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Blinder Einsatz

Blinder Einsatz

Titel: Blinder Einsatz Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Florian Lafani , Gautier Renault
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mit ihm das Ergebnis seiner Unterredung zu besprechen.
    »Er hat mich auch angerufen«, meinte sein Chef. »Wir haben keine Wahl mehr. Was machen wir jetzt?«
    Mit einer gewissen Genugtuung registrierte Mike, dass auch Erik unter Druck geraten konnte. Offenbar hatte der Leiter der Strategieabteilung ihm ebenfalls den Kopf gewaschen. Und wie es schien, hatte Erik sogar das »wir« wiederentdeckt, um sich angesichts der widrigen Umstände mit ihm zu verbünden.
    »Am einfachsten wäre es hinzufliegen, aber wir haben ja nur ihre Briefkastenadresse.«
    »Und wenn wir die Leute von Mitch Hartwell einschalten?«
    »Mitch Hartwell? Wegen eines Domainnamens?«
    »Wir müssen damit rechen, dass der Verkäufer Zicken macht. Also besser vorbauen. Wir haben nicht viel Zeit. Seine Leute könnten den Verkäufer ein bisschen unter Druck setzen.«
    Nachdem das entschieden war, rief Mike Mitch Hartwell an und erteilte ihm den Auftrag, sich um die Sache zu kümmern. Mitch war der Chef eines Unternehmens, das sich um die Sicherheitsbelange des Konzerns kümmerte, was hauptsächlich bedeutete, den Zugang zum Firmensitz in Boston zu kontrollieren. Aber er hatte eine starke Neigung, seine Rolle und seine Kompetenzen zu überschätzen. Mitch hatte ein Dutzend Leute unter sich, die eher wie Rausschmeißer von Nachtclubs als wie Bodyguards wirkten. Sie schleppten ständig Waffen mit sich herum und besaßen keinen Funken Humor. Dafür konnten sie in gewissen Situationen sehr effektive Überzeugungsarbeit leisten. Mike blieb eine Stunde Zeit, um seine dürren Informationen zusammenzutragen, bevor er sich mit Mitch traf.
    Was anfangs wie eine reine Formsache ausgesehen hatte, entwickelte sich zu einer Affäre von größter Tragweite. Doch trotz des Drucks fand Mike Gefallen an dem Auftrag, der ihn aus der Alltagsroutine herausriss.
    »Um es in aller Deutlichkeit auszusprechen, Mr. Hartwell: Das soll ohne Aufsehen über die Bühne gehen. Wir können uns keinen Skandal leisten. Alles, was ich möchte, ist, dass Sie die Person finden, die den Domainnamen besitzt, und sie dazu bringen, einen vernünftigen Preis zu akzeptieren. 100 000 Dollar in bar sind das Maximum, das Ihre Leute direkt vor Ort von einem Konto, das ich Ihnen angeben werde, abheben können. Ich glaube nicht, dass es irgendwelche Probleme gibt.«
    »Keine Probleme? Wenn Sie das glauben, warum wenden Sie sich dann an mich, Mike? Aus langjähriger Erfahrung weiß ich, dass sich selbst bei den harmlosesten Situationen oft ganz unerwartete Schwierigkeiten entwickeln. Ich schicke sofort zwei Leute los. Halten Sie mich auf dem Laufenden, falls Sie irgendwelche Informationen vergessen haben. Ich will nicht, dass meine Leute wegen Ihrer Inkompetenz in die Bredouille kommen. Auf Wiedersehen.«
    Die Angelegenheit wurde immer schwieriger. Der Leiter der Strategieabteilung hatte ihm unmissverständlich klargemacht, dass die Sache diskret ablaufen musste.
    Mike hatte darum gebeten, stündlich informiert zu werden. Die Uhr tickte. Mitch Hartwell hatte ihm den Codenamen für die Operation genannt: World Wide Web Bahamas .

3

    Es gibt kein Licht ohne Schatten.
    Louis Aragon, Ich decke meine Karten auf

    Amsterdam
    Sander Erwin arbeitete seit einem Jahr bei der Versicherung Meert & Lodden. Er war erst fünfundzwanzig. Nach einigen Praktika, die er hauptsächlich bei Banken absolviert hatte, war das sein erster richtiger Job. Seine Mutter hatte ihn ermutigt, sich bei der Versicherung zu bewerben. Hank Meert, einer der beiden Hauptgeschäftsführer, war der Freund der Frau des Vaters von … So ganz genau hatte Sander das nicht verstanden, jedenfalls schien seine Mutter ihn flüchtig zu kennen. So hatte er rasch einen Vorstellungstermin bekommen, bei dem er einen guten Eindruck machte. Schon in der folgenden Woche hatte er zur Probe angefangen. Sander war erleichtert, seiner Mutter vermelden zu können, dass er nun endlich eine Stelle gefunden hatte, die ihren Erwartungen entsprach. Wenn sie nur nicht in einem fort davon reden würde, wann er ihr denn endlich seine Verlobte vorstellte …
    Am Anfang hatte er einige Schwierigkeiten gehabt. Es war ihm nicht auf Anhieb gelungen, seinen Platz in der Firma zu finden. Man tuschelte, dass er seinen Job nur durch Vitamin B bekommen habe. Doch mit seiner Einsatzfreude und gewissenhafter Arbeit eroberte er sich die Sympathie der Kollegen. Bald gehörte er fest zum Team. Doch er war ehrgeizig und sehnte sich danach, größere Verantwortung zu übernehmen. Seit

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