Blinder Hunger: Ein Anita Blake Roman (German Edition)
meldete sich und ich nannte ihm die Fakten, während Christopher zuhörte.
»Ist das eine Falle?«, fragte Parker.
»Vielleicht. Auf jeden Fall wollen sie uns zwingen, heute Nacht noch zu reagieren, solange sie die Oberhand haben. Aber ich rechne auch mit einer Falle.«
»Ich will meine Männer nicht in den Tod schicken, Blake.«
»Ich bin auch nicht wild darauf, aber die Frau war am Leben, als sie sie mitgenommen haben, und wenn wir bis zum Morgen warten, ist sie vielleicht tot. Natürlich kann sie auch jetzt schon tot sein, das weiß ich nicht.«
»Das ist eine Falle, und die Frau ist der Köder«, sagte Parker.
»Ich weiß.«
»Verlangen Sie trotzdem noch, mit uns reinzugehen?«
»Das möchte ich mir um nichts in der Welt entgehen lassen.«
Er lachte trocken. »Hoffentlich bereuen Sie es nicht.«
»Ich bereue es jetzt schon, aber wenn Sie wirklich heute Nacht noch reinwollen, brauchen Sie mich mehr denn je.«
»Werden Sie mit Vampiren wirklich besser fertig als wir?«
»Ja, Captain.«
»Dann hoffe ich, dass Sie so gut sind, wie Sie behaupten, Marshal Blake.«
»Sogar besser«, sagte ich.
»Dann kommen Sie her. Wir sind in spätestens dreißig Minuten am Zielort. Wenn Sie zu spät kommen, gehen wir ohne Sie rein.« Er legte auf.
Fluchend klappte ich das Handy zu und lief zum Jeep.
»Wo zum Teufel wollen Sie hin?«, rief Christopher.
»Den Köder schnappen«, antwortete ich.
Er runzelte die Stirn. »Die Stripperin.«
Ich nickte und lief weiter, sodass er hinter mir hertrabte.
»Die Mobile Reserve will Sie wirklich mit reinnehmen?«
»Wenn Sie es nicht glauben, rufen Sie Captain Parker an.« Ich war an der Tür meines Wagens angelangt und stieg ein.
Er hielt sie fest, bevor ich sie zuschlagen konnte. »Bedeutet es für Sie keinen Interessenkonflikt, die Vampire Ihres Freundes abzuknallen?«
»Das sind Verbrecher, Sheriff.« Ich zog die Tür zu, und er ließ sie los. Ich gab Gas, fuhr fast mit quietschenden Reifen an. Ich kannte Parker und wusste, wie die Mobile Reserve vorging. Sie würden tatsächlich nicht auf mich warten. Die Vampire wussten, dass wir die Adresse hatten und sie töten wollten, und zwangen uns, noch vor Sonnenaufgang zu kommen. Warum verließen sie ihr Versteck nicht einfach und zogen woandershin? Warum nahmen sie eine Geisel und sorgten dafür, dass wir es erfuhren? Das war eine Falle, aber das zu wissen, nützte gar nichts. Wir mussten trotzdem hinfahren.
75
D ie Tafel war voller Skizzen und Diagramme. Die Sergeants Hudson und Melbourne hatten das Gelände ausgekundschaftet, ehe wir anderen unseren Stützpunkt bezogen hatten, der schön sicher einen Häuserblock entfernt lag. Sie hatten Ein- und Ausgänge, Lampen, Fenster und weitere Einzelheiten eingezeichnet, auf die ich gar nicht geachtet hätte. Ich hätte sie wahrgenommen, mir aber nicht zunutze machen können. Ich hätte berichten können, was ich sehe, aber ein anderer hätte die Informationen erst auswerten müssen. Das entsprach eben nicht meiner Ausbildung. Meine Methode hätte so ausgesehen: vorne reingehen und alles töten, was sich bewegt. Mir wäre nicht eingefallen, mir einen Grundriss der Wohnung zu besorgen oder mir vom Hausmeister sagen zu lassen, was er über die Eigentümerin der Wohnung wusste. Die angrenzenden Wohnungen waren bereits evakuiert, und der nächste Nachbar war ebenfalls nach dem Inneren der Wohnung und der Besitzerin gefragt worden. Es war nützlich zu wissen, dass fast keine Möbel darin standen, weil Jill Conroy, die Besitzerin, auf die Lieferung wartete, die sich schon zweimal verzögert hatte. Dass sie als Anwältin in einer großen Kanzlei in der Innenstadt arbeitete und gerade Partner geworden war, fand ich faszinierend, sah aber keinen Nutzen darin. Sie versuchten weiterhin, in der Kanzlei jemanden zu erreichen, um zu erfahren, wann sie das letzte Mal zur Arbeit gekommen war. Aber kurz vor zwei Uhr morgens war dort niemand. Verdammte Nichtstuer. Das war alles gut und schön, aber die Geisel befand sich in der Wohnung, allein, und in der Gewalt von Vampiren, die schon mindestens zehn Menschen in drei Staaten ermordet hatten. Ich wollte die Frau dort rausholen und hatte Probleme, mich auf Kleinkram zu konzentrieren. Offenbar war mir das anzumerken, denn Sergeant Hudson fragte: »Langweilen wir Sie, Blake?«
Ich hatte mich auf der Straße zusammengekauert, weil ich müde war und keinen Grund sah, mich nicht hinzusetzen. Einige der Männer knieten. Ich blickte zu Hudson hoch. »Ein
Weitere Kostenlose Bücher