Blinder Hass
interessiert.«
»War er ein guter Spieler?«
»Wohl nicht schlecht. Mit das Intimste, was wir in unserem letzten Ehejahr zusammen gemacht haben, war, im Bett zu liegen, während er mir fast jeden der siebenundsiebzig Schläge beschrieb, die er an dem Tag auf dem Golfplatz gemacht hatte - mit welchem Schläger, die Flugbahn des Balls, was passierte, als er gelandet ist, ob er günstig oder ungünstig gelandet ist, was er beim Einlochen gedacht hat. Aber weißt du, irgendwann muss man doch einfach erwachsen werden.«
»Warum hast du ihn denn überhaupt geheiratet?«, fragte Virgil.
»Er sah gut aus, war fleißig und war zu haben«, sagte sie.
»Es gibt Schlimmeres.«
»Ja, aber er hat mich einfach nicht angemacht«, sagte sie, zupfte einen langen Grashalm aus dem Boden und knabberte am unteren Ende. »Ich dachte, das kommt schon noch - ist es aber nicht.«
»Viele Frauen finden, dass Männer ein bisschen so sind wie unbearbeitetes Holz, etwas, woraus man mit sehr viel Mühe ein Haus bauen kann«, sagte Virgil. »Aber manche Typen machen einfach, was sie wollen. Mit denen kann man nicht arbeiten. Sie sind kein gutes Holz.«
»Ist das mit deinen Frauen passiert?«
»Ach … nein. Die hab ich bloß geheiratet, weil sie scharf waren und ich dumm. Das heißt, eigentlich waren wir alle dumm. Wussten nicht, was wir taten. Und irgendwer musste schließlich arbeiten. Man kann nicht immer nur tanzen gehen …« Sie waren immer noch beim gleichen Thema, beobachteten die Vögel, diskutierten darüber, ob die Gewitterwolken näher kamen oder nach Süden abzogen, aßen Pizza …
Da flatterte ein kurzes Frauenlachen über den Hügel wie ein Schmetterling, zart, verlockend, nicht zu überhören.
»Wer war das?«, fragte Joan und richtete sich auf.
Virgil zuckte mit den Schultern. »Ich hab niemanden gesehen …«
»Da ist jemand in der Schlucht«, sagte Joan. »Komm, wir schleichen uns heran.«
Virgil dachte: O nein. Stryker. »Joan, vielleicht solltest du das besser sein lassen.«
»Sei doch nicht so prüde«, sagte sie. »Komm mit. Sonst entgeht uns was.«
»Joan, ich glaube, das könnte Jim sein. Mit Jesse.«
Sie sah ihn einen Moment lang an, eine Falte bildete sich zwischen ihren Augen, dann sagte sie amüsiert: »Na und? Komm schon, du Feigling.« Und schon lief sie über den Hang, benutzte das Gestrüpp als Deckung und bewegte sich in der Hocke durch das Gras. Typisch Mädchen vom Land. Statt sich der Schlucht von oben zu nähern, bewegte sie sich auf die Nordseite zu, ging dann auf Hände und Knie hinunter und kroch bis an den Rand des Felsvorsprungs, von wo aus sie auf den Pool hinabblicken konnten.
»Na so was«, flüsterte sie, als sich Virgil neben sie hockte. »Ich hätte nie gedacht, dass Jim so etwas überhaupt weiß.«
Stryker und Jesse lagen auf einer Luftmatratze auf dem Felsen, auf dem Virgil und Joan ihre Sachen und Taschen gelassen hatten. Jesse lag nackt auf dem Rücken und hatte ihre Hände auf Strykers Kopf, der zwischen ihren Beinen war. »Das ist ja widerlich«, sagte Virgil. »Wie die Tiere.«
»Pst, sonst hören sie dich. Hast du Jim davon erzählt, oder ist er von allein draufgekommen? Fänd ich nicht gut, wenn du unsere kleinen Geheimnisse ausplauderst.«
»Glaub mir, ich hab unsere kleinen Geheimnisse nicht ausgeplaudert«, erwiderte Virgil.
»Ah, jetzt kommt das Hauptereignis«, sagte Joan.
Stryker rutschte langsam an Jesse hinauf, hielt an ihrem Nabel inne, an ihren Brüsten. Joan zog an Virgils Gürtelschnalle. »Zieh die Hose aus, Virgil. Na mach schon, beeil dich.«
»Joan, das ist abscheulich …«
»Komm.« Sie schlüpfte aus ihrer Jeans. »Das ist echt gut.«
Was sollte ein Mann da anderes tun, fragte sich Virgil, während er seine Jeans auszog, als versuchen, höflich zu sein?
»Ich hab Jim mein Leben lang gekannt«, sagte Joan auf dem Rückweg. »Ich hab ein Foto von ihm, wie er mich als Neugeborenes auf dem Arm hält, ganz in eine Babydecke gewickelt. Er war immer so … zurückhaltend. Ruhig. Schweigsam. Einer von diesen Typen, die den Mund nicht aufkriegen. Ich hätte mir nie vorstellen können, dass er so aus sich herausgehen kann.«
»Das ist er wirklich«, stimmte Virgil zu. »Er ist außerdem ziemlich clever, und irgendwann könntest du dich verplappern und sagen, dass wir hier oben waren. Das könnte den beiden einiges versauen.«
Sie überlegte kurz und erklärte dann: »Ich werde nie wieder ein Wort darüber zu irgendjemandem sagen. Auch nicht zu
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