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Blinder Eifer

Blinder Eifer

Titel: Blinder Eifer Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Unbekannter Autor
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übermittelt. Ich bin sicher, er faxt mir die Beweismittel, die dort vorliegen, und wenn Sie dasselbe tun - das heißt, wenn Sie etwas haben -, wäre das eine große Hilfe. Denn, wie gesagt, auf der Grundlage meiner Lektüre hier habe ich einige Theorien entwickelt. Zum Beispiel Medikamen-tenvergiftung.«
    Was faselte der Mann da? Melrose hielt sich den Hörer wieder ans andere Ohr und rollte sich auf die Seite. »Sergeant Wiggins, ich weiß nicht, wovon Sie reden.«
    »Weil Sie Ihre Hausaufgaben nicht gemacht haben«, sagte Wiggins in einem tadelnden Ton, den er sich besser für einen Drittkläßler aufgehoben hätte. Alle möglichen Papiere raschelten und knisterten. »Zunächst einmal gibt es jede Menge giftige Pflanzen im Südwesten Amerikas .«
    »Herrgott noch mal, wenn sie vergiftet worden wären, hätte die Polizei das ja mittlerweile rausgekriegt!«
    Man konnte die zufrieden gekräuselten Lippen des Sergeant förmlich sehen. »Wenn Sie eine solche Erfahrung mit Gift hätten wie ich, Sir, wüßten Sie, daß es nicht so einfach nachzuweisen ist. Zum einen müssen Sie wissen, was Sie suchen. Also, wenn die beiden Engländerinnen einen Peyotisten getroffen haben -«
    »Einen was?«
    »Einen Peyotisten. Hat was mit einer Religion der indianischen Ureinwohner Amerikas zu tun. Sie benutzten Peyotl bei ihren Ritualen.«
    Melrose gähnte. »Mischt Carlos Castaneda bei der Geschichte mit?«
    Diese Bemerkung überging Wiggins selbstredend und begann - in tödlichen Einzelheiten - Melrose alles über Peyotl und andere halluzinogene Drogen zu erzählen. »Also, ich habe diese Schwester Lillywhite gebeten, mir Lesematerial zu besorgen. Unglaublich, wie freundlich und hilfsbereit diese Schwestern sind. Lillywhite ist ein paarmal für mich zu Dillon's gerannt, einmal sogar bis zu Foyle's auf der Tottenham Court Road, um mir dort ein schwer erhältliches Buch zu kaufen.«
    Vielen herzlichen Dank, Schwester Lilly white. In der nächsten Post suchst du deinen Scheck vergebens. Mit knurrendem Magen zog Melrose ein Kissen unter seinem Kopf hervor und legte es sich übers Gesicht. Ob es schon mal jemand geschafft hatte, sich selbst zu ersticken?
    Der Sergeant plauderte angeregt weiter. Als er seinen Bericht über Giftpflanzen beendet hatte, wandte er sich anderen Dingen zu.
    »Zu dem Türkis. Da haben Sie vielleicht auch etwas Wichtiges nicht mitgekriegt.«
    Melrose wollte nur sein Ochsenschwanzragout und seine Blinis mitkriegen, während er heiße Luft in das Kissen blies.
    »Sie haben von den Ojibwa gehört?«
    Pause. »Von wem?«
    Pause. »Ist was, Mr. Plant? Sie haben sich doch wohl hoffentlich nicht diesen Virus eingefangen, der gerade wieder grassiert?« Wiggins' Interesse an Melrose' Gesundheit war aber nur vorübergehender Natur, denn er fuhr gleich fort: »Die Ojibwa glauben, daß Steine reagieren können - das ist sehr vereinfacht ausgedrückt. Sagen wir nur, sie sind überzeugt, daß manche Steine ein Leben haben. Nicht alle natürlich .«
    Vielleicht, wenn er sich auf den Bauch rollte . Der Hörer entglitt ihm, als er das Gesicht in die totale Dunkelheit zwischen den Kissen drückte. So oder so, er würde das Bewußtsein verlieren, es war einerlei, aber er verschwendete einen flüchtigen Gedanken daran, woher die Ojibwa wußten, welche Steine belebt waren. Sicherlich nicht die in Hörweite von Wiggins' Krankenhausbett, darauf wettete er.
    Der ellenlange, atemlose Vortrag des Sergeant knisterte aus dem Hörer, während Melrose sich für Rhabarber-CowZzs und gegen das geeiste Nougat entschied. Als es auf einmal ganz still wurde, rollte er sich wieder herum, riß den Hörer hoch und sagte: »Faszinierend, Sergeant Wiggins.«
    »Danke. Sie wissen ja gar nicht, wie dankbar ich Ihnen bin, daß Sie mir diesen Josephine-Tey-Krimi mitgebracht haben.«
    Ja, wahrhaftig, eine tolle Idee, vielen herzlichen Dank. Melrose schaute auf die Uhr. Wiggins hatte nonstop gut zwanzig bis dreißig Minuten salbadert.
    »Und es ist erstaunlich, was man alles schafft, ob-wohl man im Krankenhaus festhängt. Also, Teys Inspector hat den Fall gelöst.« Im Hintergrund war Lärm zu vernehmen, weibliches Gelächter, ein Kommen und Gehen und Hin- und Hergewusel.
    »Na, so was! Gerade habe ich noch mehr Blumen bekommen, Mr. Plant. Ich wußte ja gar nicht, daß ich so beliebt bin.« Dann folgte ein kurzes ominöses Schweigen. »Sie selbst haben ja gewiß keine Zeit gehabt. Um im Blumengeschäft vorbeizuschauen, meine ich. Ach, macht nichts«, sagte er

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