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Blinder Eifer

Blinder Eifer

Titel: Blinder Eifer Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Unbekannter Autor
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Sie deponierte die Radic-chiofetzchen am Rand ihres großen Salattellers. »Er will nämlich immer sehen, ob die Leute schockiert sind. Verhaltensstudien, behauptet er. Meint, das nützt ihm beim Malen. Möchte mal wissen, wie.« Sie nippte an ihrem Wein und aß ihren Eichblattsalat. »Egal, wir waren sowieso nicht richtig zugange, verstehen Sie? Ich habe über Gabes Schulter das Bild auf der anderen Wand angeguckt, Ein grauer Morgen oder so was, echt traurig -«
    »Aber vielleicht hatte Gabe die Augen ja auch auf.«
    Schulterzucken. »Ja, kann sein.« Wieder ein Schulterzucken, während sie Radicchioblättchen nebeneinander aufreihte. »Und?«
    »Vielleicht ist ihm was aufgefallen.«
    »Wenn er was gesehen hätte, hätte er was gesagt. Mir hat er jedenfalls nichts erzählt.«
    »Erzählen Sie mir noch einmal ganz genau, was Sie gemacht haben. Ich meine, in den ein, zwei Stunden, bevor Mrs. Hamilton gestorben ist.«
    Ungeduldig stöhnte sie auf. »Wie oft soll ich es denn noch erzählen?«
    »Vielleicht noch viele Male. Wenn man eine Geschichte immer wieder erzählt, verändert sie sich oft.«
    »Die hier nich, garantiert nich.« Sie deutete mit dem Gabelgriff auf ihre Brust. »Meine Geschichte nicht.«
    »Ich rede von Einzelheiten, winzigen Kleinigkeiten. Vielleicht sind welche untergegangen. Zum Beispiel haben Sie mir gerade erzählt, Sie hätten die Augen offen gehabt. Hatte Gabe vielleicht ja auch.«
    Sie ließ sich zurückplumpsen, jetzt konnte er sich auf was gefaßt machen. Aber ihr Steak kam, und sie entspannte sich. Der Ober warf einen mißbilligenden Blick auf den Kreis Radicchioblätter auf dem Tellerrand und nahm ihn weg.
    Während sie das Fleisch fein säuberlich in kleine Würfel schnitt (als wolle sie eine Katze füttern), erzählte sie ihm, sie habe sich die Turners reingezogen, während Gabe zu den Protzbildern gegangen sei.
    »Und da hat er auch Frances Hamilton gesehen.«
    »Das sollten Sie gefälligst mit ihm und nicht mit mir besprechen, meinen Sie nicht?«
    »Ja, will ich ja auch noch.« Melrose betrachtete sein fast leeres Weinglas. »Aber Sie sind vielleicht eine bessere Beobachterin.«
    Überrascht schaute sie ihn an. »Unsinn.«
    »Und was ist dann mit den Miniaturen und der Juwelierlupe, die Sie zum Anschauen benutzt haben?« Er lächelte sie an. »Das war interessant. Sie stellen sie in das Puppenhaus, stimmt's?«
    Bea steckte sich ein Stück Fleisch in den Mund, schaute ihn an, schüttelte den Kopf. »Wollen Sie damit was Bestimmtes sagen?«
    »Vielleicht nicht. Ich weiß nicht.«
    »Ich auch nicht.« Sie spießte einen weiteren adretten Happen auf und kaute nachdenklich. »Da kippt diese Frau tot um, weil sie es am Herzen hat oder so was, und die Bullen, sogar Scotland Yard, stürzen sich darauf.« Kaute und schüttelte den Kopf. »Wie das? Und wieso ist dieser Mann von der Kripo an Gabe und mir so interessiert? Hm?« fragte sie in gespielt herausforderndem Ton und beugte sich vor.
    Melrose lächelte und schenkte beiden nach. Das war zwar der Job des Obers, aber der Herr war damit beschäftigt, Grünzeug in einer Schüssel zu wenden. »Superintendent Jury fand es einfach amüsant, daß Sie und Gabe ausgerechnet vor Dante Gabriel Rossettis Beatrice saßen.«
    »Ach nee.« Jetzt kaute sie betont langsam und fuhr sich mit der Gabel unter der Nase her. »Arschloch.« Dann spießte sie noch einen Bissen auf. »Sie auch.
    Schmeckt gut, das hier«, fügte sie hinzu und wedelte mit dem Fleisch auf der Gabel.
    Melrose lachte, trank einen Schluck Wein und studierte den Lichtenstein an der Wand neben ihnen. »Gefallen Ihnen diese Drucke, Bea?«
    Ohne von ihrem winzigen Häuflein Pommes frites aufzuschauen, antwortete sie: »Wenn ich Cartoons sehen will, guck ich lieber Ren und Stimpy.« Sie schenkte dem Druck einen verächtlichen Blick. »Nö.«
    Er sah, wie der Ober eine Tonflasche mit Olivenöl über der riesigen Salatschüssel schwang. »Mögen Sie Kunst? Große Kunst, meine ich.«
    »Manche.« Achselzuckend tat sie die große Kunst ab, trank ihr Glas zur Hälfte leer und verspeiste ihre Pommes frites.
    »Stimmt nicht. Im Gegenteil. Jemand, der lediglich darauf wartet, daß ein anderer sich eine Ausstellung oder einen Raum voller Bilder zu Ende anschaut, schlendert normalerweise einfach durch die Räume oder geht ins Restaurant und trinkt einen Kaffee. Zieht sich jedenfalls nicht die Constables rein.«
    »Die Turners. J. M. W. Constable mag ich nicht besonders.«
    »Ja. Genau, das habe ich ja

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