Blinder Hunger: Ein Anita Blake Roman (German Edition)
einfach so. Du traust mir nicht zu, dass ich ihr das antue.«
»Ich glaube nicht, dass du das überhaupt einer Frau antun könntest, aber darum geht es nicht.«
»Doch«, sagte er und klang endlich etwas entspannter. »Für mich geht es darum. Dass du mir glaubst, nachdem ich dir gegenüber so ein Arschloch gewesen bin, das bedeutet mir eine Menge.«
Ich wusste nicht, was ich dazu sagen sollte. Wenn ich zustimmte, dass er ein Arschloch gewesen war, würde das einen Streit auslösen? Wenn er dachte, dass ich ihm glaubte, würde ihm das ein falsches Bild vermitteln? Für mich war es nichts Besonderes, ihm eine Vergewaltigung nicht zuzutrauen. Er war anständig. Das war alles.
»Freut mich, dass du dich dadurch besser fühlst, aber bedenke, dass ich den Beginn des Liebesspiels gesehen habe. Den Willigen kann man nicht vergewaltigen, Richard.«
Er schaute gequält, als wäre mir etwas Entscheidendes entgangen. »Sie sagt, bei mir fühlt es sich immer an wie eine Vergewaltigung.«
Ich zog die Brauen hoch. »Wie bitte? Sag das noch mal langsam, damit ich es verstehe.«
Er blickte auf, eine stumme Bitte in den Augen, die ich nicht verstand. »Meinst du das ernst?«
»Erkläre mir, wie sie das gemeint hat.«
»Sie sagt, ich bin immer so grob, dass es sich wie eine Vergewaltigung anfühlt. Dass ich gar nicht körperlich lieben, sondern nur ficken kann.« In seinen Augen trat der Schmerz so nackt zutage, dass es mir wehtat, hinzusehen, aber ich schaute nicht weg. Ich blickte ihn voll an und zeigte ihm, was ich von Clairs Äußerung hielt.
»Seid ihr noch zusammen?«
»Das nehme ich nicht an.«
»Gut, denn dann täte es mir leid, sagen zu müssen, dass sie verrückt ist.«
»Wieso ist sie verrückt?«
»Was hat sie dir da in den Kopf gesetzt, Richard? Man sollte nicht leichtfertig von Vergewaltigung sprechen.«
»Sie hat es nicht leichtfertig gebraucht«, sagte Richard, und das kleine Lächeln wurde bitter. »Sie meinte es ernst.«
»Wie?«
Er sah mich an, und sein Blick war noch genauso gequält wie vorher. »Habe ich dir mal wehgetan, wenn wir zusammen waren?«
Emotional oder physisch?, wollte ich fragen, dann beschränkte ich mich auf das Wesentlich. »Du meinst physisch?«
»Ich meine, hat es dir wehgetan, wenn wir uns geliebt haben?« Er schüttelte den Kopf. »Es tut mir leid, dass ich das fragen muss. Ich habe kein Recht dazu, aber ich wusste nicht, wen ich sonst fragen soll. Ich wusste, du würdest mich nicht anlügen, nur weil ich dein Ulfric war oder weil du meine Gefühle nicht verletzen willst. Ich wusste, du würdest mir eine ehrliche Antwort geben.«
Ich hoffte, dass mir meine Verwunderung nicht anzusehen war. Nach allem, was wir einander angetan hatten, nach all den Auseinandersetzungen, den Kränkungen vertraute er mir. Er verließ sich darauf, dass ich nicht log, es für ihn nicht verschärfte oder beschönigte, sondern die Wahrheit sagte. Ich wusste nicht, ob ich mich geschmeichelt oder beleidigt fühlen sollte. Ich beschloss, mich geschmeichelt zu fühlen, denn alles andere hätte mich sauer gemacht. Aber dieses riesengroße Vertrauen erschreckte mich. Nicht meinetwegen, denn er hatte recht, ich würde ehrlich sein, wo viele nicht ehrlich wären. Viele würden die Situation ausnutzen und ihm das Messer ein bisschen tiefer in die Brust drücken. Er hatte verdammt Glück, dass ich nicht so jemand war.
Ich setzte zu einer Antwort an, stockte, strich die Seide des Morgenmantels glatt und musste schließlich doch von diesen schmerzerfüllten Augen wegblicken, um überlegen zu können, was ich sagen sollte. Oder vielmehr, wie ich es sagen sollte.
Plötzlich stand er auf. »Schon gut. Ich hätte nicht fragen sollen.«
»Setz dich wieder hin, Richard. Ich überlege nur, wie ich es ausdrücken soll, damit es nicht blöd klingt.«
Er stand da und machte ein ärgerliches Gesicht, als glaubte er mir nicht.
»Meinetwegen bleib stehen. Du hast gefragt, ob du mir je wehgetan hast, wenn wir miteinander geschlafen haben, richtig?«
Er nickte.
»Ja und nein.«
Der ärgerliche Blick wurde fragend. »Was heißt das?«
»Das heißt, Mutter Natur hat es dir unmöglich gemacht, anders als grob zu sein, außer du bewegst dich sehr vorsichtig.«
Er runzelte die Stirn. »Das verstehe ich nicht.«
Natürlich nicht. Natürlich würde er das so peinlich wie möglich werden lassen. »Richard, dir ist doch klar, dass du gut ausgestattet bist?« Ich spürte, wie mir die Röte ins Gesicht stieg, und ich konnte
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