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Blinder Einsatz

Blinder Einsatz

Titel: Blinder Einsatz Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Florian Lafani , Gautier Renault
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irgendetwas mit Uran zu tun hatten. Solche Missionen sind stets heikel. Sie erfordern ein ständiges Lavieren zwischen den offiziellen Akteuren und anderen wichtigen Personen. Constances Besuch erregte die Neugier und auch das Missfallen einiger reicher kasachischer Industrieller, die den Markt mit dem nuklearen Brennstoff kontrollierten und sich nicht gerne in die Karten schauen ließen. Sie handelten ihre Urangeschäfte gerne in verschwiegenen Zirkeln ab, so konnten sie sich besser unentbehrlich machen und die Dinge nach ihren Vorstellungen gestalten.
    Nach der Rückkehr von solchen Reisen musste Constance ihrem Chef Bericht erstatten. Am meisten interessierte ihn stets, wer die wirklichen Drahtzieher waren, auch wenn es sich dabei um etwas zwielichtige Gestalten handelte.
    Nach etwa einem Monat in Kasachstan hatte Constance ein Netzwerk an Kontakten aufgebaut, nicht ohne sich die eine oder andere Tür auch mit Geld zu öffnen. Eines Abends, sie vertiefte gerade ihre Recherchen in der Hauptstadt Astana, erhielt sie einen anonymen Anruf. Wenn sie wirklich wissen wolle, wie Verträge ausgehandelt würden und mit wem, dann solle sie am nächsten Tag in eine Villa außerhalb der Stadt kommen, und zwar allein. Solche Geheimtreffen waren für sie nichts Neues, auch wenn sie wusste, dass sie immer ein Risiko darstellten, trotz des offiziellen Charakters ihres Aufenthalts im Land. Also informierte sie ihren Assistenten, dass sie ihren kasachischen Bewacher loswerden müsse. Am nächsten Tag nutzte sie einen Ausflug in die Stadt, um in der Menge unterzutauchen. Ihr Assistent sollte sie zwei Stunden später an der gleichen Stelle abholen und ins Hotel zurückfahren.
    Ein Wagen wartete auf der anderen Seite des Platzes auf Constance. Ohne zu zögern stieg sie ein.
    In der besagten Villa vor den Toren der Stadt traf Constance einen sehr mächtigen Geschäftsmann namens Wassili Karjewitsch. Er vermittelte den Kontakt zwischen Unternehmen und einflussreichen Leuten, die die gewünschte Ware billiger als die Regierung lieferten. Constance hatte schon öfter Mittelsmänner dieses Schlags getroffen. Sie besaß bereits einen guten Überblick, wie der Uranhandel in Kasachstan lief – sowohl der offizielle als auch der inoffizielle. Die Uranproduzenten verfolgten ein doppelbödiges Spiel. Es handelte sich um subventionierte Staatsunternehmen, die nur einen Teil ihrer Produktion gegenüber der Regierung deklarierten und den anderen in eigener Regie verkauften. Da sich die Preise für Uran am offiziellen Angebot orientierten, fand jeder seinen Vorteil. So konnte man auch bei gesteigerter Produktion die Preise auf hohem Niveau halten. Die inoffiziellen Beschaffungskanäle waren zwar finanziell attraktiv, doch leider auch sehr unsicher.
    Die Nachbesprechung über ihren Kasachstan-Aufenthalt mit ihrem Arbeitgeber nahm den ganzen Tag in Anspruch. Ihr ausführlicher Bericht war von unschätzbarem Wert für die Firma.
    Wie nach jeder längeren Reise gönnte sich Constance anschließend einige Tage Urlaub.
    Sie wohnte weiter bei ihrer Freundin, die ständig auf sie einredete, sie müsse den ersten Schritt tun, wenn ihr noch an Hugh liege. Zwei Tage lang wartete Constance auf einen Anruf von Hugh. Zigmal schaute sie aufs Display ihres Handys, ob sie auch Empfang hatte, und achtete darauf, dass der Akku geladen war. Als nichts passierte, rief sie ihn an, so sehr es sie auch wurmte, dass er nicht den Mut und den Anstand hatte, die Initiative zu ergreifen. Aber sie erreichte nur seine Mailbox und hatte keine Lust, ihm eine Nachricht zu hinterlassen. Schließlich kam am späten Nachmittag eine magere SMS.
    »Bin in Amsterdam, Konferenz.«
    Hugh wollte sie offenbar verschaukeln. Er hatte keinen Ton von einer Konferenz gesagt. Constance rief ihn umgehend zurück, doch er ging nicht ran. Sie probierte es noch einmal am nächsten Tag. Diesmal meldete sich umgehend der Anrufbeantworter, was sie maßlos ärgerte. Sie empfand diese umstandslose Abfertigung durch die Ansage als persönliche Beleidigung. In denkbar schlechter Stimmung fuhr sie am Wochenende zu ihren Eltern ans Meer, ins Département Finistère, am äußersten Zipfel der Bretagne. Ihre Eltern fragten natürlich auch nach Hugh, aber so wie die Antworten von Constance ausfielen, hakten sie lieber nicht nach. Um nicht die ganze Zeit nur im Haus rumzusitzen, willigte Constance ein, mit ihrem Vater eine Bootsfahrt auf dem Meer zu unternehmen. Das weckte Kindheitserinnerungen und lenkte sie von

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