Blinder Hunger: Ein Anita Blake Roman (German Edition)
nicht. Worauf wollen Sie hinaus?«, fragte Zerbrowski.
Ich lächelte ihn an, aber nicht heiter. »Einer der Täter muss ein Meistervampir sein, zu dem Schluss waren wir schon gekommen, aber er muss außerdem fähig sein, einem Menschen den Verstand zu vernebeln.«
»Ich dachte, das kann jeder Vampir.«
Ich schüttelte den Kopf. »Sie können einen Menschen mit den Augen in ihren Bann ziehen, und wenn sie zubeißen, sein Gedächtnis auslöschen. Wenn sie sehr mächtig sind, können sie die Erinnerung auch selektiv löschen. Das Opfer erinnert sich dann vage an Blickkontakt oder an die leuchtenden Augen eines Tieres oder an Autoscheinwerfer. Der Verstand versucht dem Geschehen eine alltägliche Bedeutung zu geben.«
»Okay. Einer der Täter hat ihn also mit seinem Blick ausgeschaltet.«
»Nein, Zerbrowski, ich wette, er hat es nicht mit den Augen getan. Ich wette, er hat es von Weitem ohne direkten Blickkontakt bewirkt. Ich werde den Mann fragen, woran er sich erinnert. Wenn er selbst bissfrei ist und keine sonderbare Erinnerung hat, wurde es aus sicherer Entfernung ohne direkten Blickkontakt getan.«
»Und das heißt?« Er klang gereizt und müde.
Darum nahm ich es nicht persönlich. »Das heißt, dass einer der Täter ein alter Vampir ist. Ein alter Meistervampir. Wir sprechen hier von einem großen Talent, das nur sehr wenige haben.«
»Namen?«
Ich schüttelte den Kopf. »Sprechen wir mit dem Sicherheitsmann und danach soll er sich für uns entblättern.«
Kurz sah er mich über den Brillenrand hinweg an. »Habe ich richtig gehört?«
»Wir müssen ihn auf Vampirbisse untersuchen. Wenn er sauber ist, suchen wir nach einem sehr mächtigen, andernfalls nach einem gewöhnlichen Vampir. Glauben Sie mir, das ist entscheidend dafür, mit wem wir reden müssen.«
»Sind es Leute von Jean-Claude?«, fragte Zerbrowski.
»Nein.«
»Wie können Sie da sicher sein?«
Wie konnte ich da sicher sein? Ich war so müde, dass ich die Frage in Gedanken wiederholte und überlegte, was Jean-Claude wohl antworten würde. Würde er garantieren, dass die Täter nicht zu seinen Leuten gehörten? Der Gedanke genügte; plötzlich war er in meinem Kopf. Mist.
Er sah, was ich sah. Nicht gut bei einer Morduntersuchung, wenn das Opfer von Vampiren getötet worden war. Ich begann, mich abzuschirmen, versuchte, ihn rauszuwerfen, aber plötzlich kannte ich die Antwort auf meine Frage. »Mein Bluteid hält sie von dergleichen ab, denn es verstößt gegen meine ausdrückliche Anordnung, negative Aufmerksamkeit der Polizei auf uns zu ziehen.«
Ich dachte: Liv hat mal den Eid gebrochen, und er hörte mich. »Damals war ich nicht le sourdre de sang. Jetzt wird mein Eid nicht mehr so leicht abgeschüttelt, ma petite.«
Ich war zu lange still geblieben. Zerbrowski fragte: »Alles in Ordnung mit Ihnen?«
»Habe nur nachgedacht.« Bisher war mir nicht klar gewesen, welche Bedeutung so ein Bluteid tatsächlich hatte. »Weil Jean-Claudes Leute alle den Bluteid geschworen haben. Der bindet sie auf mystische Weise an ihren Meister. Jean-Claude verbietet seinen Vampiren, solche Straftaten zu begehen.«
»Soll das heißen, der Bluteid macht es unmöglich?«
»Nicht unmöglich, aber schwerer. Das hängt davon ab, wie stark der Meister ist, dem sie den Eid schwören.«
»Wie stark ist Jean-Claude?«
Ich überlegte, wie ich das erklären sollte, und beließ es schließlich bei einer Bekräftigung. »So stark, dass ich auf die Unschuld seiner Leute mein Geld wetten würde.«
»Aber garantieren wollen Sie es nicht.«
»Garantien sind was für Haushaltsgeräte, nicht für Mordfälle.«
Er grinste. »Das ist schlau. Werde ich vielleicht auch mal verwenden.«
»Tun Sie sich keinen Zwang an.«
Sein Grinsen verblasste ein wenig. »Das mit dem Bluteid verstehe ich noch nicht so ganz. Vielleicht bin ich einfach zu müde für Metaphysisches. Erklären Sie es mir später noch mal.«
»Ich werde es vereinfachen.«
»Das wäre nett.«
»Eben habe ich bei der Befragung der Zeugen erfahren, dass Malcolm den Bluteid für die Kirche abgeschafft hat. Er ist ihm zu barbarisch.«
Jean-Claude war noch da und hörte, was ich sagte. Ein Schwall Angst, die an Panik grenzte, rauschte durch mich hindurch.
»Aha, und was bedeutet das genau?«, fragte Zerbrowski.
Ich musste tief Luft holen, damit ich an Jean-Claudes Angst vorbeisprechen konnte. »Bist du dir sicher, ma petite?«, fragte er in mir.
Ich antwortete Zerbrowski und damit auch Jean-Claude. »Das
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