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Blinder Eifer

Blinder Eifer

Titel: Blinder Eifer Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Unbekannter Autor
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heraus, Melrose. Wie es abgelaufen ist.«
    Melrose hielt den Hörer ein Stück weg, dann wieder ans Ohr. »Was abgelaufen?«
    »Wie sie ermordet worden sind«, sagte sie ungehalten.
    Melrose schaute zu dem verstaubten Deckenventilator, der sich träge drehte. Na, das konnte ja heiter werden.
31/III
    In Diane Demorneys Wohnzimmer herrschte arktische Kälte. Melrose sank in einen unförmigen Ledersessel und kam sich vor wie auf einer Eisscholle. Er haßte diesen Sessel sowieso, doch er hatte immer nur die Wahl zwischen dieser Sitzgelegenheit und dem Kanapee (das große Sofa nahm stets Diane in Beschlag). Letzteres hätte er mit dem Kater teilen müssen, den er auch haßte, was auf Gegenseitigkeit beruhte. Das Tier hatte goldene Schlitzaugen, die in einem wilden weißen Fell verschwanden, und einen prächtigen, enormen Schwanz, den er gern warnend zucken ließ, wenn Melrose in seine Richtung schaute.
    Diane bestand auf einem Vormittagsmartini, den
    er zwar, um nicht unhöflich zu sein, akzeptierte, aber (auf das Cairo Flame) nicht trinken wollte.
    Er schaute sich in dem kompromißlos weißen Wohnzimmer um - weiße Teppiche, Möbel, Bezüge. Admiral Byrd, der Polarforscher, hätte sich hier sofort zu Hause gefühlt. Seltsamerweise waren sogar die Bilder weiß auf weiß, man sah überhaupt nicht, was darauf war, und vor den weißen Wänden zauberte das Sonnenlicht kleine goldenen Rhomben auf die Teppiche oder malte zarte zitronengelbe Streifen und Finger auf Sideboards und Wände. Es blitzte und stach, wetteiferte mit Spiegeln und zerschnitt Bilder, als wolle es zum Duell herausfordern.
    Um dieses kunstvolle Arrangement nicht durcheinanderzubringen, trug Diane ein feines, weißes, perfekt geschnittenes, weich fallendes Wollgewand. Einzig ihr rabenschwarzes Haar (so gestutzt, daß es zu beiden Seiten ihres Kinns einen Vorhang bildete) stand in wundervollem Kontrast zu allem. Eins mußte Melrose ihr lassen: Sie war immer korrekt gekleidet, jederzeit. Sei es zum Einkaufen auf dem Markt, zum Jack and Hammer, nach London oder einem Jahrgangstreffen an der Uni. Er fand es bewundernswert, daß sie soviel Selbstachtung aufbrachte, sich dieser Mühe zu unterziehen, auch wenn es nur um ihr eigenes Spiegelbild ging. Selbst in Long Pidd-leton, wo Mode ein Fremdwort war. Vivian zum Beispiel warf sich in Venedig absolut in Schale, aber hier mogelte sie sich in staubfarbenen Röcken und Pullovern durch.
    Ob Diane ihm wirklich etwas zu erzählen hatte, wußten die Götter, vielleicht ja, aber es konnte auch nur ein billiger Trick sein, ihn hierherzulocken. Normalerweise war sie dazu aber zu clever, über billige Tricks war sie erhaben. Wie dem auch sei, sie wich allen seinen gezielten Fragen aus und rührte ihren Martini mit einer Art langem gläsernen Eiszapfen um, der mit einer öligen Flüssigkeit gefüllt war, in der wiederum Hunderte winziger Silbersternchen schwammen. Ein plötzlicher Sonnenstrahl ließ das Rührgerät aufleuchten und bewegte sich wie ein La-sersuchstrahl weiter. Melrose hoffte nur, er würde mit seinem spitzen Ende den Kater erfassen und: Fuuutsch!
    Während er angeregt über die Tate Gallery berichtete, schaute er sich in der blendenden Helle um und sagte: »Turner hätte diesen Raum bestimmt heiß und innig geliebt.« Als sie verständnislos ihre schwarzen Augenbrauen hob, fügte er hinzu: »Der Maler J. M. W. Turner.«
    Nachdenklich zog Diane eine kleine Schnute, während sie den Blick zu dem großen hellen Fenster schweifen ließ und im Geiste alles, was Rang und Namen hatte, durchging . Tolstoi . Triest . Tristan (& Isolde) ... Turner ... Tutencham ... ach ja, da ein bißchen weiter vorn! »Turners schwarzer Hund!«
    »Was?«
    Sie übertraf sich wieder mal selbst. In aller Gemütsruhe nahm sie ihre weiße Zigarettenspitze und die Silk Cut zur Hand, drehte eine Zigarette hinein und winkte mit beidem, damit Melrose ihr Feuer gab. Er wuchtete sich in seinem Sessel nach vorn und tat, wie ihm befohlen. Zigarette, Martini und Turner fest im Griff, lehnte sie sich zurück, schaute durch einen Rauchstreifen zur Zimmerdecke und hub an zu erzählen: »Es gibt ein Bild von ihm - ich weiß nicht mehr genau, welches .«
    (Wie denn auch, dachte Melrose.)
    ». mit einer langen Uferterrasse an was weiß ich für einem Fluß .«
    (Themse, Seine, Rubikon, Styx.)
    ». und daran stehen Häuser, Bäume und haufenweise andere Dinge ...«
    (Haufenweise.)
    »... und eine lange Mauer. Und das alles in blendendem Sonnenlicht. Das

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