Blinder Hunger: Ein Anita Blake Roman (German Edition)
»Physisch entspricht sie dem bisherigen Muster, wenn man den Größenunterschied beiseitelässt. Sie hat sogar das gleiche Blond wie die anderen.«
»Aber sie ist nicht naturblond, wie an den Haarwurzeln zu sehen ist. Ich habe nicht genau nachgesehen, aber mir scheint, sie ist rasiert oder hat sehr wenig Körperbehaarung. Die meisten Stripper rasieren sich.«
»Wie Ihr neuer Freund«, sagte er. Sein Ton war milde, der Blick nicht.
Ich schüttelte den Kopf. »Das geht Sie nicht das Geringste an, Zerbrowski.«
»Sie beide sind sich auf der Tanzfläche ziemlich nahe gekommen. Aber er lebt ja mit Ihnen zusammen, nicht wahr?«
»Da redet wohl jemand zu viel.«
»Hey, ich bin von Beruf Ermittler, da bleibt mir nicht verborgen, wenn Sie mit einem Stripper zusammenziehen, der – wie viel? – sieben Jahre jünger ist als Sie.«
»Und da Sie hier die Ermittlung leiten, sollten Sie da nicht mit den Gedanken bei dem Mordfall sein?«
»Ich denke nach. Es hilft mir beim Denken, wenn ich Sie aufziehe.«
»Freut mich, dass ich Sie inspiriere. Und worüber denken Sie nach?«
»Ich denke, dass ich mit Avery Seabrook sprechen möchte, bevor er hingerichtet wird. Wenn er zu unserer Tätergruppe gehört, dann will ich die Namen seiner Freunde erfahren. Wenn er diese Frau hier versehentlich umgebracht hat, dann will ich auch das genau wissen. Denn wenn Sie recht haben und die Kirche ihren Mitgliedern den Vampir-Anfängerkurs verweigert, dann haben wir womöglich Hunderte solcher Todesfälle vor uns. Das ist nicht gut.«
»Von Rechts wegen können wir die Kirche nicht zwingen, das zu ändern. Trennung von Staat und Kirche und so weiter.«
Er nickte. »Ich nicht und Federal Marshal Blake auch nicht. Aber Anita Blake, die Freundin des Meistervampirs von St. Louis kann es.«
»Ermutigen Sie mich etwa, jemand anderen dazu zu bringen, ungebührlichen Druck auf ein aufrechtes Mitglied der Gemeinde auszuüben?«
»Würde ich so etwas je tun?«
»Ja.«
»Ich habe Kopfschmerzen. Ich gebe auf. Wie schnappen wir einen Vampir und verhören ihn, ohne dass dabei jemand getötet wird?«
»Er ist erst zwei Jahre tot. Er ist nicht so furchterregend und schrecklich.«
»Erzählen Sie ihr das mal«, erwiderte er mit Blick auf die Tote.
War ein Argument.
»Wenn es ein Versehen war, ist er möglicherweise in die Kirche gerannt, um Absolution zu bekommen oder Schutz zu suchen.«
»Und wenn es kein Versehen war?«
»Dann ist er mit seinen Mordkumpanen untergetaucht, und ich habe keine Ahnung, wo wir nach ihm suchen sollen. Wir wissen nur, dass sein Jagdrevier drüben bei den Clubs am Fluss ist.«
Zerbrowski nickte. »Sheriff Christopher, den Sie ja schon kennen gelernt haben, hat seinen Männern äußerste Wachsamkeit befohlen. Die Staatspolizei ist bereits hinzugezogen, verhält sich aber noch möglichst unauffällig.«
»Das lässt sich nicht mehr lange vor den Medien geheim halten.«
Er zuckte die Achseln. »Ich weiß.«
»Wenn die Clubs patrouilliert werden, können wir so lange die andere Theorie überprüfen.«
»Die Kirche.«
Ich nickte.
»Ich gehe zu Abrahams und sage ihm, was wir vorhaben. Sie gehen nach draußen und vertragen sich mit Arnet.«
»Zerbrowski …«
»Tun Sie es, Anita. Ich habe keine Zeit, um mich um einen weiteren Kleinkrieg zu kümmern. Sie haben knapp fünf Minuten, um das wieder hinzubiegen. An Ihrer Stelle würde ich jetzt rausgehen und anfangen.« Er hatte diesen neuen unzerbrowskihaften Ton drauf, der zwar nicht feindselig war, aber auch keinen Raum für Debatten ließ. Es war ein Ton, der Gehorsam erwartete, und seltsamerweise gehorchte ich. Zumindest ging ich nach draußen. Mir war schleierhaft, wie ich das mit Arnet beheben sollte. Man kann nichts kitten, wenn man nicht weiß, wo der Riss liegt. Ich konnte nicht glauben, dass sie nur so sauer war, weil sie nicht mit Nathaniel ausgehen konnte. Andererseits war das der einzige Grund, der mir einfiel. Noch so eine zwischenmenschliche Beziehung, die mich ratlos machte. Lag das an mir oder sind die Leute so verwirrend?
63
I ch streckte den Kopf zur Tür raus. Arnet war nirgends zu sehen. Nur ein Heer von Polizisten in Uniform und Zivil und der Leichenbeschauer, der darauf wartete, die Tote in seinen Wagen verladen zu können. Wir alle warteten noch auf die Kollegen von der Spurensicherung. Ich war selten in dieser frühen Phase an einem Tatort. An der Wohnungstür zog ich mir die blutigen Handschuhe von den Fingern, aber es war noch kein Mülleimer
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