Blinder Einsatz
Langsam fingen seine Augen an zu brennen, so lange starrte er schon auf den Bildschirm.
Er hatte sich auf ein gewagtes Spiel eingelassen.
Zwei widerstreitende Impulse kämpften in seiner Brust: diese Spannung für sich behalten oder sie zu teilen und in den Augen seines Gegenspielers Neid und Bewunderung zu sehen.
Doch noch hatte er nicht gewonnen.
Philippe beschloss, im Atlantis Paradise Hotel zu frühstücken. Zum ersten Mal erschien ihm Nassau wie eine Erinnerung an eine schöne Zeit, die hinter ihm lag. Mit dem Geld konnte er woanders ein neues Leben beginnen.
In der Bar des Hotels traf er den ewig lächelnden Frankie, der mit seinem Shaker hantierte. Philippe machte Andeutungen, dass sein Leben sich bald ändern würde, hielt sich aber bedeckt, als der Barkeeper nachfragte.
»Bevor du dich zu deinen neuen, unbekannten Zielen aufmachst: Da sind zwei Typen, die dich suchen.«
»Wie, die mich suchen?«
»Na ja, die suchen jemanden, der was mit Internet macht. Viel habe ich von deinem Job nicht verstanden, aber ist es nicht das, womit du dein Geld verdienst?«
»Ja, so in etwa. Wo sind die jetzt?«
»Die zwei dahinten mit den unmöglichen Hawaiihemden.«
»Und was hast du ihnen gesagt?«
»Nichts, außer dass ich sehen will, was sich machen lässt.«
Philippe glaubte nicht wirklich, dass er es war, den die beiden suchten. Es besuchte ihn niemand hier auf den Bahamas, weder privat noch beruflich, und schon gar nicht überraschend. Aber die Sache machte ihn neugierig und weckte seine Spielernatur. Also schlenderte er zu ihnen hinüber. Sein Angebot vom Vorabend ging ihm im Kopf herum. Eigentlich doch ein seltsamer Zufall. Schließlich stand er in Verhandlungen mit einem sehr bedeutenden Unternehmen – womöglich galten da ja andere Spielregeln. Besser, er ging die Sache mit Vorsicht an.
Die beiden Männer musterten ihm abweisend.
»Ihr sucht jemanden, der was mit Internet macht, habe ich gehört?«
»Ja, wieso? Kennst du vielleicht so jemanden?«, fragte der eine, sichtlich gereizt.
»Möglich, mal sehen, was sich machen lässt.«
»Das ist wohl der Standardsatz hier: ›Mal sehen, was sich machen lässt!‹ Das hören wir hier schon seit unserer Ankunft.«
»Ach! Ja, so ist das hier, die Leute sind nett, wollen helfen, sehen gerne mal, was sich machen lässt. Wie war das, der Typ, den ihr sucht, arbeitet für eine Bank?«
»Mit Internetseiten, haben wir doch schon gesagt!«
»Aha. Nur, weil es so viele Banken hier gibt. Und das läuft ja heute auch alles übers Internet, Kontoabfrage, Überweisungen …«
»Zieh Leine.«
»Ja, gleich. Was wollt ihr denn von ihm?«
»Was geht dich das an?«
»Tja, weiß auch nicht, wollte nur mal sehen, was sich machen lässt. Also, worum geht es?«
»Sagen wir mal, es ist ein alter Kumpel von uns. Und er hat etwas, das uns gehört. Entweder sagst du uns jetzt, wie wir ihn finden, oder du verpisst dich.«
»Tja, der wird sich sicher freuen, euch zu sehen. Vor allem, weil er sich hierher zurückgezogen hat, um in aller Stille zu arbeiten.«
Die beiden Männer erhoben sich fast gleichzeitig.
»Das reicht, hau endlich ab.«
»Ist ja schon gut.«
Bevor er ging, fügte Philippe belustigt hinzu: »Noch ein kleiner Tipp, ihr zwei Blumenkinder: Hawaiihemden knöpft man nicht bis oben hin zu. Hier auf der Insel darf man ein bisschen lockerer sein! Schönen Abend noch.«
Philippe hatte sich sein Erstaunen nicht anmerken lassen. Offenbar suchten die beiden tatsächlich ihn. Aber die Geschichte von dem alten Kumpel, der ihnen etwas zurückgeben sollte, klang merkwürdig. Philippe war entschlossen, mehr darüber herauszufinden. Wenn er sich ihnen offenbarte, würden die beiden dann mit ihm über den Preis des Domainnamens verhandeln? Mit denen war nicht gut Kirschen essen, so viel hatte Philippe immerhin begriffen.
»Frankie, die beiden Blumenkinder da, sind die im Atlantis abgestiegen?«
»Ja, heute Morgen angekommen. Sie haben schon eine ganz schöne Rechnung an der Bar. Und meiner Schwester haben sie kein schlechtes Trinkgeld gegeben!«
»Gib mir die Nummer ihres Zimmers«, sagte Philippe.
»Wozu das? Suchen sie etwa tatsächlich nach dir?«
»Ich weiß noch nicht. Also?«
»Ich kann dir die Nummer nicht geben. Was ist, wenn sie hier rüberkommen?«
»Aber sie gehen doch, sieh selbst.«
»Das darf ich nicht.«
»Jetzt sei mal nicht so langweilig. Ein kleiner Freundschaftsdienst – na?«
Frankie spielte nervös mit seinem Shaker.
»512, aber ich will
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