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Blinder Eifer

Blinder Eifer

Titel: Blinder Eifer Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Unbekannter Autor
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Superintendent Jury.«
    Sie stöhnte. »Nicht schon wieder! Nicht schon wieder diese bekloppte Frau aus der Tate. Also, was jetzt?« Sie ging hinter eine Theke und studierte angelegentlich das Minizubehör für ein Puppenhaus.
    Melrose folgte ihr. »Ich verstehe ja gut, daß Sie die ganze Sache gründlich satt haben. Besonders deshalb, weil Sie sicher der Meinung sind, daß Sie eigentlich nichts mehr wissen können, das von Nutzen wäre.«
    Ärgerlich begann sie, Sachen in ihrer Handtasche zu verstauen. »So ist es. Gabe und ich - mit Gabe haben Sie ja wohl gesprochen?«
    »Nein, er war heute nachmittag nicht da. Mrs. Cripps sagt, er versucht, Ash freizubekommen.«
    Das versetzte sie zumindest in bessere Stimmung. Sie kicherte so frech wie die Kinder. »O Gott, ja. Ich hab ihn gewarnt. Ich hab Ash gesagt, wenn ich ihn noch einmal nur in der Nähe meines Territoriums erwische, setzt es eine Tracht Prügel. Was soll's.« Sie seufzte und stopfte wieder Zeug in ihre Tasche.
    »Hören Sie, haben Sie vielleicht nach Feierabend Lust, einen Happen zu essen oder einen Kaffee oder sonstwas zu trinken? Dann können wir uns dabei unterhalten. Nur ein paar Minuten.«
    Sie spitzte die Lippen. »Hm. In der Nähe vom Vicky Park ist ein neues Restaurant. Das Dotrice. Bock hätte ich schon. Aber ich muß erst hier alles fertigmachen. Dazu brauch in ein paar Minuten. Sie können sich ja in der Zwischenzeit ein bißchen umschauen.«
    Er wanderte herum.
    Daß Bea Slocum ausgerechnet hier arbeitete, fand er eher komisch, aber er kannte sie ja kaum. Er schaute zu dem Puppenhaus ein paar Stufen hoch zu seiner Linken. Eigentlich war es ein kleines Schränkchen, das geschickt in mehrere Räume verwandelt worden war. Die Einzelheiten faszinierten ihn, die winzigen Gläser auf dem Eßtisch, das Miniaturgemüse, das zum Kochen in Töpfen bereitlag, die den Durchmesser einer Fünfpennymünze hatten. Er ging zur nächsten großen Vitrine weiter, Dingley Hall stand dort, ein richtig hübsches Herrenhaus. Seine Bewohner schienen sehr beschäftigt zu sein, sie schritten den hochherrschaftlichen Treppenaufgang hinauf und hinunter. Gewiß versammelten sie sich gleich zum Tee, der auf einem Tisch serviert wurde, um den winzige Queen-Anne-Stühle gruppiert waren.
    Melrose erklomm die paar Stufen zum zweiten Stock und kam zu den Eisenbahnen: Holzeisenbahnen, elektrische und Dampfeisenbahnen, Tender-und Schlepptenderlokomotiven, Triebfahrzeuge, Schlaf- und Personenwagen, alles, was das Herz begehrte. In einer großen Glasvitrine befand sich eine komplette Modelleisenbahnanlage, Schienen, Fahrzeuge, Miniaturgebäude und -menschen, und wenn man zwanzig Pence in den Schlitz steckte, fuhr der Zug durch die Landschaft. Ein Junge von fünf oder sechs warf Geld ein, und der Zug fuhr an. Der Junge hatte die Hände auf dem Rücken gefaltet, wiegte sich auf den Absätzen und schaute aufmerksam zu. Er hatte offenbar nichts dagegen, das Vergnügen mit einem Fremden zu teilen. Als der Zug jedoch anhielt, blickte er Melrose an wie ein Kumpel, der eine Runde ausgegeben hat und sich fragt, wann der andere sich dazu bequemt.
    Melrose steckte die Münze in den Schlitz. Der Junge nickte, und beide beobachteten nun, wie der Zug aus dem Bahnhof aufs offene Land schnurrte. Der Junge verfolgte die Fahrt ganz konzentriert. Zum Reden schien er nicht aufgelegt, was Melrose nur recht war.
    Mit gerunzelter Stirn betrachtete Melrose die kleine Bahn, die sich nun durch einen Tunnel schlängelte. Hatte er eine solche Anlage besessen, als er so alt wie der Junge gewesen war? Er konnte sich nicht erinnern - was ihn erboste. Nach reichlichem Nachdenken kam er zu dem Schluß, daß er wirklich keine Eisenbahn gehabt hatte. Woraufhin er noch erboster wurde. Warum nicht? Hatten nicht alle Jungen, deren Familien es sich leisten konnten, eine Eisenbahn ihr eigen genannt? Nach einer Weile merkte er, daß er genauso dastand wie der Junge - die Hände auf dem Rücken, wippte er auf den Fußballen vor und zurück. Rasch vergrub er die Hände in den Jackentaschen.
    Ohne weiteren Kommentar setzte der Junge seinen Rundgang fort, und Melrose begab sich zu verschiedenen Vitrinen mit Miniatureinkaufsläden: einem Lebensmittelgeschäft, einem Fischstand, einem »Tip-top«-Krämerladen, einem Hutsalon, in dem eine Porzellanverkäuferin mit winzigen perlweißen Händen auf kleine Hüte auf Tischen und Regalen zeigte. Der größte Laden war eine Metzgerei. Erstaunlich, wie echt er wirkte. Rinderfilets und

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