipenbesitzer im Angel zu Hause, den kannte er, seinen Apotheker aber nicht (zugegeben, er hatte mit ersterem geschäftlich auch weit mehr zu tun). Der einzige Mensch, der wahrscheinlich seinen Apotheker auf der Straße erkannte, war Wiggins. Die Anerkennung kriegten die Ärzte. Fühlte sich Dolly Schell auf dem, was sie als weit überschätzte »Bühne« ansah, nicht ausreichend gewürdigt?
    Jury sagte: »Aha, ein amerikanisches Mekka. Aber bitte erzählen Sie weiter.«
    »Gut, Sylvestra entkam in den Osten und heiratete Martin Hope. Er war ein reicher Bauunternehmer. Was er

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