Blinder Hunger: Ein Anita Blake Roman (German Edition)
halb so schnell wie er. Er erwischte nur ein Handgelenk statt beider, aber er hatte mich. Mit einem kleinen Ruck wollte er mich zu sich ziehen, nicht fest, aber so, dass ich mich mit beiden Füßen dagegenstemmte. Ganz prinzipiell, instinktiv. Nichts Persönliches.
»Und wenn ich nun doch den blutigen Ernst will, Anita? Vielleicht wollte mich Raina nur so sehr, weil ich so bin wie sie.« Er tat mir nicht weh, hielt mich nur am Handgelenk fest, sodass ich wusste, ich könnte nicht so leicht weg, wenn überhaupt. Ich war stärker als ein normaler Mensch, aber nicht so stark wie ein Lykanthrop.
Ich atmete ruhig und meine Stimme klang normal, aber ich konnte nicht anders, ich sagte: »Lass mich los, Richard.«
»Du hast Angst vor mir.«
»Nein, aber du bist nicht mehr mit mir zusammen. Du hast nicht das Recht, mich ohne meine Erlaubnis anzufassen.«
»Die Tatsache, dass du dich losreißen willst und es nicht kannst, erregt mich.«
Früher hätte ich mit ihm deswegen gestritten, aber das konnten wir, wenn nötig, später noch tun. Ich wiederholte meine Forderung nicht, denn ich war mir nicht sicher, was passieren würde, wenn ich die physische Konfrontation um eine Stufe steigerte. Das wollte ich eigentlich nicht herausfinden, und darum redete ich. »Du brauchst bloß einen Submissiven, dem diese Spiele gefallen, dann kannst du loslegen. Aber ich stehe nicht zur Verfügung, also lass mein Handgelenk los.« Okay, ich konnte es mir doch nicht verkneifen.
Er ließ mich los, aber so abrupt, dass ich taumelte. Ich hatte mich wohl stärker dagegengestemmt als gedacht. Na so was. Ich widerstand dem Drang, mir das Handgelenk zu reiben. Niemals zeigen, dass es wehgetan hat. Auf keinen Fall. »Du bist nicht annähernd wie Raina, Richard.«
»Doch, das bin ich.«
»Erinnere dich, ich trage ihren Munin in mir. Ich hatte sie in Technicolor in meinem Kopf und ich war in deinem Kopf. Glaub mir, du fühlst nicht wie sie.«
»Manchmal habe ich entsetzliche Fantasien, Anita.«
Ich bin nicht deine Beichtmutter, wollte ich sagen, tat es aber nicht, weil ich nicht wusste, zu wem ich ihn sonst schicken sollte. Wem würde ich trauen? Niemandem. Verdammt.
»Haben wir die nicht alle, Richard? Entscheidend ist nicht, was du fantasierst, sondern was du tust. Die meisten von uns kennen den Unterschied zwischen Fantasie und Realität. Wir wissen, dass es im Spiel, aber nicht in der wirklichen Welt funktioniert.«
»Und wenn ich mir Dinge wünsche, die andere verletzen?«
Innerlich sperrte ich mich gegen dieses Gespräch, aber wenn ich in sein Gesicht sah, wusste ich, das war einer der Dämonen, die ihn fast dazu getrieben hätten, sich selbst und uns zu vernichten. »Wenn es zu einem dauerhaften körperlichen Schaden führen oder töten kann, lässt du es sein. Ansonsten sprichst du mit deiner Geliebten und schaust, was sie möchte, wozu sie bereit ist.«
Er sah mich stirnrunzelnd an. »Und alles andere ist okay? Einfach so?«
Ich schüttelte den Kopf. »Nein, nicht alles, nur das, womit deine Partnerin einverstanden ist. Wenn du der Dom bist, hast du die Verantwortung und musst dafür sorgen, dass es sicher und nicht zu furchterregend ist.«
»Ich will es aber furchterregend.«
Ich zuckte die Achseln. »Ich sagte: nicht zu furchterregend. Durch Freunde beginne ich zu verstehen, dass ein bisschen Angst zum Vorspiel viel beitragen kann.«
»Du meinst Nathaniel.«
»Hätte ich Nathaniel gemeint, hätte ich Nathaniel gesagt. Er kann mir nicht beibringen, ein guter Top zu sein. Dazu muss man mit einem Top sprechen, nicht mit einem Submissiven.«
»Du scheinst dich ja gut auszukennen.«
»Die meisten meiner Werleoparden stehen auf Bondage und lassen sich gern toppen. Wenn ich sie nicht verstehe, kann ich keine gute Nimir-Ra sein.«
Er sah mich an, als überlegte er etwas. Ich war mir nicht ganz sicher, was er dachte, aber zumindest war er mal nicht traurig oder wütend. In dem Moment wäre mir fast jede Empfindung willkommen gewesen, solange es keine der beiden war. »Ich weiß, dass du Nathaniel erst seit heute vögelst. Ich war in deinem Kopf. Du hast dich wirklich nur schlau gemacht, um deine Leoparden zu verstehen.«
»Du klingst überrascht.«
»Weil Raina so lange unsere Lupa war, stehen von den Werwölfen auch viele auf BDSM, aber was ich durch Raina und Gabriel darüber weiß, reicht mir völlig.«
Ich überlegte, ob ich es wirklich sagen sollte, aber angeblich wollte er ehrliche Antworten von mir. Wie ehrlich sie
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