Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Blinder Eifer

Blinder Eifer

Titel: Blinder Eifer Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Unbekannter Autor
Vom Netzwerk:
gemeint.«
    »Gar nichts haben Sie gemeint. Aber Sie können mir noch mal nachschenken, bitte.« Sie tippte mit ihren kräftigen Fingern an ihr Glas.
    »Weil Sie beide zusammen keine zehn Pfund hatten, ließen Sie, großzügig, wie Sie sind, Gabe in die Protzausstellung gehen.«
    »Was ist daran großzügig? Wer will denn schon einen Haufen überkandidelter Schinken von lauter feinen Pinkeln sehen?«
    Er lächelte. »Woher wußten Sie denn, was das für eine Ausstellung war?«
    »War ja wohl klar, oder?«
    »Nein. Zumindest mir nicht. Und ganz dumm bin ich nicht -« Ihre Miene verriet es: Ob er sich da mal nicht täuschte.
    ». und im Katalog steht, daß der Kurator der Tate den Titel erfunden hat. >Swagger<, Prunk, Protz.«
    Bea runzelte die Stirn. »Und was soll das jetzt alles?«
    Melrose ließ den Wein im Glas kreisen, überlegte, ob sie im Nichtraucherbereich saßen, sparte sich die Mühe nachzufragen und zündete sich eine Zigarette an. Bea würde es nicht stören. Daß sie rauchte, hatte er an den Nikotinflecken auf ihren Fingern gesehen. »Sie malen, stimmt's?« Ein Schuß ins Blaue hinein.
    »Was?« Sie zog eine Grimasse und stach in das Steak. »Jetzt seien Sie nicht albern.«
    Melrose blies langsam eine Rauchwolke aus und sah zu, wie sie sich kräuselte und verflüchtigte. »Vermutlich besser als Gabe.«
    Sie hatte den Mund schon offen, weil sie eine Gabel voll Pommes frites hineinschieben wollte. Nun ließ sie die Gabel sinken und behielt den Mund offen. »Jetzt seien Sie nicht albern!« sagte sie noch einmal. Dann jagte sie wie ein Billardspieler, der Kugeln einlocht, wütend Fleischstückchen über den Teller. Als er leer war, legte sie die Gabel hin. »Selbst wenn ich malen würde .«
    (Aha, es stimmte also.)
    ». was hat das mit der Frau zu tun, die auf der Bank abgenippelt ist?«
    »Weiß ich nicht. Ich bilde mir nur ein, daß Sie weit mehr sehen, als Sie zugeben. Ich meine, was ein Maler sieht, prägt sich seinem Kopf oder seinem inneren Auge unauslöschlich ein. Selbst wenn er sich nicht bewußt daran erinnert.«
    »Verdammte Kacke«, sagte sie völlig ruhig, »dann hab ich also aus den Augenwinkeln gesehen, wie sich ein Typ im schwarzen Regenmantel und mit Ray-Ban-Sonnenbrille an diese Mrs. Hamilton ranschleicht und mit einer Nadel zusticht. So was in der Art meinen Sie?«
    »Nein, nicht unbedingt. Aber ich bin sowieso eher daran interessiert, wie jemand auf Kunst reagiert, der extrem sensibel dafür ist.«
    Absolut ungläubig riß sie den Mund auf, so daß man ihre perlweißen Zähne sehen konnte. »Sie sind ein mieser Kriminaler.«
    »Ich bin gar keiner.« Melrose betrachtete den Duchamp, der ein wenig von dem Lichtenstein entfernt hmg.
    »Sie sind ein mieser Kriminaler.« Sie hielt ihm ihr Glas hin.
    »Sie wiederholen sich.«
    Er goß ein, sie trank.
    Dann fragte sie: »Verdammt, was hat denn Kunst damit zu tun?«
    Eine Weile schwieg Melrose, wandte den Blick von den dunkelroten Tiefen seines Weinglases und schaute die Drucke an. »Sie mögen Turner. Mögen Sie auch die französischen Impressionisten?«
    »Ich mag den Anblick des Dessertwagens. Gucken Sie sich doch nur das Superschokoladendings da an. Was das wohl ist?«
    Melrose schaute weder hin, noch antwortete er, sondern hob gleich den Finger und gab dem Ober ein Zeichen. Während sie den Wagen beäugte, betrachtete er sie. Sie war intelligent - und zwar überaus - und hatte ein feines Wahrnehmungsvermögen. Er war überrascht, daß Jury und nicht einmal Wiggins diese hohlköpfige Punknummer durchschaut hatten. Die Show (nahm Melrose an) zog sie ab, weil sie »die Gesellschaft« an der Nase herumführen wollte, vielleicht aber auch ihren Freund. Vielleicht sogar sich selbst. Nun betrachtete sie ihn und wand sich eine Strähne dieses lächerlich auberginenfarbe-nen Haars um den Finger. Ihre Augen waren so ausdruckslos, als registrierten sie gar nichts. Außerdem waren sie kühl, klar blaßgrün. Die Farbe erinnerte ihn an Meereswellen, die an den Strand rollen.
    Der Ober erschien an ihrem Tisch und erklärte, das Schokoladendings sei eine Kreation aus Mousse, Mürbeteig und zerstoßenen gebrannten Mandeln, eingehüllt in einen Mantel aus Zartbitterschokolade. Bea sagte, sie wolle ein Stück »mit einem ordentlichen Schlag Sahne«. Angesichts solch maßloser Übertreibung rang sich der Ober ein freudloses Lächeln ab, tat aber, wie ihm geheißen. Melrose wollte kein Dessert, nur einen Kaffee.
    »Ihr Neffe war nicht lange davor ermordet

Weitere Kostenlose Bücher