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Blinder Einsatz

Blinder Einsatz

Titel: Blinder Einsatz Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Florian Lafani , Gautier Renault
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WSOP
    In Las Vegas wuchs die Spannung. Es kam zum Duell zwischen Daniel Negreanu, einem der größten Pokerstars, und einem jungen Schweden namens Axel Svensson. Dieser hatte sich für 600 Dollar via Internet qualifiziert und auf diese Weise die übliche Startgebühr von 10 000 Dollar für das Main Event gespart. Bisher konnte er alle Spiele für sich entscheiden. Nur Daniel (»Kid Poker«) Negreanu war es dank seiner brillanten Technik und einiger außergewöhnlicher Laydowns gelungen, ihn zu stoppen. Vor einer Stunde wäre er fast ausgeschieden. Jeder andere Spieler hätte alles gesetzt. Beim Turn bekam er glücklicherweise ein Herzass. Dennoch blieb er auf der Hut: Axel Svensson hatte viel mehr Chips als er und würde vielleicht ein Full House anstreben. Und die Möglichkeit bestand, als der River, die fünfte und letzte Gemeinschaftskarte, folgendes Board ergab: Pik Zwei, Herz Acht, Herzkönig, Herzass und Kreuz Zwei. Der junge Schwede war als Erster am Zug und spielte All-in. Negreanu ließ sich, was typisch für ihn war, ganze zehn Minuten Zeit. Mit lauter Stimme sagte er den bisherigen Spielverlauf an. Er raiste mit »Herzdame – Herzbube«, woraufhin sein Gegner reraiste. Daniel versuchte ihn einzuschätzen und nervös zu machen. Um seine Reaktion zu testen, sprach er ihn indirekt an, indem er sich an die Zuschauer wandte.
    »Hat er zwei Könige? Oder versucht er zu bluffen? Ich habe ein starkes Blatt, aber trotzdem …«
    Axel blieb ungerührt, verschanzte sich hinter seiner dunklen Brille, während das Publikum mit Begeisterung auf Negreanus Verunsicherungsversuch reagierte. Dieser fuhr fort:
    »Nein, der blufft nicht, nicht bei meinem bisherigen Spiel. Bei einem schwachen Blatt kann man sich das nicht vorstellen. Du willst doch wohl jetzt nicht, dass ich All-in gehe? Das wäre völlig verrückt. Du hast zwei Könige, stimmt’s? Ja, zwangsläufig. Würdest du jetzt im Finale das Risiko eingehen, so zu spielen, wenn du nichts auf der Hand hättest?«
    Daniel zog wie gewöhnlich seine Show ab. Niemand wagte ihn an die Zeitvorgabe zu erinnern, die ihm theoretisch nur eine Minute ließ, um sich zu entscheiden. Nicht bei einem Spieler seiner Klasse, der stets ein guter Verlierer gewesen war und keinen Skandal machte. Letztlich passte Daniel und zeigte sein Blatt, was bei den Zuschauern Unverständnis auslöste. Wie hatte er bei diesen Karten aufgeben können? Die Kamera schwenkte zu dem jungen Schweden hinüber, der seine Brille abnahm und ebenfalls staunte. Svensson sah in seine Karten. Aber er konnte die Zuschauer nicht im Unklaren darüber lassen, ob er ein Full House mit Königen oder nur geblufft hatte. Nicht nach einem Laydown! Alle wollten seine Karten sehen. Er nickte mit einem bewundernden Lächeln und deckte seine zwei Könige auf. Negreanu sprang von seinem Platz und rief: »Wusste ich’s doch! Zwei Könige. Ha!«
    Die Zuschauer applaudierten beeindruckt. Der junge Schwede hatte hervorragend gespielt, doch Negreanu hatte gespürt, dass er geschlagen war. Beinahe wäre er ausgeschieden, sein Gegner hatte sich fast all seine Chips geholt, letztlich aber nur einen geringen Vorteil daraus gezogen. Das Finale wurde fortgesetzt. Nach einer Stunde hatte sich Negreanu fast alle Chips zurückgeholt, ohne auch nur einmal seine Karten zu zeigen.
    In allen Bars von Las Vegas lief der Fernseher. Die Einschaltquote wurde weltweit auf dreihundert Millionen Zuschauer geschätzt. Es war aber auch eine schöne Konstellation, die da geboten wurde: die Konfrontation eines jungen, via Internet qualifizierten Spielers mit einem Altstar – ein Spitzenduell. Nach der letzten spannungsgeladenen Stunde war eine Pause sehr willkommen.
    Die Flughafenbar war fast leer. Sander Erwin diskutierte bei einem Bier an der Theke mit einem jungen redseligen Italiener. Langsam stieg ihm der Alkohol zu Kopf.
    »Dabei war ich mir ganz sicher, eine faule Geschichte entdeckt zu haben. Erst der Mord an den Loys, dann an ihrem Sohn. Alles passte. Und nun ist die ganze Geschichte wie ein Kartenhaus in sich zusammengefallen! Aber meine Version war auch schlüssig. Verdammt noch mal, eine Woche intensiver Nachforschungen für so ein erbärmliches Ergebnis. Jetzt stehe ich in Amsterdam wie ein Trottel da. Die werden sich alle über mich lustig machen im Büro.«
    »Das haben die bald wieder vergessen, keine Sorge.«
    »Das glaube ich nicht. Verflucht noch mal! Genau in dem Moment, als es interessant wurde. Ich bin ganz sicher, dass ich recht

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