Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Blinder Einsatz

Blinder Einsatz

Titel: Blinder Einsatz Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Florian Lafani , Gautier Renault
Vom Netzwerk:
Bildschirm und sah, dass er ein Paar Fünfer am Button bekommen hatte. Zwei Spieler waren einfach mitgegangen. Er erhöhte um 300 Dollar, um von seiner Position als Dealer zu profitieren, erreichte damit aber nicht, dass die Gegner passten. Dann kamen die drei Gemeinschaftskarten: Karo Sieben, Pik Sechs, Herz Sechs. Kein schlechter Flop. Er hatte im Augenblick mit ziemlicher Sicherheit das beste Blatt. Der erste Spieler checkte in der Hoffnung, ohne Einsatz im Spiel bleiben zu können, der zweite erhöhte um 650 Dollar, das waren zwei Drittel des Pots. Hugh, der diesen Spieler bereits ein wenig kannte, ging davon aus, dass er momentan nichts auf der Hand hatte. Doch in dieser Situation zu reraisen war gefährlich. Es konnte sehr gut sein, dass er eine Sechs hatte. Mit seinen zwei Fünfen hätte Hugh dann keinen weiteren reraise mehr wagen können. Also zahlte er einfach, um abzuwarten, was der andere nach dem Aufdecken der vierten Karte – des Turn – tun würde. Der Herzbube kam. Eine heikle Karte. Sein Gegner setzte 850 Dollar, ein Drittel des Pots. Das war erstaunlich wenig. Wenn er den Buben getroffen hätte, würde er mehr setzen, mindestens 1200 Dollar. Ob er drei Sechsen hatte? Hugh bezweifelte es, die Taktik seines Gegners überzeugte ihn nicht. Er callte also wieder. Die fünfte Karte, der River, wurde aufgedeckt: Pik Neun. Auf den ersten Blick änderte das wenig. Sein Gegner setzte zum letzten Mal: 1350 Dollar, wieder ein Drittel Pot. Das sah für Hugh sehr nach einem halbherzigen Bluff aus. Sein Gegner hatte offenbar Angst, zu viel Geld zu verlieren. Hugh blieben nur fünf Sekunden für eine Entscheidung. Er callte. Sein Gegner zeigte »Ass Acht suited«. Hugh gewann einen Pot von mehr als 6500 Dollar. Im Chat bedankte er sich ironisch.
    Mangels direkter Tells kommt beim Internetpoker anderen Faktoren eine höhere Bedeutung zu, vor allem der Analyse der Setzmuster und der Zeit, die der Gegner braucht, um sich zum Mitgehen zu entscheiden. Hugh liebte die Augenblicke der Spannung, wenn die eingesetzten Summen plötzlich in die Höhe schossen und man sich rasch entscheiden musste. In solchen Momenten geht es nicht nur ums Gewinnen oder Verlieren. Ein Spieler gibt mit jedem Einsatz ein Stückchen von sich preis. Er muss seinen Hochmut und seine Gier zügeln, die doch gleichzeitig seine schärfsten Waffen sind. Es ist eine fein ausgewogene Mischung aus Charakterfehlern und Charakterstärken, mit denen man in diesem Kampf seinem Gegner das Geld abringt.
    Nach diesem Sieg machte sich Hugh daran, andere Spieler zu attackieren, diesmal im Heads Up. Er nahm an einigen Partien als bloßer Beobachter teil, um die Schwächsten herauszufinden. Bald hatte er eine interessante Spielerin ausgemacht, deren Nickname »Judith« lautete. Sie hatte im Verlauf einer halben Stunde bereits mehrere Tausend Dollar im Duell verloren. Hugh hatte ihre Spielweise ein wenig analysiert und keine klare taktische Linie erkennen können. Sie spielte mit einer seltsamen Mischung aus Aggressivität und groben Schnitzern. Vermutlich eine reiche Erbin, der es Spaß machte, ihr Geld zu verprassen. Solchen Leuten bedeutet Geld nichts – die einen verlieren es beim Pferderennen, die anderen eben beim Poker. Hugh hatte versucht, sich an einem Tisch mit ihr einzubuchen, doch Judith weigerte sich hartnäckig, mit ihm zu spielen. Gerade fing sie eine neue Partie an. Schon bei der ersten Hand konnte Hugh erkennen, dass sie definitiv eine schlechte Spielerin war. Nach einem harmlosen Flop stieg Judith bei einer sehr geringen Erhöhung ihres Gegners aus. Und die nachfolgende Diskussion im Chat zwischen den beiden machte Hugh erst richtig heiß.
    Judith: AA?
    Alexandre: AD.
    Judith: Nh.
    Alexandre: TY.
    Glaubte Judith etwa tatsächlich, dass ihr Gegner zwei Asse (AA) hatte? Das war doch wirklich lächerlich. Und Alexandre antwortete, dass er nur ein Ass und eine Dame (AD) hatte. Es genügte also, einen kleinen Betrag zu setzen, um Judith zu bluffen. Hugh, völlig aus dem Häuschen darüber, dass er auf eine derart schwache Spielerin gestoßen war, mischte sich entschlossen in den Chat ein.
    Hugh3bet (Beobachter): Judith, es gibt außer Holofernes noch andere, denen du den Kopf abschlagen kannst … beziehungsweise die du ausnehmen kannst.
    Die Antwort ließ nicht lange auf sich warten.
    Judith: ???
    Hugh fuhr fort, sich über sie lustig zu machen.
    Hugh3bet: Gegen mich wirst du nicht bloß 5000 oder 10 000 Dollar verlieren, sondern 50 000.
    Schweigen,

Weitere Kostenlose Bücher